«der arbeitsmarkt» 12/2006

Ungebremste Preis-Inflation

Fast jede Woche zwei Preise – im Herbst werden in der Schweiz zahlreiche Business-Awards an die verschiedensten Unternehmen vergeben.

«In der Schweiz werden im Vergleich mit Europa, aber auch mit Neuseeland und Australien wohl die meisten Business-Awards verliehen», hat der St.Galler Hochschulprofessor Urs Fueglistaller herausgefunden. Seine Studie zum Thema vereint ganze 98 (!) Unternehmens- oder Wirtschaftspreise. Aufgeteilt hat er sie in die Bereiche «Unternehmerpreis», «Unternehmerpreis für Frauen», «Businessplan-Preise», «Ökopreise» «Branchenpreise», «Innovationspreise» und «Exotische Unternehmerpreise» – wobei Letzteres vor allem bereichsspezifische Preise meint, wie etwa den Cash-Arbeitgeber-Award, wo die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zum Thema gemacht wird, oder auch den «Zürcher Preis für Gesundheitsförderung im Betrieb». Ebenfalls in diese Kategorie gehört der «Swiss Human Resources Award», der vom Fachmagazin «HR Today» jedes Jahr dem besten HR-Management verliehen wird.
Die Wirtschaftsförderer von «idee suisse» waren die Ersten: Seit 1985 verleihen sie den «Schweizer Innovationspreis zur Förderung der wirtschaftlichen Zukunftschancen».
«Er geht an innovative Unternehmen sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, die eine nachhaltige Innovation realisiert und Arbeitsplätze geschaffen haben», erklärt Olaf J. Böhme, der seit den Anfängen in der Jury sitzt. Im Gegensatz zu andern Preisen ist der Award der «idee suisse» ein so genannter Anerkennungspreis, der nur aus einer Skulptur und einer Urkunde besteht. Andere Preise, wie etwa der De-Vigier-Jungunternehmerpreis, sind mit einer Preissumme dotiert oder garantieren, wie der «Swiss Technology Award», die Teilnahme an einer internationalen Messe.

Nicht jeder Preis ist wert, was er verspricht

Oft sind Unternehmerpreise auch mit Dienstleistungen verknüpft, die vom Preisverleiher angeboten werden. So wie der «Venture-Businessplan-Award», der von McKinsey Schweiz und der ETH Zürich vergeben wird. «Jungunternehmer sollten nicht nur finanziell, sondern umfassend unterstützt werden. Alle Teilnehmenden des Wettbewerbs erhalten unentgeltlich Coaching und Zugang zu Workshops und werden bei der Suche nach geeigneten Partnern und notwendigem Kapital unterstützt», erläutert Helen Schoch, die für McKinsey den Wettbewerb betreut.
Ziemlich beliebt, und somit häufig anzutreffen, sind branchenspezifische Preise wie der «Swiss Logistics Award» für das beste Logistikunternehmen, der Preis der Schweizer Waldwirtschaft oder auch der «Swiss Textiles Award», der vom Textilverband zusammen mit der Frauenzeitschrift «Annabelle» an «frisch diplomierte Fashion Designer» vergeben wird. Und schliesslich gibt es noch jene Preise, die vor allem dem Preisverleiher ein besseres Image verschaffen sollen, wie der «Prix Evenir», wo von der Erdölvereinigung jeweils 50000 Franken ausgerechnet für Projekte vergeben werden, die «Ökologie, Ökonomie und Soziales nachhaltig in Einklang bringen».
Angesichts dieser Menge an Preisen und Awards stellt sich natürlicherweise die Frage nach der Bedeutung der einzelnen Auszeichnungen. Urs Fueglistaller rät denn auch den Unternehmen, gut auszuwählen, wofür sie sich bewerben. Und er äussert den Verdacht, gewisse Preise würden vor allem verliehen, um eine Tagung «etwas interessanter zu machen». An der KMU-Tagung der HSG, die er alljährlich mit seinen Mitarbeitenden
organisiert, möchte er deshalb «nicht auch noch einen Preis verleihen».
Auch für den Wirtschaftsjournalisten Jost Dubacher, der für «Cash-Enterprise» jeweils im Januar eine Liste mit den wichtigsten Preisen zusammenstellt, gibt es «Gute, weniger Gute und Jux-Zeugs». Er glaubt, gerade im KMU-Bereich entspreche die öffentliche Aufmerksamkeit für die Auszeichnungen vor allem der Wirtschaftslage: «Wenn es den Grossen schlecht geht, reden alle von den KMU, und wenn es wieder dreht, spricht keiner mehr davon.»

Awards als Chance für kleinere Unternehmen

Ähnlich urteilt Adalbert Koch von Ernst&Young, deren renommierter «Entrepreneur of the Year Award» in der Schweiz seit 1998 verliehen wird: «Es gibt in der Tat zahlreiche Unternehmerpreise, von denen wir uns aber mit klaren, anspruchsvollen Entscheidungskriterien sowie einem transparenten Entscheidungsprozess differenzieren wollen.» Noch deutlicher wird Urs Stuber, der für den «Swiss Technology Award» verantwortlich ist: «Wir haben in den letzten Jahren eine geradezu inflationäre Entwicklung bei der Vergabe von Preisen festgestellt. Es gilt die Devise: Weniger wäre mehr.» Ganz anders sieht es dagegen Olaf J. Böhme: «Es gibt zwar viele Preise in der Schweiz, die kreative Ideen, Produkte und Dienstleistungen auszeichnen, doch es kann nicht genug davon geben.»
Ebenfalls unterschiedlich ist die Beurteilung der Preise durch die Ausgezeichneten. So haben Wirtschaftspreise für Christian Zahnd, dessen Start-up «Molecular Partners» den «Swiss Technology Award» erhalten hat, eine grosse Bedeutung: «Für kleine Firmen kann die Beachtung in der Öffentlichkeit sehr wichtig sein: Ein bekannter Name hilft sowohl bei Investoren als auch bei Kunden, und nicht zuletzt ist ein Award auch eine persönliche Bestätigung und Genugtuung.» Während Gerhard Plasonig, dessen WoodWelding 2006 mit dem «Swiss Economic Award» ausgezeichnet wurde, die Sache relativiert: «Man muss differenzieren. Ende des letzten Jahrzehnts gab es eine Inflation von  allen möglichen Awards – und wir haben da kaum mitgemacht. Einige Awards sind lange passé, einige aber sind hochaktuell und zeigen Jahr für Jahr einen Leistungsbeweis der Wirtschaft.»

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