06.11.2015
FOTOS UND TEXT: Hakan Aki

Chiara Kummer und Kasandra De Leon (v.l.) sind Teilnehmerinnen der Miss-Schweiz-Wahl 2015.

Miss-Wahl

Die Krone als Sprungbrett

Die Miss-Schweiz-Wahl ist für junge Frauen die Chance auf den beruflichen Durchbruch. Den meisten geht es nicht um den Sieg oder um eine anschliessende Modelkarriere. Viele Teilnehmerinnen nutzen den Wettbewerb, um ihre Bekanntheit zu steigern und ein zweites Standbein aufzubauen. 

«Durchhalten, Girls: noch drei Liegestützen, noch zwei, noch eine», feuert Physiotherapeut Jan Schumacher seine Mädchen an. Die zwölf Miss-Schweiz-Kandidatinnen schwitzen für den Titel. Im Fitnessstudio Saphiraz in Feldmeilen sorgt das Team von Model und Trainerin Jasmine Kopp und «Menʼs Health Cover Boy» Jan Schumacher für den letzten Schliff vor dem Wahlabend am 7. November in Basel.

Neben dem harten Training erhalten die Frauen auch Ernährungstipps. Dabei geht es nicht um eine Modelfigur im letzten Moment. «Die Kandidatinnen sollen lernen, sich nachhaltig zu ernähren, und ein Gefühl für Körper und Geist bekommen», so Geschäftsführerin Jasmine Kopp.

Vorbild mit siebzehn 

Viele der Teilnehmerinnen möchten mit Hilfe der Miss-Wahl eine zweite Karriere aufbauen. Nicht unbedingt als Model, sondern viel eher als Aushängeschild einer wohltätigen Organisation oder einer Firma. Oder sie hoffen, an wichtige Kontakte in ihrem Traumberuf zu kommen.

Mit diesem Gedanken hat auch Miss Schweiz 2013 Dominique Rinderknecht am Wettbewerb teilgenommen. «Die Miss-Wahl ist ein Sprungbrett für ganz unterschiedliche Tätigkeiten, vor allem solche in der Öffentlichkeit. Die Medienwelt und die Kommunikation haben mich persönlich interessiert. Ich habe darum versucht, den Titel zu nutzen und in die Moderation einzusteigen. Das ist mir bis anhin gelungen», sagt die Zürcherin.

Im Fitnesstudio Saphiraz Feldmeilen erhalten die Kandidatinnen Ratschläge für eine nachhaltige Ernährung.

Auch für einige der diesjährigen Kandidatinnen soll die Wahl ein Türöffner ins Berufsleben sein. «Dass ich es so weit geschafft habe, ist ein grosser Erfolg für mich», sagt Kasandra De Leon. Mit gerade einmal 17 Jahren ist sie dieses Jahr die jüngste Teilnehmerin. Trotzdem kann auch ich ein Vorbild für Gleichaltrige sein», ist die angehende Restaurationsfachfrau überzeugt. 

Die Zürcherin ist ein lebensfroher Mensch, der andere mit seiner positiven Energie ansteckt. Den ganzen Tag lacht sie viel und scherzt mit ihren Konkurrentinnen. Dabei hatte Kasandra De Leon keine leichte Kindheit. Traumatische Erlebnisse führten dazu, dass sich das junge Mädchen mit Wurzeln in der Dominikanischen Republik immer wieder selbst verletzt hat. «Ich möchte als Botschafterin für eine Organisation für psychisch Erkrankte arbeiten.»

Als ehemalige Borderlinepatientin weiss Kasandra: «Es braucht sehr viel Mut, über die Selbstverletzungen zu reden. Während des Vorgangs fühlte ich keinen Schmerz. Es war, als befände ich mich in Trance. Erst danach stellte ich mir die Frage nach dem Warum», erzählt die 17-Jährige. «In einer Organisation, die sich dieses Themas annimmt, möchte ich meine Erfahrungen und Tipps an Betroffene weitergeben», sagt sie.

Ein Herz für Kinder

«Wir leben in einer hektischen Zeit. Alles muss schnell gehen, auch die Ernährung», sagt Chiara Kummer aus Glis (VS). Dabei sind nach Meinung der 18-Jährigen eine nachhaltige Ernährung und eine gesunde Lebensweise besonders für Kleinkinder unverzichtbar. «Das, was ich hier durch das Training lerne, möchte ich weitergeben und besonders Eltern sagen: ‹Nehmt euch Zeit für euch und eure Kinder.›» Auch Chiara Kummer plant bereits für die Zeit nach der Miss-Wahl: Nach dem Abschluss der Fachmittelschule will sie Kinder- oder Jugendpsychologin werden. Die Teilnahme an der Miss-Schweiz-Wahl will die Brünette nutzen, um bereits jetzt in diesem Bereich Fuss zu fassen. «Die Corelina-Stiftung setzt sich für die Behandlung herzkranker Kinder ein. Ich könnte mir vorstellen, dort zu arbeiten.» Da die Missen-Organisation mit dieser Stiftung zusammenarbeitet, sieht Chiara grosse Chancen für ihren weiteren beruflichen Werdegang.

Kerstin Cook, Miss Schweiz 2010, ging ebenfalls nicht mit der Erwartung an den Start, den Titel nach Hause zu holen. Vielmehr ging es ihr darum, persönliche Erfahrungen zu sammeln. «Ich modelte bereits vor der Miss-Schweiz-Wahl. Ich wusste, wie ich mich vor der Kamera bewegen muss. Trotzdem war ich anfangs im Umgang mit den Medien sehr zurückhaltend.» In diesem Punkt hat Kerstin Cook sehr von ihrem Amtsjahr profitiert. «Heute bin ich selbstbewusster in meinem Auftreten und kann sagen, dass sich meine Erwartungen an meine damalige Teilnahme aus persönlicher Sicht erfüllt haben.»

Neben ihrer internationalen Modelkarriere ist Kerstin Cook für den Tierschutz aktiv. Im vergangenen Mai war die Luzernerin für die Susy Utzinger Stiftung in Rumänien, wo die Organisation das neue Tierheim «Help Labus» aufbaute. Mittels Hundeklappen bietet es Strassenhunden ein warmes Zuhause. Dort verlor Kerstin Cook ihr Herz an «Icy», ihren Hund, der seither nicht mehr von ihrer Seite weicht.

Kerstin Cook, Miss Schweiz 2010. An der Miss-Schweiz-Wahl würde Kerstin Cook wieder mitmachen. Dafür müsste es aber eine Konzeptänderung geben. «Es hat sich vieles verändert, mit dem ich nicht einverstanden bin.» 

Näher will die ehemalige Leichtathletin nicht darauf eingehen. Der neuen Amtsinhaberin rät Kerstin Cook, nicht alles persönlich zu nehmen. 

Als neuestes Projekt hat sie ein Konzept für ein eigenes Business im wohltätigen Bereich ausgearbeitet. Den Titel der «Miss Schweiz 2010» will Kerstin Cook nutzen, um ihr Geschäft aufzubauen. Was es wird, möchte sie nicht verraten. Noch nicht!