Veröffentlicht am 27.01.2014TEXT: Sandra GehringFOTO: Pro duale Berufsbildung Schweiz

Eine angehende Polymechanikerin bei der Arbeit.

Für Jugendliche eine «coole» Sache

Der Verein Pro duale Berufsbildung Schweiz engagiert sich seit 2012 für die Promotion des Lehrberufes. Sein neustes Projekt ist ein Videowettbewerb für Lernende: Die jungen Berufsleute bekommen dabei Gelegenheit, ihren Arbeitsplatz vorzustellen. 

«Schon aufgrund des demographischen Wandels werden in den nächsten Jahren weniger junge Schulabgänger nach einer Lehrstelle Ausschau halten», sagt der Projektverantwortliche des Videowettbewerbs, Maurice Desiderato. «Die Jahrgänge schrumpfen. Nimmt der Trend für die Akademisierung der Berufsbildung weiter zu, werden die Lehrbetriebe, insbesondere die vielen KMU in den verschiedenen Regionen der Schweiz, Schwierigkeiten haben, Nachwuchs zu finden.»

Pro duale Berufsbildung
Organisationsform Verein
Gründung
2012
Mitarbeitende 11 ehrenamtliche und 3 feste Mitarbeitende
Ziel Stärkung der Berufslehre
Mitglieder Zurzeit gut 70: Privatpersonen, Unternehmen und Berufsverbände

Der Videowettbewerb, der unter dem Namen «Craftlive» läuft, soll Jugendlichen dazu animieren, Schulabgängern, Eltern und Interessierten von ihrem Beruf zu erzählen. Die kurzen Filme sollen zeigen, dass sich Lernende an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen, egal welches Talent sie haben und wie sie die Arbeitswelt betreten. «Die Industrie und das Gewerbe leben von genau diesen jungen Menschen. Dank gut ausgebildeten Fachkräften sichern sie ihre Existenz.» Maurice Desiderato ist überzeugt, dass das Image der Lehrberufe gepflegt werden muss. Den Videowettbewerb sieht er als eine Möglichkeit dazu.

In der Schweiz existieren rund 230 verschiedene Lehrberufe. Rund 80 000  junge Menschen starten pro Jahr mit einer Lehre. Die Zahlen jedoch schwinden. Der Verein Pro duale Berufsbildung Schweiz setzt sich dafür ein, dass die Lehre als Einstieg in die Berufswelt attraktiv bleibt. Hinter dem Verein stehen Firmen wie zum Beispiel UBS oder Adecco sowie Branchenverbände wie etwa Swissmem, Treuhand Suisse oder der Verband Medizinischer Praxisassistentinnen.

Mit Begeisterung dabei

Die Videoaufnahmen der Lernenden, die bisher auf der Website craftlive.ch zu sehen sind, sind bei weitem keine Profifilme, aber sie sind kreativ und authentisch. Sie übermitteln allesamt Freude und Begeisterung für den gewählten Beruf. Verschiedene branchenbekannte Gesichter werben für den Wettbewerb und fungieren als Jury: Noemi Kessler, Goldmedaillengewinnerin an der Berufsweltmeisterschaft in Leipzig im Bereich Gastro oder Chregi Künzli vom TV-Sender Joiz. Als Videoexperte ist Charles Michel dabei, der während über 30 Jahren für Fernsehstationen auf der ganzen Welt im Einsatz war und heute eine eigene Video-Academy betreibt.

Der Wettbewerb dauert noch bis Ende Februar. Gemäss Maurice Desiderato setzt der Verband stark auf die Mechanismen der sozialen Medien und die Kreativität der Jugendlichen: Über die sozialen Medien verbreiten die Jugendlichen ihre Filme. Das Voting-System funktioniert auf diese Weise besonders gut. Die Interessierten stimmen schliesslich direkt auf der Webseite für ihre Lieblingsfilme. Die Wettbewerbspreise reichen von gesamthaft 10 000 Franken in bar über Tablets, MP3-Player und Videokameras. 

Nach Abschluss des Projekts will der Verein die Filme den Branchenverbänden zur Verfügung stellen, damit diese die Clips in der Nachwuchswerbung einsetzen können. 

Fabian Weber auf dem Weg zur Arbeit.Für einmal Regisseur
Fabian Weber, 19, ist einer der Lernenden, die beim Videowettbewerb «Craftlive» mitmachen. Er ist im vierten Lehrjahr bei MAN Diesel & Turbo in Zürich. Nach der Prüfung diesen Sommer ist er anerkannter Konstrukteur mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ).
«Die Idee, beim Videowettbewerb mitzumachen, kam mir, als ich vor einiger Zeit zusammen mit einem Mitlernenden einen Film über unseren Beruf gesehen habe. Dieser war ziemlich schlecht, vor allem war er total veraltet. Das brachte bei uns eine ziemlich lebhafte Diskussion in Gange. Wir dachten uns, dass wir das selber anpacken könnten. Ganz zufällig ergab sich die Gelegenheit mit dem Wettbewerb.
Wir waren gleich begeistert. Mein Kollege fotografiert gerne und kann mit einer Kamera umgehen. Auch ich habe in der letzten Zeit viel gefilmt und habe Riesenspass dabei. Mit dem Film wollten wir das Berufsimage ein wenig auflockern. Die Dreharbeiten waren eine super Erfahrung. Das Kreative dabei hat uns richtig gepackt, aber vor allem hatten wir viel Spass.
Einfach war das Filmen nicht. Wir hatten nur wenige Vorkenntnisse und unser Anspruch, eine gute Qualität zu erzielen, brachte uns etwas in Verlegenheit. Wir fragten uns, wie wir den Beruf richtig in Szene setzen könnten, welche Drehorte sich dafür eignen würden und wir schrieben zum ersten Mal ein Drehbuch. Ich dachte an meine ersten Tage bei MAN, als ich die Lehre begonnen habe. Die grosse Werkstatt mitten in Zürich hatte mich tief beeindruckt. Diese wollte ich unbedingt im Video zeigen.
Den Film haben wir in zwei Tagen gedreht. Wir haben morgens um fünf Uhr bei der Hardbrücke mit dem Sonnenaufgang begonnen, waren dann die ganze Zeit unterwegs und haben die verschieden Szenen gefilmt.
Mit dem Video wollen wir anderen Jugendlichen einen Überblick über unseren Beruf geben. Wir wollen zeigen, dass die Lehre zum Konstrukteur eine super Ausbildung ist. Ich hätte auch an die Kantonsschule gehen können, aber ich habe mich für die Lehre entschieden. Ich glaube, in einem technischen Beruf ist die Lehre, ob mit oder ohne Berufsmaturitätsschule, auf jeden Fall eine gute Wahl. Man kann sich weiterbilden, an die Fachhochschule gehen, ein Technikum machen – viele Möglichkeiten stehen offen. In der Lehre ist eben nicht nur Platz für Theorie, sondern auch für die Praxis.» Fabian Weber in der Werkhalle.
Fabian Weber unterwegs im Geschäft.