Veröffentlicht am 16.07.2008TEXT: Rémy Limpach

Sozial engagiertes Netzwerk

Der Verein Netzwerk für sozial verantwortliche Wirtschaft (NSW/RSE) mit Sitz in Bern verbindet Menschen, Organisationen und Unternehmen, die sich für die soziale Verantwortung in der Wirtschaft engagieren.

Zurzeit umfasst das NSW über 200 Mitglieder aus der ganzen Schweiz. Zu ihnen zählen rund 40 Professorinnen und Professoren, 50 Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, über 30 Unternehmen und viele Privatpersonen. Mittels projektbezogener Arbeit will das Netzwerk Wirtschaftsakteure in ihrem sozial verantwortlichen Handeln unterstützen. Weitere Ziele sind die Förderung der wirtschaftsethischen Ausbildung und die Öffentlichkeitsarbeit.

Initiant und langjähriger Präsident des NSW ist der emeritierte Professor Mario von Cranach. Die Gründung des Netzwerks im März 1999 geht auf von Cranachs Empörung über die Bankenfusion der UBS ein Jahr zuvor zurück, als eine der grössten Banken der Welt entstand, aber gleichzeitig die Entlassung tausender Mitarbeiter angekündigt wurde. «So geht das nicht», sagte sich der heute 77-jährige emeritierte Psychologieprofessor. Zusammen mit weiteren sozial engagierten Akademikern gründete er das NSW. In einer ihrer ersten Konferenzen befassten sich die Mitglieder mit der Frage, warum die angestrebte Eigenkapitalrendite bei vielen Firmen auf 15 bis 20 Prozent gestiegen sei. Das Fazit: «Die Leute wollen mehr Gewinne und wirtschaften riskanter, bis heute ein Grund für so manche Krise», erläutert von Cranach.

Manifest über die ethischen Grundlagen der Wirtschaft

Das NSW kann auf vielseitige Tätigkeiten und Projekte verweisen. Das momentan wichtigste Projekt ist LIFT. Darüber hinaus organisiert das NSW Forumsdiskussionen mit bekannten Persönlichkeiten im Käfigturm in Bern. Aus dem NSW hervorgegangen ist zudem «kontrapunkt», der Schweizer Rat für Wirtschafts- und Sozialpolitik - ein unabhängiges Forum mit der Zielsetzung, wirtschaftliche und sozialpolitische Probleme auf wissenschaftlicher Basis zu diskutieren und ihre öffentliche Diskussion anzuregen. «kontrapunkt» nimmt - im Gegensatz zum NSW - nur Wissenschaftler als Mitglieder auf. Zuletzt setzte «kontrapunkt» in der Sonntagszeitung vom 11. Mai 2008 ein Signal, als es ein Manifest veröffentlichte. Darin riefen die Autoren (Mario von Cranach, Philippe Mastronardi und Peter Ulrich) dazu auf, sich wieder an die ethischen Grundlagen einer den Menschen dienlichen Wirtschaft zu erinnern. Dieses Manifest löste eine öffentliche Kontroverse aus; es wurde von rund 60 Wissenschaftlern und 250 weiteren Bürgern unterzeichnet und an den Bundesrat, an Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Hochschulen verschickt.

Für von Cranach ist gerade die Mischung von wirtschaftlicher Praxis und Wissenschaft eine der grossen Stärken des NSW. Heute gesteht der emeritierte Professor: «Mein Fehler bei der Gründung des NSW war, zu wissenschaftlich gedacht und zu wenig Leute aus der Praxis integriert zu haben. Heute denke ich viel pragmatischer.»

Soziallabels belohnen das ethische Handeln einer Firma

Ein wichtiges Projekt des NSW war die Entwicklung eines Soziallabels für Unternehmen, das dann in eine Stiftung eingebracht wurde. «Das Konzept ist gut durchdacht», sagt von Cranach, «aber die Ansprüche sind hoch. Das Soziallabel setzt sich schwer durch, viele Firmen sind diesbezüglich leider skeptisch - und heute gibt es beinahe zu viele Labels.» Doch der Vorstand des NSW resigniert nicht: «Firmen mit einem Soziallabel sind sich der moralischen Folgen ihres Handelns bewusst. Das ist ein erfreulicher Prozess.»

Die Tätigkeiten des Netzwerks sind breit gestreut. Die oberste Leitung hat Lukas Schwyn, zurzeit Präsident und hauptamtlich Pfarrer in einer Gemeinde im Emmental. Die schon seit einiger Zeit laufende Suche nach einem Kandidaten für die Führung, der sich zeitlich noch stärker engagieren könnte, hatte bisher keinen Erfolg. Werner Dick, der ursprünglich aus der Entwicklungsarbeit kommt, leitet die Geschäftsstelle. Seine wichtigsten Tätigkeiten sind die Durchführung laufender Projekte, insbesondere des LIFT-Projektes, und die Vorbereitung neuer Vorhaben.