28.03.2017
FOTOS UND TEXT: Alexander Breuer

Büroarbeit gehört dazu: Stefan Lauener in seiner Praxis.

Mein Tag als

Internist und Hausarzt

Stefan Lauener (39) erklärt, warum er gerne Batman wäre, weshalb Ärzte schlechte Patienten sind und was ihn und seine sieben Brüder bis heute verbindet.

«Von allen Superhelden wäre ich gerne Batman. Ihm wurden die Gaben nicht in die Wiege gelegt. Seine Fähigkeiten hat er sich antrainiert. Leistungen muss man sich eben hart erarbeiten.

Am Tor zum Emmental führe ich eine Hausarztpraxis und begleite meine Patienten auf ihrem Heilungsprozess. Besonders schätze ich den Arbeitsrhythmus und die intellektuelle Herausforderung. Sprechstunde am Patienten und Büroarbeit wechseln sich ab, wobei der Büroaufwand immer grösser wird. In den glücklicherweise seltenen Fällen, in denen ich selbst erkranke, behandle ich mich mit den üblichen Mitteln selbst. Muss ich zuhause bleiben, wird mein Sprechstundentag umorganisiert, was sehr aufwendig ist. Falls nötig, statte ich meinem Hausarzt einen Besuch ab. Dazu muss ich sagen, dass Ärzte schlechte Patienten sind. Es fällt schwer, sich selbst zurückzunehmen und nicht schon vorab zu diagnostizieren, welche Therapie Erfolg verspricht.

«Ärzte sind schlechte Patienten.»

Vor Arbeitsbeginn treffe ich in der Praxis letzte Vorbereitungen. Um 7.45 Uhr kommt der erste Patient. Dann beginnt die Sprechstunde. Um 12 Uhr folgt mein Versuch, Mittagspause zu machen. Dies gelingt nicht immer, da ich die Pause oftmals dazu verwende, Büroarbeiten zu erledigen. Ab 13.30 Uhr folgt der gleiche Ablauf wie am Vormittag. Im Anschluss räume ich das Büro auf und schreibe Berichte. Da ich immer Lehrlinge ausbilden wollte, absolvieren in meiner Praxis derzeit zwei junge Frauen eine Ausbildung zur Medizinischen Praxisassistentin.

Es gibt schwierige Momente, die einen neben dem Fachlichen auch emotional fordern. Einmal stand der Fahrer eines Patienten in meiner Praxis – allerdings alleine. Als er den Patienten zur geplanten Untersuchung zuhause abholen wollte, sass dieser apathisch auf einem Stuhl und reagierte nicht. Wir fuhren sofort zusammen hin und fanden ihn regungslos auf dem Boden liegend vor. Ich untersuchte den 88-Jährigen, der unter einer schweren Herzkrankheit litt. Ich stellte kein Lebenszeichen fest. Für ihn kam jede Hilfe zu spät.

Ich entstamme einer zehnköpfigen Grossfamilie. Wir acht Brüder sind auf 16 Jahre verteilt. Ich bin der Viertälteste. Da meine Grossfamilie nicht weit verstreut wohnt und wir die gleiche Kirchgemeinde besuchen, sehen wir uns dort regelmässig einmal die Woche. Dennoch wünsche ich mir, ich könnte sie noch öfters sehen. Einmal im Jahr haben wir ein mehrtägiges Familientreffen in den Bergen. Wir versuchen, einmal im Monat zusammen zu singen, am liebsten Schweizer Folklore und Popmusik. Mein Vater begleitet uns manchmal auf dem Klavier.

Die Abenteuer und das Kräftemessen mit meinen sieben Brüdern kamen nie zu kurz. Das gefiel mir als Bub extrem. Zum Beispiel seilten wir uns mit einem Abschleppseil aus dem ersten Stock ab. Das eine Ende befestigten wir an einem Schreibtischbein. Dann kletterten wir zum Fenster hinaus. Ich wünschte mir immer eine Schwester. Als ich dann selbst drei Töchter bekam, war meine Freude gross.

«Die Abenteuer und das Kräftemessen mit meinen sieben Brüdern kamen nie zu kurz.»

Meine Familie hat für mich einen grossen Stellenwert. Ich verbringe möglichst viel Zeit mit ihr. Ich möchte dabei sein, wenn die Kinder zu Abend essen und ins Bett gehen. Das ist aufgrund der Notfalldienste nicht immer möglich. Als Arzt bin ich ausgelastet und komme oft spät nach Hause. Der Gutenachtkuss meiner Kinder ist jedoch obligatorisch. Für sie bin ich bereit, alles stehen und liegen zu lassen. Dafür streiche ich dann auch mal Sprechstundenzeiten oder persönliche Interessen. Arbeit, Familie und Hobby unter einen Hut zu bekommen, ist unmöglich! (Lacht.) Das ist ein stetiger Kampf. Das Beste ist, sich auf den Moment zu konzentrieren.

Früher betrieb ich Kampfsport und Fussball, dann spielte ich Squash und Volleyball. Aus Zeitgründen musste ich das aufgeben. Vor Kurzem begann ich wieder mit Volleyball im VBC Langenthal und spiele in der zweiten Liga des Regionalverbandes Solothurn. Mein grösster sportlicher Erfolg war der Aufstieg in die erste Liga damals mit dem Team in Burgdorf.

Mein Rat an angehende Medizinstudenten: Seid euch bewusst, dass es eine intensive, aber lohnende Zeit wird. Verliert das grosse Bild nicht aus den Augen, Arzt zu werden. Letztendlich geht es darum, im medizinischen Alltag auf die Patienten eingehen und korrekte Diagnosen stellen zu können.»

Stefan Lauener bei der Untersuchung von «Hausi».