«der arbeitsmarkt» 04/2005

Den Anforderungen des Arbeitsmarkts gewachsen

Eine vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco)
in Auftrag gegebene Studie belegt: Arbeitsmarktliche Massnahmen werden heute professionell konzipiert und umgesetzt.

Heute kann die Arbeitslosigkeit fast jede Person treffen, egal welchen Alters sie ist und welche Berufsqualifikationen sie vorweisen kann. Um den stetigen Veränderungen und Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden, musste eine neue Strategie zur Wiedereingliederung von Stellenlosen entwickelt werden. Mit der Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes im Jahr 1997 wurde dieses Anliegen umgesetzt. Zudem wurden neue arbeitsmarktliche Massnahmen formuliert.
Was hat die Reform bewirkt? Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) wollte es genauer wissen und gab bei Interface, dem Institut für Politikstudien in Luzern, eine umfassende Studie in Auftrag. Nun liegen die Ergebnisse im Schlussbericht «Studie zur Professionalisierung der arbeitsmarktlichen Massnahmen seit 1997» vor.
Mit der Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der daraus abgeleiteten Wiederintegrationspolitik verfügen die Kantone heute über einen grösseren Handlungsspielraum. Sie können gezielt und rasch auf die Probleme des regionalen Arbeitsmarktes und dessen Anforderungen reagieren. Um Probleme und Anforderungen auch zu erkennen, werden im Auftrag des seco durch die Institute ORTE und AMOSA laufend Erhebungen in der gesamten Schweiz durchgeführt. Nebst diesen Quellen wurden für die Studie auch die
nationalen Statistiken zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit wie auch der arbeitsmarktlichen Massnahmen ausgewertet. Eines der Resultate zeigt, dass seit 1997 im Gegensatz zu vorher die Arbeitslosenquote parallel zur Anzahl der arbeitsmarktlichen Massnahmen verläuft.

Die Massnahmen verknüpfen Theorie und Praxis

Vor allem aber belegt die Studie Folgendes: Die Wiedereingliederungsmassnahmen sind heute qualitativ hochstehend. Die Vollzugsbehörden der Kantone, die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), haben sich im Laufe der Zeit Know-how aufgebaut und Instrumente erarbeitet, um wirkungsvolle Massnahmen initiieren zu können.
Die heutigen Massnahmen verknüpfen Theorie und Praxis und sind auf die aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet. Die Kantone entwickelten zusammen mit externen Firmen, den heutigen Anbietern von arbeitsmarktlichen Massnahmen, Massnahmenpakete, die beispielsweise im Rahmen von persönlichkeits-orientierten Kursen, Motivations- und Sprach-kursen und in Programmen und Projekten zur vorübergehenden Beschäftigung umgesetzt werden. Zwischen den RAV und den Anbietern von arbeitsmarktlichen Massnahmen werden Zielvereinbarungen getroffen, in welchen festgelegt wird, welche Ziele und Wirkungen mit den erarbeiteten Massnahmenpaketen zu erreichen sind.
Aus der Wiederintegrationspolitik ergibt sich, dass Anbieter von arbeitsmarktlichen Massnahmen eine breite und differenzierte Palette von Qualifizierungsmassnahmen für Ungelernte bis zu Stellenlosen aus dem Topmanagement anbieten. Dies macht es möglich, für die jeweilige Person die jeweils richtige Massnahme zu finden.
Konkret haben die Verfasser der AMM-Studie aus der Vielzahl der angebotenen arbeitsmarktlichen Massnahmen sechs aktuelle Projekte genauer untersucht. Es ist ein schweizerischer Querschnitt, der aufzeigt, wie einzelne Kantone und Anbieter auf die Herausforderung der Arbeitslosigkeit reagiert haben. Illustriert wird zum Beispiel, wie der Kanton Bern auf die Deutschförderung für fremdsprachige Stellensuchende eingeht oder was Basel-Stadt mit dem Projekt Job-Training aktiv gegen die Jugendarbeitslosigkeit unternimmt.

Mehrere Königswege führen zum Ziel

Im Beispiel aus dem Kanton Zürich wiederum geht es um ein Programm, das sich an von der Arbeitslosigkeit betroffene hoch qualifizierte Kader- und Fachpersonen wendet. Im Zeitraum von 2001 bis 2003 hat sich die Zahl dieser Personengruppe verdreifacht. Der Kanton reagierte rasch auf das neue Phänomen der Kaderarbeitslosigkeit und hat mit dem Projekt Skipper ein innovatives Projekt ins Leben gerufen. Innovativ deshalb, weil es einen anderen Ansatz der Wiederintegration wählt. Bei der Kaderarbeitslosigkeit stellt sich nicht das Problem der beruflichen Qualifikationen. Die Personen sind in der Regel sehr gut qualifiziert und verfügen über langjährige Berufserfahrungen. Sie haben ihre Stelle aufgrund der strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt verloren. «Skipper» ist deshalb ein persönlichkeitsorientierter Kurs. Jeder Teilnehmer soll sich gezielt mit seiner eigenen Persönlichkeit und mit seinen Stärken auseinander setzen. Es wird gecheckt, über welche einzigartigen Fähigkeiten jemand nebst der beruflichen, fachlichen Qualifikation verfügt. «Es gibt eben nicht nur einen Königsweg zum Ziel», sagt der Initiator Heinz Wyssling von der Migros Klubschule.

Schwierig messbare Erfolgsquote

In «Skipper» sollen die Teilnehmenden befähigt werden, ihren Mehrwert klar zu erkennen und diesen auch zu kommunizieren. Sie lernen während 23 Tagen einiges über proaktive Bewerbungsstrategien und über das gezielte Ausnützen von Netzwerken. Skipper ist ein gesamtheitliches Konzept, welches sich auch mit der Work-Life-Balance auseinander setzt: Sportliche Aktivitäten stehen ebenfalls auf dem Programm.
Seit 1997 wurden in der Schweiz nicht nur Konzepte für arbeitsmarktliche Massnahmen entwickelt, sondern auch Qualitätssysteme eingeführt. Diese sind je nach Kanton und Massnahme unterschiedlich. Die Erfolge der einzelnen Massnahmen sind zum Teil auch schwieriger messbar. So müssen Massnahmen im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit anders betrachtet und bewertet werden als Massnahmen im Bereich der Kaderarbeitslosigkeit. Zudem spielen die Gegebenheiten und die Arbeitslosigkeit vor Ort eine wichtige Rolle, wenn es um erfolgreiche Wiedereingliederung geht. Für die Qualitätssicherung und deren Weiterentwicklung finden regelmässige Erfahrungsaustausche zwischen Anbietern und den Kantonen statt. Hinzu kommt, dass Teilnehmende von arbeitsmarktlichen Massnahmen regelmässig zu den einzelnen Massnahmen befragt werden.
All dies wird in der Studie des Instituts Interface mitberücksichtigt. Was die Massnahmen bewirken, wird in weiteren Studien untersucht. Diese Ergebnisse sollen Anfang 2006 vorliegen.

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