«der arbeitsmarkt» 01/2006

Wenn Jugendliche unter Jugendlichen «raven»

Wer nach der Schule oder der Lehre keine Anschlusslösung findet, braucht Unterstützung, um sich dauerhaft im Berufsleben etablieren zu können. Im Kanton Luzern widmet sich die Beratungsstelle Jugend und Arbeit exklusiv der Integration dieser Klientel in den Arbeitsmarkt.

Im Jahr 2004 erreichte die Jugendarbeitslosenquote gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) mit 8,6 Prozent einen neuen Rekordwert. Sie ist auch heute noch deutlich höher als bei älteren Vergleichsgruppen. Betroffen sind einerseits Jugendliche, die nach der Schule keine Lehrstelle finden und nicht von Brückenangeboten profitieren können. Andererseits werden viele Lehrlinge nach dem Abschluss nicht weiterbeschäftigt und können sich mangels Berufserfahrung auf dem Arbeitsmarkt nicht behaupten.
Um dieser Übergangsproblematik zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt zu begegnen, ergriff der Kanton Luzern bereits Ende 2003 erste Massnahmen. Im RAV Wolhusen LU nahm eine Beraterin die Arbeit auf, die ausschliesslich Praktika für Lehrabgänger ohne Stelle vermittelte. Rund 80 Jugendliche konnten so 2004 in einem sechsmonatigen Einsatz Berufserfahrung erwerben. Die Hälfte erhielt darauf im Praktikumsbetrieb oder in einem anderen Unternehmen eine Anstellung.
Schulabgänger ohne Anschlusslösung wurden damals noch in den einzelnen RAV betreut. Doch das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit (wira) wollte für sie eine zentrale, intensivere und damit wirkungsvollere Betreuung einrichten. So wurde im Mai 2005 im RAV Emmen die Beratungsstelle Jugend und Beruf (BJB) eröffnet. Sie berät Schulabgänger in Fragen des Arbeitsmarkts und coacht sie bei der Lehrstellensuche. Die Akquisition von Praktikumsstellen wurde der BJB angegliedert und auf zwei Stellen ausgebaut. Die Lehrabgänger selbst werden allerdings nicht von der BJB betreut.
Kurt Simon, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt im wira, ist überzeugt, dass das «Jugend-RAV» für die Arbeit mit der speziellen Klientel Vorteile bietet: «Jugendliche fühlen sich wohler unter ihresgleichen.» So treffen sie in der BJB auf Gleichaltrige, die mit denselben Problemen kämpfen, was einen Austausch ermöglicht. Betreut werden sie jedoch von Erwachsenen. Für die durchschnittlich 460 gemeldeten Jugendlichen sind sechs vollamtliche Beraterinnen und Berater zuständig. Diese grosszügige Lösung ermöglicht zwei oder mehr Kontakte pro Monat. Zusätzlich werden Firmenbesuche oder modulare Weiterbildungen organisiert. Von so wenigen Dossiers pro Person können «normale» RAV-Berater nur träumen. Doch Kurt Simon ist überzeugt: «Die Problematik der Schnittstelle zwischen Schule und Berufsleben rechtfertigt diesen Aufwand.»
Tatsächlich ist die Aufgabe, die sich die BJB gestellt hat, nicht einfach. Gute Schüler schaffen den Eintritt in den Arbeitsmarkt selbst. Jene Schulabgänger, die in die BJB kommen, haben meist schulische und oft persönliche Defizite. Mit Standortbestimmung, individueller Förderung in allen Kompetenzbereichen sowie mit Bewerbungs-Coaching sollen sie für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Daneben ist auch die Vermittlung eine zentrale Aufgabe der Berater. Dank intensiver Kontakte zu den Arbeitgebern können sie Jugendlichen zu einer Schnupperlehre oder gar einer Lehrstelle verhelfen. Die BJB konnte in den ersten fünf Monaten ihres Bestehens für 20 Schulabgänger eine Schnupperlehre und für zehn eine Lehrstelle finden. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2005 konnten ausserdem 142 Praktika für stellenlose Lehrabgänger vermittelt werden. Quantitative Vorgaben hat das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit jedoch bewusst keine gemacht. Auch zur qualitativen Wertung können die Verantwortlichen noch nichts sagen. Dazu sollen Anfang 2006 die Personalberater befragt werden. Kurt Simon: «Dann werden wir sehen, ob sich der ganze Aufwand tatsächlich lohnt.»

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