Veröffentlicht am 11.09.2008TEXT: Christoph Vogel

Lohnrechner für Lohntransparenz

cv. Lohnrechner fördern Transparenz und können hilfreich sein bei Bewerbungsgesprächen sowie bei Lohnforderungen. Sie erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.

Die Frage stellt sich in jedem Bewerbungsgespräch früher oder später: «... und was haben Sie sich als Gehalt vorgestellt?» Oft kann diese Frage entscheidend sein, ob das Unternehmen die Bewerber oder Bewerberinnen als künftige Mitarbeitende anstellt. Lohnrechner im Internet liefern für diese verzwickte Situation einen Anhaltspunkt über Gehaltsvorstellungen.
Der Lohnrechner des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), der schon seit drei Jahren online frei zugänglich ist, wurde Ende August aktualisiert. Derzeit verzeichnet er mit rund 1500 Besuchen pro Arbeitstag fast um die Hälfte mehr Zugriffe als üblich. Der Lohn-Herbst steht vor der Tür.
Im Juni stellte auch das Bundesamt für Statistik (BFS) einen Lohnrechner mit dem sinnigen Namen Salarium ins Netz und reagierte damit auf die täglich eintreffenden, zahlreichen Lohnanfragen von Einzelpersonen und Einrichtungen. Salarium stützt sich auf 1.5 Millionen Lohndaten der schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2006 ab. Nach Branche und Region gesondert errechnet der Lohnrechner aufgrund der eingegebenen Kriterien wie Bildungsabschluss, Dienstjahre und Stellung, in welcher Bandbreite eine Stellenbewerberin oder ein Stellenbewerber ein Gehalt erwarten darf.

Arbeitgeber befürchten unrealistische Lohnforderungen

Salarium ermöglicht es jedoch auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in fester Anstellung, ihr Gehalt zu überprüfen und allenfalls vorstellig zu werden. Diese Möglichkeit stösst nicht überall auf Gegenliebe. Der Schweizerische Arbeitgeberverband zum Beispiel übte in der Presse Kritik: Transparenz und die Möglichkeit, Löhne bei einer neutralen Stelle zu überprüfen, würden zwar begrüsst. Lohnrechner könnten aber auch unrealistische Erwartungen wecken. Gemäss Swissmem-Kommunikationschef Ruedi Christen teilt der Dachverband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie diese Meinung. «Wir wollen uns aber nicht in die Lohnverhandlungen unserer Mitglieder einmischen.»

Das BFS hingegen ist überzeugt: «Mit einem individuellen Lohnrechner bieten wir nun der interessierten Öffentlichkeit eine Möglichkeit, die individuelle Lohnsituation präzise und methodisch korrekt einzuschätzen. Gerade im Rahmen der Freizügigkeit der Personen, kommt dem Zugang der breiten Bevölkerung zu präzisen Angaben über die Lohnstruktur eine wichtige Bedeutung zu.»

Die aktualisierte und erweiterte Version des Lohnrechners des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds basiert auf derselben Datenbasis wie Salarium, unterscheidet sich jedoch in der Methode und spezifiziert anders nach Branchen. «Unsere Branchenaufteilung ist praxisrelevanter», sagt Daniel Oesch, SGB-Zentralsekretär. Im Unterschied zum BFS-Lohnrechner können allerdings gewisse Berufszweige nicht abgefragt werden. RAV-Beraterinnen und -berater beispielsweise suchen im SGB-Lohnrechner vergeblich nach ihrer Branche «Öffentliche Verwaltung».

Obwohl sie zweifellos einen wichtigen Einfluss ausüben, werden beim SGB-Lohnrechner die soziodemografischen Faktoren nicht berücksichtigt. «Wir wollen die bestehende Diskriminierung nach Geschlecht, Nationalität und Zivilstand nicht fortschreiben», sagt Daniel Oesch.