«der arbeitsmarkt» 07/2006

Schmerzhafter Prozess

Im Kanton Zürich wird das Angebot an Programmplätzen ab 2007 linear um 25 Prozent reduziert. Die Anbieter sind konsterniert.

Mitte Mai liess Edith Gitermann, Abteilungsleiterin Qualifizierung für Stellensuchende (QuS) vom Zürcher Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA), an einer Informationstagung eine kleine Bombe platzen. Um 25 Prozent, verkündete sie den versammelten PvB-Anbietenden, werde die Zahl der bewilligten Programmplätze im kommenden Jahr gekürzt – und zwar linear.
Den radikalen Einschnitt begründet Edith Gitermann mit der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: «Wir haben in den letzten beiden Jahren keine Reduktion des Angebotes vorgenommen und boten gleich viele Plätze an wie zu den Zeiten, als wir eine Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent hatten. Nun ist diese auf 3,5 Prozent abgerutscht und wir rechnen damit, dass sie bis Ende 2006 auf 3,2 bis  3,1 Prozent sinkt.» Gegenüber dem «arbeitsmarkt» spricht sie von einem «schmerzhaften Prozess», glaubt jedoch nicht, dass die Reduktion notgedrungen zu Entlassungen führt. Doch letztendlich, so Gitermann, müssten die Vereine beziehungsweise die Programmanbieter selbst entscheiden, wie sie den Beschluss umsetzen wollten.
Diese sind vorerst einmal konsterniert und sparen nicht mit Kritik. Sie gilt vor allem dem behördlichen Entscheid, die Kürzungen linear auszusprechen. Denn vom prognostizierten Aufschwung würden längst nicht alle profitieren. «Es ist klar, dass gespart werden muss», sagt etwa Ruedi Schärer vom Verein Vulkaro in Adliswil: «Mich stört aber, dass die Regelung keine Unterschiede zulässt.» Wer die Statistiken studiere, wisse, dass Leute mit guter Ausbildung wieder eine Stelle fänden. Aber jene ohne Ausbildung hätten kaum Chancen und seien auch in Zukunft auf Schulung angewiesen. «Durch die Massnahme bleiben schwer vermittelbaren Personen Programmplätze versperrt», meint Robert Andres, Geschäftsführer von Innorec, Verein für innovatives Recycling in Glattbrugg. Und Kurt Lange, Geschäftsführer von «Labora» in Zürich, unterstreicht: «Für ein niederschwelliges Programm wie das unsere ist eine generelle Kürzung besonders hart, da die Zielgruppe ‹Erwerbslose mit besonderen Schwierigkeiten› kaum in gleichem Mass vom Aufschwung profitieren wird wie der Durchschnitt.»
Lange kritisiert zudem, dass bereits ein prognostizierter Rückgang der Arbeitslosenzahlen zum realen Abbau von Programmplätzen geführt habe. Was die Prognose betrifft, so hat auch Anna Ganz, Leiterin des Frauenprojekts SalSAH des SAH Zürich, ihre Zweifel: «Frau Gitermann spricht von nur noch 3,1 Prozent Arbeitslosen. Diese Zahl ist für mich zu optimistisch.» Der lineare 25-prozentige Abbau ist für sie ein von Sparüberlegungen geprägter, «politisch motivierter Entscheid».
Ob der Entscheid des Kantons Zürich, der im vergangenen Jahr für arbeitsmarktliche Massnahmen rund 100 Millionen Franken ausgab, für andere Kantone wegweisend sein wird, ist noch offen. Sicher ist für Edith Gitermann aber eines: «Auch anderswo wird man auf die rückgängige Zahl der Stellensuchenden reagieren müssen. Das heisst, man wird auch dort die Angebote der neuen Situation anpassen.»

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