18.05.2016

Dank der App «To Good to Go» ergattern Hungrige frisches und günstiges Essen, das sonst im Abfall landen würde.

Die App gegen Foodwaste

Günstiges Essen für Spontane

Gutes Essen für wenig Geld kaufen und erst noch die Umwelt schonen. Das geht dank «Too Good to Go», einer App, die übrig gebliebenes Essen von Restaurants, Bäckereien und Läden verkauft. Seit Mitte Mai auch in der Schweiz.

«Zu gut zum Wegschmeissen», so lautet die sinngemässe Übersetzung von «Too Good To Go», kurz TGTG. Für die Initianten der neuen App steht die Idee im Vordergrund, etwas gegen die Lebensmittelverschwendung – neudeutsch Foodwaste – zu tun. Das Geschäftsmodell aus Dänemark kennt eigentlich nur Gewinner, jetzt muss es nur noch die Konsumenten hierzulande überzeugen.

«Durch eine Portion von TGTG lassen sich im Durchschnitt zwei Kilo C02 einsparen.»

Jörgen Munter, Senior Partner von TGTG

«30 Prozent von allem Essen landen im Abfall. 2,3 Milliarden Tonnen C02 pro Jahr werden weltweit umsonst ausgestossen, sagt Jörgen Munter, Senior Partner von TGTG, der die neue App Mitte Mai auf dem Schweizer Markt lanciert hat. Und hinter dieser astronomischen Zahl versteckt sich noch mehr Verschwendung, die die Umwelt und das Klima belastet: sinnlos verbrauchtes Wasser, vergeblich verbrauchte Treibstoffe, unnütz versprühte Pestizide. Ganz zu schweigen davon, dass immer noch jeder achte Mensch auf dieser Welt hungert.

Ein Drittel des normalen Preises

Der Download der App ist gratis und das Angebot verlockend: Die Lebensmittel kosten etwa ein Drittel des normalen Kaufpreises. Davon erstattet TGTG den Partnerunternehmen rund 80 Prozent des Verkaufserlöses zurück, der Rest bleibt bei TGTG. Mit der App wolle TGTG auch Einkommen generieren und es dann weltweit etablieren, so Munter.

Die Restenangebote von Sushi-Restaurants, Bäckereien oder Buffets sind jedoch meistens erst kurz vor Laden- beziehungsweise Geschäftsschluss erhältlich. Daher dürften sich eher spontane Esser angesprochen fühlen. Etwa Leute, die abends noch schnell etwas essen möchten. Oder Umweltsensitive, die bewusst gegen Foodwaste ankämpfen. Doch grundsätzlich sind alle eingeladen, das Angebot zu nutzen.

Und so funktioniert TGTG

Hungrige Konsumenten, die gern Resten aufessen, laden die neuen App TGTG auf ihr Smartphone und weisen ihren Gutschein elektronisch beim Anbieter vor. Zur Auswahl steht alles, was sonst so im Angebot übrig bleibt: Sandwiches, Sushi oder Backwaren.

Die biologisch abbaubaren TGTG-Boxen, in die das Essen verpackt wird, sind aus dem Zuckerrohrprodukt Bagasse oder aus Biokunststoff auf der Basis von Polymilchsäure. Fürs Nachhausetragen bietet TGTG Taschen aus Recyclingpapier an. Fürs «Fassen» der Resten dürfen die Konsumenten auch eigene Behälter mitbringen.

Die TGTG-App sagt dem Kunden, welche Resten wo und zu welchem Preis und welcher Zeit in seiner Umgebung abholbereit sind. Dazu nennt sie ihm das Zeitfenster, in dem die Produkte bereitstehen. Zudem bietet TGTG einen Filter der Suchergebnisse nach Standortnähe, Preis und Abholzeiten.

«Uns geht es vor allem um das Engagement gegen Foodwaste.»

Marijana Turbic, Geschäftsführerin Kaiten Sushi

Kaiten Sushi in Luzern gehört zu den 20 Partnern, mit denen TGTG den Pilotversuch in der Schweiz gestartet hat. Der Betrieb bietet das Sushi in eigenen Schalen an; so entsteht kein Aufwand fürs Portionieren.

Ein paar Menschen glücklich machen

Für Ugur Yavuz, Geschäftsführer von Backwerk in Winterthur, zählt auch der soziale Aspekt: «Vielleicht bringen wir dank TGTG ein paar Augen zum Strahlen.» Sein Betrieb muss täglich Lebensmittel im Wert von 500 Franken wegwerfen. «Schade für die gute Ware», findet Yavuz. Sozial schwächere Menschen sollen die Möglichkeit erhalten, zu einem guten Preis zu guten Lebensmitteln zu kommen.

Insgesamt hat Munter von TGTG bereits 90 interessierte Betriebe im Netzwerk, darunter auch Grossanbieter, die erst noch die Resultate der Pilotphase abwarten, bevor sie mitmachen. Das Aufschalten von Angeboten läuft unkompliziert. Das Finanzielle regelt TGTG; das Unternehmen überweist seinen Partnern ihren Anteil des Verkaufspreises monatlich aufs Konto.

GastroSuisse positiv eingestellt

Den Segen von GastroSuisse hat TGTG. Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen sei eine der obersten Prämissen im Gastgewerbe, so der Verband der Schweizer Hotellerie und Restauration. Als Gründungs- und Vorstandsmitglied des Schweizer Vereins «United Against Waste» hat GastroSuisse kürzlich die sogenannte «Genuss-Food-Box» lanciert. Darin geben Gastrobetriebe ihren Gästen auf deren Wunsch die Resten nach Hause mit.

Eine App auf Expansionskurs

Die Geschäftsidee von TGTG stammt aus Dänemark. Dort hat das Unternehmen seinen Service im November 2015 lanciert und zählt mittlerweile rund 300 Restaurants, Bäckereien und Läden sowie rund 200 000 User zu seinem Netz. Nun will TGTG weiter wachsen und in acht zusätzlichen Ländern Fuss fassen – 12 000 Partner in den nächsten fünf Jahren in ganz Europa lautet das Ziel. Auch Schweden, Norwegen, Deutschland und England sind bereits dabei. Praktisch zeitgleich mit der Schweiz soll TGTG in Frankreich, Australien, Brasilien, den USA und Italien auf den Markt gelangen.