«der arbeitsmarkt» 06/2005

Die Walliser Kampfansage an mangelnde Motivation

Mit Motivationssemestern ist im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit schon einiges
gewonnen.e

In der französischen Schweiz liegt die Quote der Jugendarbeitslosigkeit generell höher als in der Deutschschweiz (6,2 Prozent gegenüber 4,7). Daher wurden in der Romandie schon früh Gegenmassnahmen geplant und in Kraft gesetzt. Im September 1994 präsentierte die Walliser Stadt Monthey das Motivationssemester (SeMo), das nach dem erfolgreichen Pilotversuch auch von  Städten wie Sion und Martigny übernommen wurde. Die drei SeMo bieten zusammen rund 140 Stellen an. Das sind fünfmal mehr Teilnehmende als noch vor zehn Jahren. Finanziert wird das SeMo durch die schweizerische Arbeitslosenversicherung.

Wertvolle Kontakte zur Arbeitswelt

Junge Leute ohne Lehrstelle haben ein Semester lang die Gelegenheit, sich mit der eigenen beruflichen Entscheidungsfindung auseinander zu setzen und sich für die Stellensuche zu motivieren. Frischgebackene Schulabgänger ohne Lehrstelle oder Lehrlinge, die ihre Lehrzeit abgebrochen haben, sollen in der Wahl ihres Bildungsweges am Draht bleiben können. Denn die Motivation, sich aktiv zu bewerben, sinkt mit jedem weiteren Tag ohne schulische oder berufliche Struktur.
Integriert in eine feste Arbeitsstruktur, erwerben die Teilnehmenden im SeMo neue Kenntnisse und lernen wichtige Arbeitstechniken. Vor allem können sie wertvolle Kontakte zur Arbeitswelt knüpfen. Zu diesem Zweck werden Besuche in Unternehmen organisiert. Auf dem Stundenplan stehen Fächer wie Französisch, Deutsch, Mathematik und Sport. Dazu kommen praktische Einsätze in Ateliers. Vor allem handwerkliche Berufszweige wie Schreinerei, Schneiderei und Bildhauerei sind vertreten, aber auch Gastronomie und Administration.
Mittlerweile hat sich das Westschweizer Modell auch in der deutschen und italienischen Schweiz durchgesetzt. Waren 2004 insgesamt 7254 junge Arbeitslose in einem SeMo beschäftigt, sind es dieses Jahr bereits 5500 aus der deutschen und 1700 aus der französischen Schweiz. Ziel des seco für dieses Jahr ist, Plätze für 10000 Personen besetzen zu können. Letztlich entscheiden jedoch die Kantone über das erweiterte Angebot.
60 Prozent derjenigen, die ein SeMo beginnen und frühzeitig beenden, finden dennoch eine Lehrstelle. Vier von fünf Teilnehmenden, die das Programm regulär beenden, können einen Lehrvertrag unterschreiben. Im Wallis sind es sogar etwas mehr. Die Erfolgsquote hat in den letzten Jahren jedoch leicht abgenommen. Simon Zysset von der Koordination Deutschschweizer SeMo sieht die Gründe dafür in der schwierigeren Wirtschaftslage und dem anhaltenden Lehrstellenmangel. Mitverantwortlich seien auch die teilweise grossen psychosozialen Schwierigkeiten und Motivationsprobleme der Teilnehmenden. Der Mangel an Lehrstellen sei gross, bestätigt auch Alan Granger, Koordinator der SeMo Westschweiz. Zudem würden die Anforderungen an eine Lehrstelle immer höher geschraubt und immer weniger Unternehmen erklärten sich bereit, die Verantwortung zur Lehrlingsausbildung zu übernehmen und für die Kosten alleine aufzukommen.

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