«der arbeitsmarkt» 02/2005

«Die Zahl der Süchtigen wird weiter wachsen»

Spielsucht wird immer mehr zu einem ernsthaften gesellschaftlichen Problem. Was bedeutet das für die Situation am Arbeitsplatz? Sharon Katz von der Suchthilfe AVS des Bezirks Baden nimmt Stellung.

«der arbeitsmarkt»: Gegen 50000 Personen in der Schweiz haben gemäss der kürzlich veröffentlichten BASS-Studie* ein Glücksspiel-Suchtproblem. Ist damit der Höhepunkt erreicht?
Sharon Katz: Leider nein. Der Glücksspielmarkt in der Schweiz wurde geöffnet. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Süchtigen weiter anwachsen wird. Die Öffentlichkeit wie auch die Politik sind noch nicht so stark für die Problematik sensibilisiert wie für andere Suchtprobleme. Das Thema ist noch neu.

Immerhin werden in diesem Frühjahr die Geldspielautomaten in Restaurants und Bars verboten.
S.K.: Ja. Aber eine neue Generation von Spielautomaten, welche die Gesetzeslücken ausnutzt, steht schon bereit. Zudem gibt es auch andere Möglichkeiten zu spielen, wie im Internet oder illegale Spielaktivitäten.

Welchen Einfluss hat die Spielsucht auf die Situation am Arbeitsplatz?
S.K.: Grundsätzlich werden Personen mit einer Glücksspielproblematik als arbeitsfähig eingeschätzt. Probleme bei der Arbeit gibt es vor allem bei Absenzen, Konzentrationsstörungen und wenn am Arbeitsplatz delinquiert wird.

Aus der BASS-Studie geht hervor, dass Berufsgruppen mit unregelmässigen Arbeitszeiten, wie etwa im Gast- oder Transportgewerbe, besonders gefährdet sind. Ist das auch Ihre Erfahrung?
S.K.: Die Spielsucht scheint mir eher typen- und ereignis- als berufsabhängig zu sein. Wenn man verallgemeinern will, so scheint mir, sind Personen, die beruflich viel unterwegs sind und immer wieder Pausen haben, gefährdeter als andere.

Präventive Massnahmen drängen sich also noch nicht auf?
S.K.: Da bin ich anderer Meinung. Die Arbeitgeber sollten bereits jetzt für das Problem sensibilisiert, auf breiter Basis vorbereitet und beraten werden. Was die Suchtprävention betrifft, sind vor allem die grösseren Unternehmen bis heute einseitig auf alkohol- und drogensüchtige Arbeitnehmende ausgerichtet.

Kann ein schwer Spielsüchtiger krankgeschrieben werden?
S.K.: Ja, das kann er. Wenn er wegen der Spielsucht und der damit zusammenhängenden Probleme stationär in eine Klinik zur Therapie eingewiesen wird. In der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich gibt es zum Beispiel eine eigens für Glücksspielabhängige eingerichtete Abteilung. Ambulant erfolgt eine Krankschreibung, wenn die Spielsüchtigen psychisch dekompensieren, gar nicht mehr arbeitsfähig sind und erst wieder Stabilität erlangen müssen.

Was spielen Sie selbst?
S.K.: (Lacht.) Nur Gesellschaftsspiele. Ich habe einmal das Casino Basel besucht. Ich habe eine für mich irreale Welt angetroffen, die nicht die meine ist. Aber es war sehr spannend für mich, diese Erfahrung machen zu dürfen.

Zur PDF-Version: