«der arbeitsmarkt» 05/2015TEXT: Robert AltermattFOTO: Simone Gloor
Suppenbars

Heiss begehrt

Suppen und Suppenrestaurants sind beliebt. Die flüssige Mahlzeit wird vor allem zur Mittagszeit als schnelle, gesunde und günstige Ernährungsform geschätzt. In Basel bietet Natalie Kaden an drei Standorten frische und hausgemachte Suppen an – mit Erfolg.

Die Suppe: Lange Zeit galt sie als leicht hinterwäldlerisch oder wurde als Gericht für arme Leute verschmäht, doch seit einigen Jahren geniessen immer mehr Menschen die meistens warm, manchmal auch kalt zubereitete Flüssigspeise. Mit anderen Worten: Suppenessen erlebt eine Renaissance. Eine Person, die diesen Trend frühzeitig erkannt hat, ist Natalie Kaden. Die Basler Gastronomin ist Gründerin und Inhaberin von mittlerweile drei Suppenrestaurants, die in Basel unter dem Namen «So’up» zum festen Bestandteil der Gastronomieszene gehören.

Natalie Kaden steht mit vier Mitarbeitenden morgens um 7 Uhr in der Suppenbar am Fischmarkt 10 und bereitet in grossen Kochtöpfen frische Suppen vor. Appetitliche Gerüche strömen aus der Küche und steigen wohlriechend in die Nase des Besuchers. In der Küche reinigen und rüsten die Chefin und ihre Küchenhilfen frisches Gemüse wie Karotten, Zwiebeln oder Paprika. Es wird viel geschnitten und gehackt. Auf diversen Herdplatten köcheln die Zutaten für eine hawaiianische Karottensuppe, eine Gerstensuppe mit Lauch, eine walisische Maiscrèmesuppe mit Crevetten und eine Gulaschsuppe. Die 48-Jährige rührt abwechslungsweise mit ihren Mitarbeitenden geduldig in den Töpfen – Suppe ist «Slow Food», ihre Zubereitung beansprucht viel Zeit. Zwischendurch verfeinert das «So’up»-Team die Suppen mit Gewürzen oder dicken Bündeln an frischen Kräutern. Die einzelnen Zutaten werden in den richtigen Mengenverhältnissen aufeinander abgestimmt und zusammengemischt.

Täglich bietet die Suppenbar vier verschiedene Suppen mit Fleisch, Fisch sowie je eine vegetarische und vegane Variante an. Die Speisekarte wechselt von Tag zu Tag. Das Angebot reicht von bodenständigen Klassikern wie der Kartoffel- oder Gulaschsuppe bis hin zu exotischen Kreationen wie einer Thai-Rind- oder Mango-Crevetten-Suppe. Zwischen 400 und 500 verschiedene Variationen hat Natalie Kaden in ihrem Fundus. Die Rezepte und Ideen dazu hat sie aus Kochbüchern, von Gästen oder aus dem Internet. Die Suppen sind in zwei verschiedenen Gefässgrössen erhältlich, selbstverständlich kann der Gast sie auch als Take-away haben. Im Preis inbegriffen sind Brotscheiben und eine Frucht nach Wahl.

Volles Haus über Mittag

Vor allem über die Mittagszeit brummt das Geschäft. Ein Augenschein vor Ort mittags in der «So’up»-Filiale am Fischmarkt verdeutlicht, wie gross die Nachfrage nach hausgemachten Suppen ist. Im funktional eingerichteten Restaurant stehen die Gäste Schlange. Dementsprechend sind die Sitzplätze ein rares Gut, und auch die Stehplätze werden von den Suppenliebhabern rasch in Beschlag genommen. Auf die Frage, was für sie eine gute Suppe sei, meint Natalie Kaden: «Sie benötigt bei der Herstellung und Zubereitung viel Zeit – und Liebe. Das mag zwar etwas abgedroschen klingen, ist aber so», sagt sie und lacht herzhaft. «Ebenso wichtig sind gute und frische Zutaten. Der Rest ist Geschmackssache.»

Gerade in städtischen Gebieten, wo viele berufstätige Menschen ihre Mittagspause möglichst kurz halten, sind Suppenbars eine willkommene Alternative. «Es muss schnell gehen – und die Verpflegung soll günstig, leicht und gesund sein», sprudelt es aus der «So’up»-Geschäftsführerin heraus. Für Natalie Kaden sind Suppen eine Art Gegenentwurf zum industriellen Fast Food. Mit einem Lächeln fügt die Geschäftsfrau hinzu: «Suppen sind Slow Food – einfach ‹fast› serviert.»

