19.06.2018
FOTOS UND TEXT: Bruno Bolinger
Porträt einer Hundecoiffeuse

Wuff. Waschen, föhnen, schneiden bitte.

Ja, auch Hunde und Katzen haben Coiffeurtermine. Zum Beispiel bei Michaela Burgener (43). Sie sorgt für tierisches Wohlbefinden in Wohlen (AG).

Rund 15 000 Coiffeursalons für Menschen gibt es in der Schweiz. Etwa 500 sind es für Vierbeiner. An prominenter Lage in Wohlen arbeitet Michaela Burgener seit einigen Monaten als Coiffeuse im «Hundesalon Besser». Die dreijährige Ausbildung hat sie schon mit 19 Jahren abgeschlossen. Das verlangte Wissen hat es in sich. Rassekunde, Anatomie, Krankheitsbilder, Tierpsychologie und Ernährung sind einige der wichtigen Fächer. Auch wenn sie nach der Ausbildung andere Anstellungen hatte, ist sie den Hundenasen und Katzenpfoten immer treu geblieben und hat dank der eigenen Hunde die Routine im Job immer behalten.

Hunde sind hier Kunden
Viel Übung, viel Tierliebe und viel Wissen braucht es dazu. Das sieht und spürt man. Michaela geht mit den ihr anvertrauten Tieren so locker um, als seien es ihre eigenen. Berührungsängste kennt sie keine, und die Geduld für die Vierbeiner scheint sie sowieso im Blut zu haben. «Jede Rasse hat ihre Eigenheiten, und ich nehme jeden Hund einfach genau so, wie er ist. Er darf frech sein, und er darf auch austesten, wo die Grenzen liegen. Dies ist vor allem bei jungen Hunden und bei Hunden, die zum ersten Mal hier sind, sehr wichtig. Sie sollen ein positives Erlebnis haben.» Dies erzählt sie uns in einer kurzen Pause zwischen zwei Terminen, denn während der Arbeit ist sie konzentriert und voll und ganz in die Arbeit vertieft.



Das Beautyprogramm verlangt vollen Einsatz
Während die eine Hand mit der Schermaschine oder Schere präzise das Fellkleid kürzt, lenkt die andere Hand geschickt den Hund und seine Bewegungen. Parallel dazu spricht sie mit ihm liebevoll, lobt, fordert auch, hebt Pfoten hoch, hält die Schnauze zu und animiert dazu, schön brav und ruhig zu bleiben. Sie kennt Hunde gut genug und weiss genau, welchen Grad an Nervosität diese ertragen und wann es allenfalls zu viel wird. Das Beautyprogramm ist mit Waschen, Unterhaarausbürsten und einem Haarschnitt allerdings noch lange nicht erfüllt. Weitere Leistungen wie Krallenkürzen, Pfotenpflege, Ohr- und allenfalls Zahnhygiene kommen dazu, Beratungsgespräche mit den Hundehaltern sowieso.

Dafür braucht es Zeit. Eineinhalb bis zwei Stunden für eine tiergerechte und stressfreie Rundumbehandlung gehören bei Michaela zum üblichen Rahmen. Länger wäre meist zu viel. Zuviel sind auch Kundenwünsche, die sich gegen das Tierwohl richten, wie etwa Färben oder Dauerwellen. Solche Anliegen sind hier tabu.
 

Das Schaufenster von «Besser», dem von uns besuchten Hundesalon in Wohlen (AG). Michaela Burgener, Hundecoiffeuse, freut sich auf Kundschaft. Scherköpfe zur Schermaschine in allen Haarlängen und Ausführungen. Die Ausstattung ist zweckmässig, der Arbeitstisch stufenlos höhenverstellbar. Konzentriertes Arbeiten mit der Schermaschine. Ja, auch die Schnauzenhaare müssen kürzer werden. Scheren und Scheren, für jede Aufgabe die richtige. Frisch gebadet und einmal frottiert. Föhnen und Unterwolle herausbürsten. Nun folgt der Haarschnitt. Hier mittels Effilierschere von Hand. Klassische Schere, Drahtkamm, Effilierschere, Klauenzange (v.l.n.r.). Hundewäsche. Ja, auch der Kopf wird shampooniert. Das ist das erste Mal, und ich weiss noch nicht, ob mir das gefällt. Jetzt auch noch das. Muss das sein? Auch den Föhn muss man erst einmal kennenlernen. Einschalten, ausschalten, einschalten, ausschalten. Will ich das wirklich? Die warme Luft trocknet das Fell. So, endlich Haareschneiden. Pfotenhaare kürzen, auch die zwischen den Zehen, denn dort sammelt sich mit vielen Haaren auch viel Dreck. Im Gehörgang überflüssige Haare entfernen. Das beugt Ohrenentzündungen vor. Fast schon fertig. Nur noch Krallenschneiden. Pause. Bald ist ein neuer Kunde da. Alles zum Schneiden, Trimmen, Bürsten, Waschen. Ob gross oder klein, die Unterwolle darf nicht verfilzen und muss raus. Und weil der Hund noch ganz jung ist, üben wir schon mal für später. Gebiss- und Zahnkontrolle. Schöne, spitze und gut angeordnete Milchzähne kommen zum Vorschein. Auch das passende «Gstältli» ist wichtig, und «Angeschirren» will geübt sein.

 
Was gefällt Michaela am besten an ihrer Arbeit? Lange braucht sie nicht für die Antwort.
«Es macht mich glücklich, wenn ich einen zufriedenen Kunden vor mir habe, einen, der entspannt und befreit ist.» Womit sie den Hund meint und nicht etwa den Besitzer. 



Kurze Pause. Zurückrufen und neue Termine vereinbaren, den Behandlungsplatz reinigen, einen Schluck Kaffee trinken und die vielen Haare auf der Arbeitskleidung wegbürsten. Oder wenn es wirklich schlimm juckt, reicht die Zeit für einen Kleiderwechsel.

Dann ist schon der nächste Kunde da. Ein unaufgeregter Königspudel. Wie schön.