Veröffentlicht am 18.09.2008TEXT: Isidora Opacic

Persönlichkeitstest auf dem Prüfstand

io. Der Einsatz von Persönlichkeitstests zur Vorselektion in der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden ist ungeeignet oder gar unprofessionell. Zu diesem Schluss kamen Experten an einer Tagung über Persönlichkeitstests im HR-Management.

Die Tagung «Persönlichkeitstests im HR-Management – ein Muss?!», die letzte Woche an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz stattfand, diskutierte die Einsatzmöglichkeiten von  Persönlichkeitstests in der Personalrekrutierung, Potentialauswahl, Teamanalyse oder Laufbahnberatung.
Anwesend waren Personalverantwortliche, HR-Spezialisten, Führungskräfte und Personalberaterinnen und Personalberater sowie Coachs.

Im Zentrum der Tagung stand die Frage: Was können diese Tests über Arbeitnehmer sowie über ihren möglichen «Berufserfolg» aussagen?

Mit den Tests lassen sich Verhaltensgrundtypen ermitteln. Hat eine Person etwa eine analytisch-systematische Arbeitsmethodik, dann kann sie diese Fähigkeit gut in Bereichen einsetzen, in denen Exaktheit und Genauigkeit gefordert sind. Ein typisches Beispiel ist die Buchhaltung.  Ist eine Person hingegen ganzheitlich orientiert, liegen ihre Stärken im Erfassen des grossen Bildes, im Ideen generieren, im Überblick behalten. Wenn diese Person auch gut delegieren kann, besitzt sie zudem eine wichtige Führungsqualität.

In der Phase der Vorselektion Persönlichkeitstests einzusetzen, sei jedoch unprofessionell, sagte Sandra Petris, Personalbereichsleiterin Personenverkehr der SBB. Um die Testergebnisse angemessen einordnen zu können, müsse ein Personalverantwortlicher einen Mitarbeiter bereits kennen, sagte Michael Kohlas, der Marketing- und Vertriebsleiter Stellenmarkt der Tamedia. Kohlas empfiehlt, solche Tests wie zum Beispiel « Symbolon Personality Profile» nur in einem bestehenden Team anzuwenden. Die Resultate lieferten eine Kommunikationsgrundlage, um die Teamentwicklung zu fördern. Ohne Gespräch mit den Mitarbeitern seien sie nicht aussagekräftig.
 
Das Fazit der Experten: Als Diskussionsbasis können Persönlichkeitstests sinnvoll sein. Im Auswahlprozess bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter habe ein  Persönlichkeitstest nur in Kombination mit einem persönlichen Gespräch seine Berechtigung. Trotz der Möglichkeit, den Berufserfolg eines Kandidaten potentiell mit einem Test einschätzen zu können, möchten Personalverantwortliche den Menschen ganzheitlich erfassen und sich bei der Entscheidung auf Intuition und Erfahrung stützen. Die Sympathie zählt letztlich immer noch am meisten.

Entlarvend war die Schlussfrage einer Teilnehmerin an die beiden Psychologie-Dozenten der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Universität Zürich, welches Verfahren sie in der Personalrekrutierung anwenden würden, falls sie nur eines wählen könnten: 1. situatives Interview, 2. Intelligenztest, 3. Persönlichkeitstest. Keiner wählte den Persönlichkeitstest.