Inspiration kam aus London

2004 war es, als Natalie Kaden an der Dufourstrasse vis-à-vis dem Basler Kunstmuseum die erste Suppenbar der Stadt in Betrieb nahm. Auf die Idee kam sie bei einer Städtereise: «In London bin ich vor vielen Jahren zufälligerweise in einer Suppenbar gelandet. Dieses Gastronomiekonzept, über die Mittagszeit schnell und günstig zu essen, hat mir ausgezeichnet gefallen.» Der Gedanke, eine eigene Suppenbar zu eröffnen, liess Natalie Kaden nicht mehr los. Zurück in Basel, begann sie sich zu informieren. In jener Zeit war sie für ein Gastronomieunternehmen im kaufmännischen Bereich tätig. Ihr grösstes Problem war, nützliche Informationen zur bevorstehenden Selbständigkeit zu erhalten. Zentrale Themen wie finanzielle, steuerliche, rechtliche und versicherungstechnische Aspekte mussten geklärt werden. Zwischen der Idee, der Ausarbeitung eines tragfähigen Unternehmenskonzepts und dem Schritt in die Selbständigkeit verstrichen vier Jahre.

Der Aufbau des eigenen Geschäfts verlief nicht ohne Nebengeräusche, vor allem was die Standortsuche für ein geeignetes Restaurant betraf. Die Gastronomin benötigte mehr als ein Jahr, bis sie ein Lokal an zentraler Lage und zu einem günstigen Mietzins fand. Bei der Finanzierung des Start-ups halfen ihre Eltern aus. Gleich von allem Anfang an profitierte die ausgebildete Hotelfachfrau davon, dass ihre Suppenbar auf grosse Gegenliebe stiess. Insbesondere die vielen Expats aus der Pharmabranche, unter ihnen viele Amerikaner und Deutsche, rissen sich förmlich um die dampfenden Speisen.

Stand die Suppe früher häufig im Ruf, ein Dickmacher zu sein, so ist sie heute ein Inbegriff für eine gesunde, schnelle und günstige Ernährungsform. Eine «moderne» Suppe enthält viele Vitamine und Ballaststoffe, etwas Kohlehydrate und nur wenig Fett. Das «So’up» trägt dem veränderten Essverhalten der Gäste Rechnung, indem die Suppenbar bis auf wenige Ausnahmen auf Konservierungsstoffe, künstliche Aromen oder Geschmacksverstärker verzichtet. «Bei diesen Ausnahmen handelt es sich meistens um exotische Suppen, in denen beispielsweise Kokosnussmilch verwendet wird.» Bei den Zutaten achtet Natalie Kaden darauf, nachhaltige Bio-Produkte zu verwenden. Gemüse, Kräuter und Früchte stammen aus der Region. Die Frischprodukte aus kontrolliertem Bio-Anbau liefern ihr Bauern aus dem Baselbiet und der badischen Nachbarschaft. Die Fleisch- und Geflügelerzeugnisse sind aus Schweizer Produktion. Fisch und Meerestiere bezieht das «So’up» aus nachhaltiger und zertifizierter Herstellung. Wichtig ist Natalie Kaden zudem, das Angebot saisonal auszurichten: «Eine Kürbissuppe gibt es bei uns nur im Herbst.»

Lange Arbeitstage

Im Winterhalbjahr schenken die «So’up»-Mitarbeitenden in den drei Suppenbars pro Tag circa 270 Liter Suppe aus. Im Sommer verringert sich der Ausstoss um rund 40 Prozent. Zusammengerechnet etwa 500 Gäste pro Tag dürften es durchschnittlich sein, die ihre Mahlzeiten in den drei Basler «So’up»-Suppenbars einnehmen. Die Zutaten sind hochwertig, der Endpreis relativ günstig. Für Natalie Kaden geht die Rechnung auf: «Mit Suppen lässt sich Geld verdienen, auch wenn die Gewinnspanne nicht sehr hoch ist. Wir profitieren davon, dass wir in unseren Lokalen über die Mittagszeit viele Wechsel haben. So verkaufen wir auf einer relativ kleinen Fläche in kurzer Zeit vergleichsweise viele Suppen.» Sie beziffert die Gewinnspanne, die sie erwirtschaftet, auf zwischen 20 und 25 Prozent.

