Veröffentlicht am 18.12.2008TEXT: Barbara Ludwig

Foto: Christian Keller

Kurzarbeit schiesst am Ziel vorbei

bl. Bei den kantonalen Arbeitsämtern häufen sich zurzeit die Gesuche um Kurzarbeit. Das Instrument der Kurzarbeitsentschädigung hat zwar positive Auswirkungen, trägt aber nicht zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei.

Die Gesuche von Betrieben für Kurzarbeit nehmen in verschiedenen Kantonen explosiv zu. Dies konstatiert die Handelszeitung in ihrer jüngsten Ausgabe. Die Meldungen häuften sich derart schnell, dass die offizielle Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), das erst über die Septemberzahlen verfügt, längst überholt sei. Noch im August 2008 lag die abgerechnete Kurzarbeit gemäss Aussage von Rita Baldegger, Leiterin Kommunikation beim Seco, schweizweit «auf ausserordentlich tiefem Niveau». Betroffen waren lediglich 45 Betriebe und 383 Arbeitnehmer. Der September wartete bereits mit einer markanten Zunahme auf: 712 betroffene Personen (+ 85,9 Prozent) in 56 Betrieben (+ 24,4 Prozent) arbeiteten kurz. Die ausgefallenen Stunden stiegen von August bis September 2008 um 122,9 Prozent auf 52 082. Für Baldegger ist «absolut klar, dass Kurzarbeit in Zukunft zunehmen wird». Über die Zahlen für Oktober und November 2008 verfügt das Seco momentan aber noch nicht. Wichtig ist, zwischen Gesuchen und abgerechneter Kurzarbeit zu unterscheiden; manche Betriebe melden Kurzarbeit provisorisch an und realisieren sie dann nicht in jedem Fall.

Laut Alexis Körber vom Forschungsinstitut BAK Basel Economics ist Kurzarbeit «ein Zeichen für den beginnenden Abschwung». Durch die Einführung von Kurzarbeit würden Firmen eine erste Anpassung auf die sinkende Auslastung vornehmen; dabei seien sie darum bemüht, Arbeitsplätze zu erhalten. Als versicherungstechnischer Begriff bezeichnet Kurzarbeit eine vorübergehende Reduzierung von mindestens 10 Prozent der Arbeitsstunden oder eine vollständige Einstellung der Arbeit in einem Betrieb, während der die arbeitsrechtliche Vertragsbeziehung aufrecht erhalten bleibt. Sie ist eine von der Arbeitslosenversicherung unterstützte Massnahme, die vorübergehende Beschäftigungseinbrüche ausgleichen und Arbeitsplätze erhalten soll. Arbeitnehmer erhalten 80 Prozent der ausfallenden Arbeitszeit in Form der Kurzarbeitszeitentschädigung, sofern sie mit der Kurzarbeit einverstanden sind.

Kann das Ziel, Arbeitsplätze zu erhalten, erreicht werden? Eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) aus dem Jahr 2005, die die Wirksamkeit der Kurzarbeitsregelung in der Rezession 2001-2003 untersucht, liefert ein ernüchterndes Ergebnis: Von der Massnahme ging «kein beschäftigungsstabilisierender Effekt» aus. Yngve Abrahamsen von der KOF sagt unmissverständlich: «Längerfristig werden Arbeitsplätze nicht erhalten. Firmen, die auf die Einführung von Kurzarbeit verzichteten, waren schliesslich erfolgreicher als diejenigen, die dieses Instrument in Anspruch nahmen.» Dieser Befund schliesst positive Auswirkungen nicht aus: Unternehmen gewinnen mehr Zeit für notwendige Restrukturierungsmassnahmen. Arbeitnehmer sind weniger lang arbeitslos. Die sozialen Kosten können tief gehalten werden, mit den Worten von Abrahamsen: «Es gibt keine Streiks, keine Unruhen.»