Veröffentlicht am 11.06.2014TEXT: Joël FreiFOTO: SEF 2014
Die «Königin der Blogger» Arianna Huffington

Medienunternehmerin Arianna Huffington hat sich nach einem Burn-out zur «Schlafpredigerin» gewandelt.

Im Schlaf ins «goldene Zeitalter»

Die Medienunternehmerin Arianna Huffington überraschte am Swiss Economic Forum mit einer flammenden Predigt für mehr Schlaf und mit der Aussage, dass trotz Medienkrise ein «goldenes Zeitalter des Journalismus» anbricht.

«Wer mich zum ersten Mal hört: Mein Akzent ist echt, ich bin aus Griechenland», sagte die Medienpionierin und Begründerin der Online-Zeitung «Huffington Post» schmunzelnd zu Beginn ihres Auftritts am Swiss Economic Forum in Interlaken. Die 64-jährige Arianna Huffington wurde in Athen geboren und zog mit 16 Jahren nach England, wo sie Wirtschaft an der Cambridge Universität studierte. Im Jahr 2005 gründete sie in den USA die Online-Zeitung «Huffington Post». Mittlerweile ist die Zeitung in elf Ländern präsent und will weiter expandieren.

Doch wer von Arianna Huffington – wie im Programm angekündigt – eine «Stellungnahme zur Zukunft der Medien» erwartete, wurde enttäuscht. Die als «Königin der Blogger» bezeichnete Unternehmerin widmete ihr Referat voll und ganz dem Thema Schlaf und Achtsamkeit. Der grösste Feind der Kreativität und des Unternehmenserfolgs sei eine übertriebene Arbeitsmoral, die ein Burn-out als Preis für den Erfolg akzeptiere.

Sie selber arbeitete zu viel und schlief zu wenig, kollabierte und brach sich das Jochbein. Nach ihrem Burn-out vor sieben Jahren schrieb sie das Buch «Thrive» und wandelte sich, wie sie selber angibt, zur überzeugten «Schlafpredigerin». Zwar könne ein Mensch auch ausgebrannt funktionieren, doch «mit einem Burn-out können Sie den Eisberg nicht sehen, der auf die Titanic aufschlägt».

«Huffington Post» 
Gründung: 2005 als Blog-Plattform.
Erfolg: Eines der grössten Online-Medienportale, das sogar die «New York Times» überholte.
International: Präsent mittlerweile in elf Ländern, darunter in Frankreich und Deutschland.
Expansion: Dieses Jahr nach Indien, den Nahen Osten und Griechenland.

«Mit mehr Schlaf interessanter»

Der französische Feldherr Napoleon Bonaparte soll einmal gesagt haben: «Vier Stunden schläft der Mann, fünf die Frau, sechs ein Idiot.» Arianna Huffington entlarvt die in gewissen Managerkreisen noch heute vorherrschende Mentalität, dass Schlaf etwas für Verlierer ist, als eine «Macho-Idee». Sie schildert ein Abendessen mit einem Mann, der damit geprahlt habe, dass er in der Nacht zuvor nur vier Stunden geschlafen habe. Arianna Huffington dachte für sich: «Wissen Sie, wenn Sie fünf Stunden geschlafen hätten, wäre dieses Abendessen viel interessanter verlaufen.»

Arianna Huffington sieht eine globale Kehrtwende in der Einstellung der Leute gegenüber Schlaf bevorstehen: Viele stellten die verbissene Arbeitsmoral infrage und würden sich auf das konzentrieren, was ihnen gut tue. Einer der Gründe dafür sieht sie in der Wiederentdeckung von Althergebrachtem: «Die moderne Wissenschaft bestätigt alte Weisheiten, nämlich dass Schlaf und Erholung wichtig sind. Sachen, die gewisse Unternehmer für komplett überflüssig halten.» Kreative Geschäftsleute hätten ihre genialen Ideen nicht bekommen, wenn sie ausgebrannt gewesen wären: «Der frühere Apple-Chef Steve Jobs zum Beispiel hatte seine besten Einfälle beim Meditieren.»

«Goldenes Zeitalter des Journalismus»

Die Entwicklungen in der Medienbranche kamen nur kurz zur Sprache. Arianna Huffington sieht eine Verschmelzung der traditionellen mit den neuen Medien in vollem Gange: «Die Unterscheidung zwischen alten und neuen Medien wird bald hinfällig werden, denn wir Journalisten machen alle dasselbe.» Zeitungshäuser würden immer öfter online gehen, während Internetmedien wie die «Huffington Post» vermehrt investigativ arbeiten würden. Zwar unterscheiden sich die Geschäftsmodelle der Medien noch stark: Während die einen Bezahlschranken für ihre Artikel einrichteten, sogenannte «Paywalls», so setzen andere, insbesondere neue Internetunternehmen wie die «Huffington Post», auf die Finanzierung durch Werbung und Sponsoren. Trotz all den Unsicherheiten, welches Modell nun das Richtige ist, sieht die Medienpionierin die Zukunft mehr als rosig: «Ich denke, das könnte das goldene Zeitalter des Journalismus werden.» 

Umstrittenes Finanzierungsmodell 
Die Artikel der «Huffington Post» werden von freischaffenden Bloggern und Journalisten geschrieben, die nicht bezahlt werden. Gleichzeitig sponsern Firmen wie Goldman Sachs oder Johnson & Johnson ganze Ressorts und geben die darin abgehandelten Themen vor. Darüber hinaus setzt die «HuffPo» stark auf das sogenannte «Native Advertising». Dabei wird Werbung in eine journalistische Form gepackt und so im Onlinemedium eingebettet, dass der Firmennamen nur unbewusst wahrgenommen wird. Arianna Huffington selber sieht kein Problem in der Vermischung von Inhalt und Werbung. Eine klare Kennzeichnung der Werbung verhindere eine Verwechslung mit den eigentlichen Artikeln.