27.05.2015
FOTO UND TEXT: Katja Imme

Nicht alle Trennungen verlaufen glimpflich. Sebastian Rufer steht mit Rat und Tat zur Seite.

Der Scheidungsmanager

Sebastian Rufer, 33, steht Paaren zur Seite, die sich trennen wollen. Er nimmt ihnen alles Administrative ab, vermittelt Anwälte oder Psychologen. Freiberufler ist er aus Überzeugung.

Haben Sie ein Morgenritual?
Morgens habe ich so meine Anlaufschwierigkeiten, da ich ein nachtaktiver Mensch bin. Das Aufstehen zögere ich so lange wie möglich hinaus. Zu meinem Glück arbeite ich häufig im Homeoffice. So entfällt der Arbeitsweg, was für mich effizienter ist. Beim Zmörgele mit Kaffee, Orangensaft und Gipfeli checke ich schon mal meine E-Mails – die privaten wie die dienstlichen. So gestalte ich den Übergang in den Arbeitstag fliessend.

Was beinhaltet Ihr Job?
Ich begleite Paare – verheiratet oder nicht –, die sich trennen wollen. Das heisst, ich helfe ihnen, sich zu trennen, indem ich ihnen vor allem das Organisatorische abnehme. Viele Partner sind in dieser Situation emotional blockiert und tun sich schwer mit dem Administrativen. Ich entlaste sie, indem ich ihnen Merkblätter und Checklisten in die Hand gebe, woran sie alles denken müssen. Das fängt an bei den AHV-Beiträgen und hört bei den Steuern nicht auf. Ich hole für sie entsprechende Unterlagen ein oder bereite Anfragen vor, zum Beispiel an die Pensionskasse. Ich passe auf, dass nichts vergessen geht. Schliesslich müssen viele auch Unterhaltsregelungen treffen oder Vermögen teilen. Sie brauchen neue Versicherungen oder Bankkonten. Ich unterstütze sie bei der Wohnungssuche und arrangiere ihren Umzug. Bei alldem unterstütze ich die Partner durch Rat und Tat. Das geht sehr gut am Telefon oder online. Bei Bedarf treffen wir uns natürlich persönlich. So bereite ich den Paaren den Weg zu einem Trennungs- oder Scheidungsvertrag, an dem immer ein Rechtsanwalt mitwirkt. Wenn die seelische Belastung gross ist, vermittle ich Psychologen. Um über die Folgen einer Scheidung zu informieren, veranstalte ich Seminare.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Ihre Arbeit gern machen?
Mir sind Handlungsfreiheit und Gestaltungsspielraum sehr wichtig. Insofern bin ich wohl ein typischer Vertreter der Generation Y. Deshalb habe ich mich bewusst für den Weg der Selbständigkeit entschieden. Ich möchte etwas bewegen, die Früchte meiner Arbeit selbst ernten. Dafür nehme ich auch mögliche Misserfolge in Kauf. Das ist der Preis. Aber heute empfinde ich das Risiko am geringsten. Ich habe noch nicht viel zu verlieren. Wenn ich mit 50 erst einmal im goldenen Käfig sitze, habe ich den Mut nicht mehr. Diese Freiheit jetzt auszuleben, macht mich froh. Klar, ich muss davon überzeugt sein, dass meine Tätigkeit sinnvoll ist. Und das bin ich. Es ist ja nicht so, dass die Kunden zu mir als Scheidungsmanager euphorisch lächelnd kommen wie zu einer Hochzeitsagentur. Aber am Ende sind sie mir umso dankbarer. Das spüre ich, das drücken sie aus. Ich erlebe das als äusserst befriedigend.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?
Da ich mir den Tag meistens selbst einteilen kann, spüre ich im Moment wenig Defizite. Vor kurzem ist mir jedoch aufgefallen, dass ich in den letzten Jahren zu viel gearbeitet habe, manchmal 200 bis 300 Stunden pro Monat. Erst als ich im Winter wieder Ski fahren war, wurde mir bewusst, was es neben der Arbeit für tolle Sachen gibt. Deshalb habe ich mir vorgenommen, mir wieder mehr Zeit fürs Joggen oder für Kurzreisen zu nehmen.

Haben Sie einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Ich bin ein optimistischer Typ, habe selten schlechte Laune. Schlägt mir doch einmal etwas auf den Magen, hilft mir frische Luft. Ich gehe einfach eine Runde spazieren. Im Gehen kann ich mich etwas abregen. Oder ich spreche mit meiner Geschäftspartnerin. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Das entlastet mich, und ich sehe ein Problem oder einen Konflikt aus anderen Perspektiven. So habe ich schnell eine Lösung vor Augen. Und ich fühle mich schon viel besser.

Sebastian Rufer, 33, hat während seines Studiums der Betriebswirtschaft als Projektleiter bei Bosch gearbeitet. Er ist selbständig als Unternehmensberater tätig. Seit 2014 betreibt er mit Lilly Toriola und in Partnerschaft mit zwei Rechtsanwälten die Scheidungsagentur.ch. Er lebt allein in Bätterkinden und Zürich.