Veröffentlicht am 11.01.2008TEXT: Reto Graf

Nachhaltiges Netzwerk

Die Uni St.Gallen legt Wert auf enge Beziehungen zur Wirtschaft und eine praxisnahe Ausbildung. Dies mit Erfolg – die HSG-Absolventen sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt.

«Wir sind eine der führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas», preist sich die Uni St.Gallen in ihrer «Vision 2010» und fasst dabei zusammen, welchen Fokus sie verfolgt: «Lehre und Lernen, die auf die Entwicklung von theorieverbundenen Praktikern und Praktikerinnen und praxisverbundenen Theoretikerinnen und Theoretikern abzielen.»
Inhaltlich bewegt sich die Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften – oder kurz HSG, wie die Uni St.Gallen auch noch heisst – im relativ engen Bereich dieser Richtungen. Sie bezeichnet sich daher auch als «grösste wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Schweiz». Damit unterscheidet sie sich klar von den meisten übrigen Schweizer Universitäten, die mehr oder weniger das ganze Spektrum an akademischen Ausbildungen anbieten.

Guter Ruf auch im Ausland

Nicht ganz zufällig steht die St.Galler Hochschule deshalb im Ruf, besonders wirtschaftsorientiert zu sein. Die Universität und ihre 30 Institute pflegen intensive Beziehungen zur Wirtschaft im engeren Sinne, aber auch zur Rechtsprechung, Politik und Gesellschaft. Während andere Unis eher einzelne Fächer anbieten, ist man an der HSG darum bemüht, eine Gesamtschau mit breitem unternehmerischem Ansatz herzustellen. Die Ökonomie wird aber nicht isoliert betrachtet, sondern in Kombination etwa mit Fragen der Ethik oder der Nachhaltigkeit.
Diese Ausrichtung zahlt sich offensichtlich aus: Studierende der HSG haben hervorragende Aussichten, einen passenden Job zu finden. Bei Studienabschluss liegen ihnen durchschnittlich zwei Stellenangebote vor, wobei ein Master-Titel ein Jahresgehalt von fast 100000 Franken verspricht – im Falle einer Festanstellung. Die Uni St.Gallen gilt daher als eine der besten Adressen im deutschsprachigen Raum und eigentliche Kaderschmiede. Rund die Hälfte der 500 grössten Schweizer Unternehmen werden von ehemaligen St.Galler Studenten geführt. Ex-UBS-Chef Peter Wuffli ist ebenso ein HSG-Absolvent wie Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank.
Bei unseren Nachbarn geniesst die Universität St.Gallen einen besonders guten Ruf. Rund 600 Deutsche bewerben sich pro Jahr um die Aufnahme an die HSG, die sich die besten Kandidaten aussuchen kann. Im Sommersemester 2007 waren knapp 1000 deutsche Staatsbürger in St.Gallen eingeschrieben, was
60 Prozent aller ausländischen Studierenden entspricht. Total zählt die Schule 4500 Studierende und Doktorierende, der Ausländeranteil ist gesetzlich auf einen Viertel aller Immatrikulierten festgelegt.
Auch für die Uni geht die finanzielle Rechnung dank der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auf. Mit verschiedenen «Leistungen am Markt» kann die Hochschule über die Hälfte ihres Budgets abdecken, wie Rektor Ernst Mohr betont. Ein Beispiel einer gelungenen Kooperation ist die Eröffnung eines gemeinsamen Forschungszentrums der HSG und der SAP AG, einer führenden Anbieterin von Unternehmenssoftware. Das Campus-based Engineering Center (CEC) ist Teil eines weltweiten Forschungsnetzwerks und das erste dieser Art in der Schweiz. An der HSG kommt damit ein neues Modell zum Einsatz: Neben drei SAP-Leuten werden im CEC 16 Doktoranden arbeiten, die je zur Hälfte von SAP und dem Kanton St.Gallen bezahlt werden.

Unternehmen sind an der Hochschule präsent

An der Schnittstelle zwischen Universität und potenziellen Arbeitgebern für Studierende und Absolventen agiert das Career Services Center (CSC-HSG). Die offizielle Beratungs- und Dienstleistungsstelle für HSG-Studierende bietet Unternehmen die Möglichkeit, eine Präsenz an der Uni St.Gallen zu schaffen. Mit dem FORUM HSG verfügt die Schule zudem über eine der grössten Recruiting-Veranstaltungen im Bereich der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften im deutschsprachigen Raum. Über 100 international tätige Grossunternehmen und jeweils rund 1000 Absolventen nehmen an dem Anlass teil.
Ein weiteres zentrales Element des St.Galler Netzwerks wird durch den Verein HSG Alumni sichergestellt. Das sind frühere Absolventen, die der Schule etwas für die erhaltene Ausbildung zurückgeben möchten – in Form von personeller, finanzieller oder ideeller Unterstützung. Auf diese Weise kann die HSG optimal von den Erfahrungen ihrer Studienabgänger profitieren, die Karriere gemacht und umfangreiche Kontakte in der Wirtschaft aufgebaut haben.
Bei der Einführung von Bologna hat die Uni St.Gallen eine Pionierrolle eingenommen und 2001 als erste Universität der Schweiz ihre Ausbildung konsequent auf das Bachelor/Master-System umgestellt. Auch wenn die neue Studienarchitektur noch nicht überall auf Akzeptanz stösst, so betont Rektor Ernst Mohr die Vorteile der Reform: «Es ist uns gelungen, eine gute Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses bei Studierenden und Arbeitgebern zu erreichen.» Im Gegensatz zu anderen Hochschulen habe man in St.Gallen Wert darauf gelegt, dass neben der Verpackung auch der Inhalt neu ist. Und: «Vom Arbeitsmarkt haben wir die Rückmeldung, dass Bachelor-Absolventen geradeso viel verdienen wie früher die Studienabgänger mit Lizentiat.»