«der arbeitsmarkt» 01/2005

Gut gekleidet ist halb engagiert

Wer sich vorstellt, sollte die Kleiderfrage nicht vernachlässigen: Das gewählte Outfit zeigt, ob sich der Kandidat oder die Kandidatin der Bedeutung der zu vergebenden Stelle bewusst ist.

«Erwartet der Arbeitgeber einen dynamischen Mitarbeiter, erwartet er dies auch vom Kleiderstil der Person», erklärt Anita Brandenberger, Geschäftsführerin des Fachverbandes Schweizerische Farb- und Modestilberatung (FSFM) aus Hinterkappelen. Denn neben guten Qualifikationen und einer guten Bewerbung zählt beim Vorstellungsgespräch auch die Kleidung. Sie sollte deutlich machen, dass sich der Bewerber der Bedeutung der zu vergebenden Position bewusst ist und das Unternehmen repräsentieren kann. Die Garderobe ist mit Vorteil auch der Stellung, den Anforderungen hinsichtlich Geschäfts- und Kundenkontakten und den beruflichen Rahmenbedingungen angemessen.
Der Bewerber oder die Bewerberin sollte die Fähigkeit zeigen, sich anzupassen. Sorgfältig ausgewählte Kleidung ist Ausdruck der Wertschätzung anderer: Wer hier nachlässig ist, könnte dies auch im Job sein. Kleidung hebt zudem das Selbstbewusstsein, wenn sie die eigene Persönlichkeit unterstreicht. Psychologische Untersuchungen zeigen, dass die Äusserungen gut gekleideter Menschen als kompetenter empfunden werden, selbst wenn sie inhaltlich mit denen schlecht gekleideter übereinstimmen.

Jupe und Blazer statt Mini und Ausschnitt

Grundsätzlich empfehlen die Experten, sich weder over- noch underdressed beim neuen Arbeitgeber vorzustellen. Bewährt sind etwa Kombinationen mit Blazer, Jupe oder Hose aus dunklen Unistoffen, Nadelstreifen, Wollestoffen oder dezentem Tweed. Grau etabliert sich im Moment, der Kostümstil aus den Büros der Vierzigerjahre liegt im Trend. Doch genauso gut passt ein Kostüm im Nadelstreifenstil mit langem Jupe in Pencil-Form (Bleistift) und Blazer, kombiniert mit schlichten Akzenten. Dazu eignet sich eine Bluse mit Pullunder darüber. Eine Bluse signalisiert ein reiferes Auftreten, ein Shirt dagegen wirkt mädchenhafter. Doch ob eine Frau eine Bluse beim Vorstellungsgespräch tragen will, ist stilabhängig.
In einigen Branchen ist ein Deuxpièces Pflicht, wie beispielsweise bei Banken und Versicherungen. Eine Bewerberin sollte jedoch nicht zu männlich erscheinen. Von einem Minirock wird ebenfalls dringend abgeraten: Kürzer als eine Handbreit über dem Knie darf der Rock nicht sein. Der Ausschnitt sollte da enden, wo die Achselhöhlen beginnen.

Gedeckte Farben und konservative Schnitte

Auch für Herren ist gepflegte Kleidung wichtig. «Wir empfehlen einen Anzug», erklärt Florian Michl, Pressesprecher bei der UBS in Zürich: «Die Bewerber sollten sich für ein Vorstellungsgespräch perfekt anziehen.» Dies bestätigt auch Daniela Hauri, Filialleiterin bei WE Men in Zug. «Je konservativer die Branche, seien es Banken oder Versicherungen, desto konservativer sollte auch die Kleidung beim Vorstellungsgespräch sein», erklärt Daniela Hauri. Zwingend sei für Männer nach wie vor Anzug mit Hemd und Krawatte. Eher gedeckte Farben wie Schwarz, Anthrazit oder Dunkelblau werden erwartet. «Wenn jemand sehr modisch ist, kann er einen braunen oder blauen Anzug mit Pink, Orange oder Lila kombinieren», erklärt Daniela Hauri weiter. Wichtig sei zudem, dass Gurt und Schuhe dieselbe Farbe hätten.
Aber nicht immer ist ein Anzug die beste Lösung. In New-Economy-Unternehmen etwa können Schlips und Kragen eine eher abschreckende Wirkung haben. «In diesen Branchen sind die Kleidungsvorschriften lockerer, da reicht ein gepflegtes Casual mit Jeans und Pulli», so Daniela Hauri. Je mehr Aussenkontakte ein Job erfordert, desto mehr Wert wird auf ein repräsentatives Erscheinungsbild gelegt. Lockerer sind die Kleidersitten auch in der sich ständig verändernden Medienwelt. «Bei uns gibt es bei Vorstellungsgesprächen keine Kleidervorschriften», sagt etwa Juliana Beeler, HR Consultant von der Bluewin AG in Zürich: «Jeder darf seinen eigenen Stil haben.»

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