Veröffentlicht am 27.08.2013FOTO UND TEXT: Mario Walser

Blitzlicht: Psychiater

Ulrich Geissendörfer, 46, aus Dättwil bei Baden (AG) ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Haben Sie ein Morgenritual?
In der Tat habe ich ein Morgenritual. Ich nehme mir etwas Zeit für eine Tasse Kaffee im Bett und lese dabei die Tageszeitung. Anschliessend wecken meine Frau und ich die Kinder und die Alltagsaufgaben nehmen ihren Lauf.

Was beinhaltet ihr Job?
Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie stehen die Abklärung und, falls nötig, die Behandlung psychischer Störungen im Mittelpunkt meiner Arbeit. Neben der medizinisch therapeutischen Kerntätigkeit gehören auch der Kontakt zu den verschiedenen Sozialversicherern, Arbeitgebern oder dem sozialen Umfeld der Patienten, sowie die Berichterstellung zu den wichtigen, wenn auch nicht immer geliebten Aufgaben. Wichtig ist mir zudem die Zusammenarbeit mit den zuweisenden Hausärzten. Mit mir arbeiten noch eine Ärztin, zwei Psychologinnen und eine Sekretärin in der Praxis, so dass auch Führungsaufgaben anfallen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie ihre Arbeit gerne machen?
Auch wenn die oben erwähnten Führungsaufgaben damit verbunden sind, dass ich dafür zu sorgen habe, dass gewisse Abläufe eingehalten werden, pflegen wir im Team einen sehr kooperativen Umgang. Die gemeinsame Diskussion und Auseinandersetzung ist zwar manchmal anstrengend, immer aber anregend und bereichernd. Sie trägt neben regelmässiger Supervision dazu bei, dass ich sehr gerne arbeiten gehe. Nach wie vor sind die Rahmenbedingungen des schweizerischen Gesundheitssystems glücklicherweise so, dass ich ausreichend Zeit für die Behandlung der Patienten habe. Das stellt in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Arbeit den wesentlichen Faktor für eine erfolgreiche Behandlung dar.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?
Sehr wichtig. So schön das Gefühl ist, mitzuerleben, wie es einem Patienten nach und nach besser geht, so belastend ist die Zeit bis dorthin. Auch bin ich tagtäglich mit akutem Leid und manchmal furchtbaren Schicksalen konfrontiert. Ohne entsprechenden Ausgleich besteht die Gefahr, früher oder später selber ein Burnout oder eine andere psychische Störung zu entwickeln.

Haben Sie einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Mit dieser Frage bin ich beinahe jeden Tag konfrontiert. Arbeitsumfelder und Menschen sind unterschiedlich. Damit ist auch verschieden, was zur guten Laune beiträgt. Für mich selbst ist der erwähnte Austausch im Team besonders wichtig. Im Laufe der Jahre hat sich auch bewährt, dass ich mir am Schluss des Tages fünf Minuten Zeit nehme und mich selbst frage, was heute das schönste Erlebnis war und worauf ich mich am nächsten Tag freuen kann.