Natalie Kaden schätzt, dass sie etwas mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit als Geschäftsfrau mit administrativen und buchhalterischen Aufgaben beschäftigt ist. Von der Menüplanung bis zum Waschen von Kochschürzen macht die umtriebige Chefin alles selbst. Die restliche Zeit verbringt sie als Köchin zusammen mit ihren Mitarbeitenden am Herd und bereitet alte und neue Kreationen zu. Arbeitstage mit bis zu zwölf Stunden Präsenzzeit sind keine Seltenheit. Neben dem Kerngeschäft setzt das «So’up» auch auf Cateringaktivitäten für Anlässe oder private Gesellschaften, wobei dieses kulinarische Angebot von Suppen über Amuse-Bouches bis hin zu einem Käsebuffet reicht. Dieses Geschäftsfeld bilde eine willkommene Alternative und sei finanziell lukrativ, so die Suppenbar-Besitzerin.

Ihre Freizeit verbringt Natalie Kaden mit ihrem Partner und ihrem fünfjährigen Sohn oder mit Freunden. Zu Hause gewinnt sie Abstand vom hektischen Tagesgeschäft, indem sie nach Feierabend Bücher liest, sich Filme anschaut oder kocht. Klar ist: Auf Natalie Kadens Speisezettel stehen dann mit Garantie keine Suppen, sondern Pasta, Fleisch oder Fisch.

Suppenbars in der Schweiz
STREIFZUG Suppenessen ist «en vogue», und das nicht nur in den USA, Grossbritannien oder Deutschland, sondern auch in der Schweiz. Mitte der 1990er-Jahre entdeckten gehetzte Börsenmakler rund um die New Yorker Wall Street Suppen als schnelle Mittagsmahlzeit. Seither gehören Suppenrestaurants in Grossstädten – neben traditionellen Speiserestaurants, Fast-Food-Lokalen oder Sandwich-Läden – zum gastronomischen Basisangebot. Suppenrestaurants gibt es hierzulande unter anderem in Genf (Soup up, Green Spot), Schaffhausen (Suppenglück) der in Brugg (Souperbe Suppenbar). Zwei der bekanntesten Suppenbars der Schweiz befinden sich in Zürich und Bern.
ZÜRICH In Zürich ist das «Limmat-Lädeli» eine Institution. Dieses Lokal, Ende 2001 eröffnet, gilt als eine der ersten und ältesten Suppenküchen der Schweiz. Vor allem über die Mittagszeit ist der Andrang jeweils enorm; so kommt es relativ oft vor, dass die Kunden bis auf die Strasse Schlange stehen. In dem gemütlich eingerichteten Lokal bereiten Küchenchefin Rahel Friedli und ihr Team Suppen zu. Von Montag bis Freitag stehen von 11 bis 17.30 Uhr fünf hausgemachte Varianten im Angebot, die Kreationen wechseln wöchentlich. Pro Tag gehen rund 300 Portionen über die Ladentheke – durchschnittlich 120 bis 150 Liter. Zu den Suppen erhält der Kunde Brot und eine Frucht. Rauchwürste, Fleischkäse, Kuchen und Desserts sowie Getränke ergänzen das Angebot. Das «Limmat-Lädeli» ist ausschliesslich auf den Take-away-Bedarf ausgerichtet.
«Limmat-Lädeli», Limmatstrasse 259, 8005 Zürich

BERN In Bern offeriert die «La Soupe Bar» seit Juni 2003 verschiedene frische und hausgemachte Suppen. Laut Firmengründerin und -betreiberin Lilly Kilchenmann ist die «La Soupe Bar» die älteste und einzige Suppenbar Berns. Die Auswahl ist gross und umfasst zehn bis zwölf Kreationen, das Angebot wechselt saisonal. Zu einer Suppe (4,5 dl) werden kostenlos Vollkornbrot sowie Wasser serviert. Ausser Suppen führt die «La Soupe Bar» Salate, Birchermüesli und Getränke in ihrem Sortiment. Die in Ecuador aufgewachsene Lilly Kilchenmann betreibt die Suppenbar mehrheitlich alleine, bei Bedarf helfen ihr Teilzeitmitarbeitende. Der Gast kann seine Suppe auch als Take-away mitnehmen. Die «La Soupe Bar» ist von Montag bis Freitag von 8.30 bis 14 Uhr geöffnet.
«La Soupe Bar», Belpstrasse 67, 3007 Bern, www.lasoupe.ch

 

 

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