«der arbeitsmarkt» 06/2008

Personalverleih für Behinderte

XtraJobs hilft bei der Integration von Behinderten in die Arbeitswelt. Ein Personalverleih für ­zeitlich begrenzte Einsätze öffnet ihnen die Türen zu Betrieben. XtraJobs ist ein Projekt von Unternehmen, Invalidenversicherung (IV) und spezialisierten Personalagenturen.

Um Behinderte besser in die Arbeitswelt zu integrieren, bietet das Projekt XtraJobs einen Personalverleih für zeitlich begrenzte Arbeitseinsätze. Damit erhalten Betriebe und behinderte Mitarbeitende die Gelegenheit, einzuschätzen, ob eine längerfristige Zusam­menarbeit funktionieren könnte. Spezialisierte Personalverleihfirmen übernehmen die Vermittlung, stellen die behinderten Personen direkt ein und bezahlen während des Temporäreinsatzes Lohn und Sozialleistungen. Ein professionelles Coaching entlastet in dieser Phase sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber wiederum entschädigt den Personalverleiher für die Arbeitsleistung der vermittelten Mitarbeitenden. Die IV ihrerseits deckt während der befristeten Einstellung die behinderungsbedingten Mehrkosten. Dazu zählen Prämienerhöhun­gen für Krankentaggeld und berufliche Vorsorge. Nach maximal einem Jahr soll eine Festanstellung zustande kommen - dies ist das Ziel von XtraJobs.

Am Anfang stand das Ende der Job-Passerelle

Das Integrationsprojekt mit dem neuen Namen hat eine Vorgeschichte: Vor dem Urnengang über die 5. IV-Revision wurde im Juni 2007 die Job-Passerelle lanciert. Dabei wirk­ten Unternehmer und der Bund zusammen. Um Behinderte besser beruflich eingliedern zu können, wollte man die Vernetzung zwischen den Institutionen einerseits vereinfachen und andererseits fördern - getreu dem Motto «Reintegration statt Rente». Inzwischen, nach geschlagener Abstimmungsschlacht und dem Inkrafttreten des revidier­ten Gesetzes Anfang Jahr, geht das Projekt neue Wege. Das Bundesamt für Sozialver­sicherungen (BSV) spricht neu von einem Personalverleih für Behinderte mit dem Namen XtraJobs. Die Bezeichnung Job-Passerelle dürfte verschwinden.
Das dauert einige Zeit. Mitte Mai war noch die Website www.job-passerelle.ch ­aufgeschaltet, wo Nationalrat und Unternehmer Otto Ineichen «persönlich» die ­Besucher begrüsst. Auch als Unternehmensfrühstück-Sponsor tritt man noch auf,
doch das Projekt Job-Passerelle als solches wird an ­diesen traditionellen Veranstal­tungen jeweils nicht mehr vorgestellt. Stattdessen soll eine andere Initiative aus dem Hause Otto in die Bresche springen. Seit bald drei Jahren gibt es das Projekt Speranza für schulisch schwache Jugendliche. Dieses soll künftig auch für Personen mit gesundheitlichen ­Defiziten zugänglich sein (siehe Box Seite 43).
Die Vorstellungen über das Zielpublikum gehen auseinander. Otto Ineichen wollte generell ausgesteuerte Personen einbeziehen. Alard du Bois-Reymond, Vizedirektor des BSV und dort Leiter des IV-Geschäftsfeldes, bringt zwar ein gewisses Verständnis für
den Widerstand von politischer Seite gegen jegliche künstliche Umverteilung auf. «Der Einbezug von Ausgesteuerten auch ohne Gesundheitsprobleme ist für die IV jedoch problema­tisch und sprengt deren Finanzierungsrahmen.» Für die IV wäre der Break-even geschafft, wenn bis Ende 2009 an die
30 Personen mit Behinderung dank dem ­vorübergehenden Personalverleih eine feste Anstellung erhielten. Bis heute wurden 15 Temporäranstellungen vermittelt, und der BSV-Vizedirektor gibt sich durchaus optimistisch.

Projekt soll den Arbeitgebern die Angst vor Risiken nehmen

Profil - Arbeit & Handicap, eine Stiftung der Pro Infirmis, ist einer der vom BSV im Rahmen von XtraJobs vertraglich gebundenen Partner. An der Personal-Fachmesse Personal Swiss im letzten April in Zürich war die Non-Profit-Organisation mit einem Stand präsent und stiess mit dem neulancierten Projekt bei einem breiten Fachpublikum auf viel Goodwill. Doch Profil-Geschäftsführer Jürg Sigrist gibt sich keinen Illusionen hin: «Für Projekte im Sozialbereich ist die Resonanz oft positiv.» Was aber auch ihm fehlt, sind Tatbeweise. Denn eines muss man sich klar vor Augen halten: Vermittelt werden jene Menschen mit Behinderung, die aus eigener Initiative keine Arbeitsstelle finden. Auf ­Arbeitgeberseite bestünden vielfach Ängste vor ökonomischen und sozialen Risiken, oder es wurden schon negative Erfahrungen gemacht.
Doch letztlich können alle Beteiligten von der nachhaltigen Integration behinderter, leistungsfähiger Personen ins Arbeits­leben profitieren. Arbeitgeber gewinnen kompetente und engagierte Mitarbeitende. Die Lebensqualität von Behinderten wird verbessert. Sie sind unter realistischen Arbeitsbedingungen tätig und fallen so nicht aus dem sozialen Bezugsnetz. Und schliesslich können Rentenleistungen eingespart werden, was ein Ziel der 5. IV-Revision ist.

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