Veröffentlicht am 03.09.2008TEXT: Jan Gunz

Bild: Stiftung Impuls

Allianz gegen Outsourcing

jg. In Schaffhausen bauen Arbeitslose elektrische Bauteile zusammen. Eine Arbeit, die plangemäss nach Bulgarien hätte ausgelagert werden sollen. Einsichten in eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und 2. Arbeitsmarkt.

Wie akquiriert man Arbeit in der Privatwirtschaft? Welche Vorbilder gibt es? Dies die Themen der Tagung des Schweizerischen Verbands der Organisatoren von Arbeitsmarktmassnahmen (SVOAM), die am 1. September in Solothurn stattfand.

Schaffhausen statt Bulgarien

Besondere Aufmerksamkeit erhielt das gemeinsame Projekt der ABB Schweiz und des Beschäftigungsprogramms Stiftung Impuls in Schaffhausen. Der Leiter der ABB CMC mit Sitz in Schaffhausen, Frank Wentzler, erteilte den Anwesenden eine erfrischende Lektion in Betriebswirtschaftslehre. Es gibt Firmen, die Arbeit auf den Markt bringen, jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht bereit sind, die orts- oder landesüblichen Löhne zu bezahlen. Und es gibt auf der anderen Seite Sozialfirmen, staatliche oder private Anbieter von Arbeitsmarktmassnahmen, die Arbeitsplätze für nicht voll leistungsfähige Menschen suchen und die sich zunehmend bewusst sind, dass sie für reduzierte Leistung nicht volle Löhne erwarten können. Einigen sich die beiden, kommt das Geschäft zustande.

Das Fazit von Wentzlers Referat war weder besonders neu noch besonders originell und doch sehr eindrücklich. «Lohnt es sich für unsere Firma, machen wir mit.» Und wenn der Partner zum Schluss kommt, das es sich für ihn auch lohnt, dann kommt das «commitment» zustande.

 

Produktionsverlagerung als Chance

Die in Schaffhausen ansässige Abteilung der ABB war 2006 gerade daran, Arbeitsplätze für die Montage von Bauteilen samt Maschinen nach Bulgarien auszulagern. Frank Wentzler stiess zu dieser Zeit neu als Arbeitgebervertreter zum Stiftungsrat der Stiftung Impuls. Er bot Impuls den Auftrag zum bulgarischen Stundentarif von 5 Franken 30 an. Da die Leistung der Programmteilnehmer nur die Hälfte des Standards ausmacht, reduziert sich der Stundenlohn nochmals auf 2 Franken 65. Impuls musste sich kurzfristig entscheiden, nahm das Geschäft an und hat es nicht bereut. Anstatt nach Bulgarien wurden die Maschinen zu Impuls gezügelt. Gratis übrigens.

Hat es sich gelohnt? Roland Gasser von der Stiftung Impuls ist mehr als zufrieden. Impuls konnte dank dieser Zusammenarbeit diversifizieren und beschäftigt heute rund 120 Personen in der Montage. Heute arbeiten mehr Mitarbeiterinnen (es sind vor allem Frauen) in diesem Teilbereich, das Recycling hat an Bedeutung verloren. Impuls verbesserte dank dem Auftrag sein Image. Die Teilnehmenden haben das Gefühl, wertvolle Arbeit zu leisten und sind besser motiviert als im Recycling. Aber auch ABB CMC baute sein Renommé in der Region aus. Die Firma fand nicht einfach billige Arbeitskräfte. Die Zusammenarbeit mit Impuls erfordert zusätzlichen Aufwand. Die Organisation der Produktion wurde auf die Verhältnisse des Partners umgestellt. Die Variante Bulgarien wäre in dieser Beziehung günstiger gewesen. Beide Partner mussten umdenken, sich anpassen, dazulernen. Und beide haben gewonnen.

 

Networking statt Berührungsängste

Eigentlich hat die Erfolgsgeschichte schon früher begonnen, nämlich mit der Wahl Frank Wentzlers in den Stiftungsrat der Stiftung Impuls. Wie kommt ein Spitzenmanager dazu, an Sitzungen einer sozialen Institution teilzunehmen? Oder aktueller, was bringt ihn dazu, an einem Montag an einer Tagung der Sozialbranche aufzutreten anstatt in der Firma den Gewinn zu optimieren? Frank Wentzler dazu: «Wir dürfen den Staat nicht allein lassen mit diesen Leuten, die durchs Netz fallen. Die Unternehmen haben eine soziale Verantwortung.»

Womit wir wieder beim Anfang wären: Wie bringt man die Wirtschaft und die Sozialfirmen zusammen? Die Voten der Tagungsteilnehmer glichen sich alle: Telefonieren, hingehen, sich den Betrieb anschauen, mit kompetenten Personen reden. Die sterile Gegenüberstellung von «sozial» und «ökonomisch» bringt nichts. Berührungsängste behindern die Zusammenarbeit.