«der arbeitsmarkt» 10/2007

Eine Malocherin gibt auf

Gery Nievergelt über den unerwarteten Abgang von Edith Gitermann, Leiterin der Abteilung Qualifizierung für Stellen Suchende im Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich.

Edith Gitermann tritt auf Ende September zurück. Die am 6. September per Mail verschickte Meldung war denkbar knapp, eine Begründung für die Trennung gab es nicht. Dementsprechend gross war die Überraschung, und das nicht nur in der Zürcher AMM-Szene. Immerhin hat sich die Chefin der Abteilung Qualifizierung für Stellen Suchende (QuS) mit pointierten Aussagen, forschem Auftreten und einem linearen Abbau von Programmplätzen um 25 Prozent innerhalb des zweiten Arbeitsmarktes über die Kantonsgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Zudem wurde ein wichtiger Prozess eben erst abgeschlossen, nämlich die 2007 fällige gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibung für die Programmanbietenden im Kanton. Gerade in Zeiten des Konjunkturaufschwungs und damit sinkender Arbeitslosenzahlen ist diese Prozedur alles andere als blosse Pflichtübung, bietet sie doch Gelegenheit zur Anpassung an den Markt und zur Überprüfung der Qualitätsstandards. 67 Angebote waren eingereicht worden, bloss 44 erhielten den Zuschlag. Die Stimmung unter den kantonalzürcherischen Programm-anbietenden war auch schon besser.
Und nun tritt die QuS-Chefin nach sieben Jahren zurück. Verständlich, dass es in der Gerüchteküche brodelt. Da und dort wird über eine Freistellung spekuliert, man munkelt über Gitermanns Gesundheitszustand. Die Abtretende selbst könnte für Klarheit sorgen. Sie schweigt jedoch eisern – auch gegenüber unserer Zeitschrift.
Auskunft erteilt stattdessen ihr Vorgesetzter, Bruno Sauter, nicht unglücklich, einiges klarstellen zu können. Der AWA-Chef versichert, er bedaure ausserordentlich, dass Edith Gitermann das Amt verlässt. In ihr verliere er eine «super zuverlässige, engagierte Mitarbeiterin», mit der es nie Probleme gegeben habe. Eine Trennung wegen inhaltlicher Differenzen weist Sauter deshalb entschieden zurück und resümiert: «Sie hat nichts falsch gemacht.»
Nichts Falsches, aber viel und wahrscheinlich zu viel. Die korrekte Durchführung einer Ausschreibung ist arbeitsintensiv, vor allem dann, wenn man es ganz besonders gut machen will. Wenn dann noch bewährte Mitarbeitende das Team verlassen – aus unterschiedlichen Gründen, wie man im AWA betont –, wird eine solche Übung zur Sisyphusarbeit. «Sie hatte in letzter Zeit wenig Support», erinnern sich ehemalige Weggefährten. Bekannt ist aber auch, dass die tüchtige Beamtin die Fäden gern selbst in Händen hielt. Im Grunde war Edith Gitermann die Abteilung QuS, und das kann auf Dauer nicht funktionieren.
Der prominente Abgang hat deshalb auch innerhalb des AWA etwas in Gang gesetzt. Bruno Sauter lässt derzeit die betreffende Abteilung analysieren mit dem Ziel, organisatorische Verbesserungen zu erreichen, etwa indem man die Arbeitsbelastung klüger aufteilt. Inhaltlich dagegen wird sich bei der QuS vorerst nichts ändern. Zwar ist die definitive Nachfolge noch nicht geregelt, aber am eingeschlagenen Kurs ändert sich nach dem Willen des AWA-Chefs nichts. Wie Gitermann ist Sauter dezidiert der Meinung, dass es bei den AMM zuallererst um raschestmögliche Wiedereingliederung gehen müsse. Er fordert überdies, dass Kosten und
Qualität der Angebote auch nach erfolgter Ausschreibung weiter optimiert werden.
Der Druck auf die Programmanbietenden wird also mit dem Ausscheiden der «Hardlinerin» nicht kleiner. Auffallend ist jedoch, dass deren Arbeit im Nachhinein selbst von jenen gewürdigt wird, die zu den Verlierern im Restrukturierungsprozess zählen oder das kürzlich verabschiedete restriktive Finanzreglement kritisieren. Man attes-tiert ihr einen dynamischen Führungsstil, hohe Sachkompetenz und Entscheidungsfreudigkeit; sie war, sagt eine Insiderin, «mit Herzblut dabei». In Erinnerung bleiben werden andererseits ihr Hang zu Pedanterie und die Dünnhäutigkeit im Umgang mit Kritik.
Doch kein Zweifel, mit Edith Gitermann verliert der zweite Arbeitsmarkt eine Persönlichkeit. Bruno Sauter, sich in positivem Denken übend, formuliert das so: «Die Abgänge der letzten Monate beweisen, wie begehrt die Mitarbeitenden des AWA Zürich auf dem ersten Arbeitsmarkt sind.» Dass mit der steigenden Konjunktur die Abwanderungsgelüste zunehmen, könnte für den zweiten Arbeitsmarkt allerdings zum Problem werden. In den letzten Jahren haben dort hoch qualifizierte Arbeitskräfte für ein vergleichsweise hohes Niveau gesorgt. Sie zu ersetzen, dürfte nicht überall gelingen.
Doch was bedeuten Sauters Worte im Fall Gitermann? Wechselt die Chefbeamtin, die vor ihrer AWA-Ära als Krippenleiterin, Sozialpädagogin und Ausbildnerin bei der Migros arbeitete, in die Privatwirtschaft? Genaueres weiss offenbar niemand, sie wird sich wohl erst einmal gründlich erholen. Wie auch immer, wir wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.

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