12.10.2017
FOTOS UND TEXT: Christine Walli
Mein Tag als Sprecher

Stephan Lendi in seinem eigenen Tonstudio

Profisprecher Stephan Lendi

Ein Tag als Sprecher

Stephan Lendi (36) verleiht Produkten und Unternehmen seine Stimme. Im Gespräch verrät der Profisprecher einige spannende Details seines Arbeitsalltags.

Der Morgen von Stephan Lendi beginnt fernöstlich. Als Japanliebhaber hat er sich seine drei bis vier Kaffees am Morgen abgewöhnt und frönt seither der morgendlichen japanischen Teekultur, bevor sein Arbeitstag beginnt. «Ein japanischer Grüntee verleiht mir ein sanftes, entspanntes Aufwachen mit viel Power», erklärt er.

Während er mir eine Tasse Tee einschenkt, beginnt Stephan, mir von seinem Arbeitstag zu erzählen. «Einen normalen Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Das ist aber genau das Schöne, dass ich nie weiss, was alles an einem Tag auf mich zukommt. Es kann durchaus sein, dass ich morgens die Off-Stimme bei einem chirurgischen Knieeingriff-Erklärvideo bin, wo lateinische Ausdrücke vorherrschen», sagt Stephan weiter. Anschliessend coache er über die Mittagszeit Bankangestellte, deren Ziel es ist, sich besser zu artikulieren. Am Abend stehe er dann selber vor einem Publikum und moderiere einen Event.

«Lethargie verabscheue ich.»

Zwischen seinen Terminen bekomme er immer wieder Anfragen, die er in seinem Arbeitstag auch noch unterbringen müsse. Sogenannte heisse Zeiten. Dann gäbe es wieder Phasen, da bleibe das Handy ausgeschaltet, damit er sich auf eine Aufnahme oder ein Gespräch konzentrieren könne.

In diesem Moment läutet sein Telefon, und der Profisprecher vereinbart sogleich ein Meeting mit einem grossen Uhrenhersteller. Stephan Lendi schaltet anschliessend sein Handy ganz aus und konzentriert sich wieder auf unser Interview. «Ich versuche, bei dem, was ich tue, immer Prioritäten zu setzen, um alles vereinbaren zu können. Denn überall stellt man an mich Deadlines, Erwartungen, und es herrscht eine gewisse Hektik. Lethargie verabscheue ich aber, da ist mir ein mit Abwechslung gespickter Alltag um einiges lieber.» 

Ein roter Faden durch seinen Tag sei ihm sehr wichtig. Allerdings sei vieles in seinem Arbeitsalltag nicht vorhersehbar, meint der MBA-Absolvent in globaler Kommunikation und Marketing. 

Im Gegenzug ist die Erwartungshaltung bei den Kunden ziemlich hoch. Da kann es ganz leicht zu Situationen kommen, wo er als Sprecher Vorschläge machen muss, um das zu liefern, was sich der Kunde wünscht.

«Der rote Faden kann auch manchmal einen Knopf bekommen.»

Neben Spontanität und Kreativität sei eine gute Vorbereitung das A und O. «Besonders bei einer Moderation ist es das Schlimmste, was passieren kann, wenn ich nicht genug Infos für meine Moderation erhalte. Dann bekommt der rote Faden einen Knopf», erzählt er, während wir das Wohnzimmer verlassen und er mir seinen Arbeitsbereich zeigt.

Gleich nebenan befindet sich ein kleines Studio mit isolierten Wänden. Die Technik blinkt in verschiedensten LED-Farben. Der Sprecher demonstriert gleich sein Tonstudio und liest Textvorschläge einer Agentur. Der aufgenommene Spot geht in ein paar Stunden bereits über den Sender. Wir hören uns noch gemeinsam einige von Stephan Lendi produzierte Werbespots an, und nebenbei erzählt er, woher seine Freude am Präsentieren eigentlich kommt.

Begonnen hat seine Sprecherkarriere im zarten Alter von zehn Jahren, bei einem seiner Auftritte als Zauberer. Ab diesem Zeitpunkt wusste Stephan Lendi, dass er beim Zuschauer und Zuhörer Emotionen auslösen kann. Das war seine persönliche Bestimmung. 

Zaubern tut er nicht mehr, obwohl es schon an Magie grenzt, wie der Profisprecher seinen Arbeitstag koordiniert.

«Meine Moderationen probe ich unter der Dusche.»

Heute steht noch ein Termin in Zürich an, wo Stephan am Abend für eine Eventmoderation bei der Jungen Wirtschaftskammer Zürich gebucht ist.

Dazu erzählt er mir: «Meine Moderationen überlege ich mir meistens vor meinem morgendlichen Grüntee in der Dusche. Dort spreche ich meine Moderationsabläufe durch, probiere Ideen aus, quatsche Begrüssungen vor mich hin und schreibe nach dem Duschen meine Strukturen für die Moderation auf Papier.» So auch die Moderation bei der Jungen Wirtschaftskammer Zürich.

«Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist mir wichtig.»

Angesprochen auf seinen doch sehr ausgefüllten Tag, relativiert der Moderator.

«Ich bin momentan sehr happy mit den Stunden, die ein Tag hat. Vor fünf Jahren hätte ich noch gesagt, ich bräuchte mehr Stunden. Je älter ich werde, desto wichtiger ist mir aber eine Work-Life-Balance.» Dabei braucht Stephan Lendi aber durchaus etwas Hektik in seinem für ihn perfekten Arbeitstag. 

Am Abend sind aber dann mit Freunden beim gemütlichen Zusammensein oder beim gemeinsamen Kochen Ruhe und Entspannung angesagt.

Aber selbst wenn er auf Reisen ist, kommt ein Mikrofon immer mit. Und so kam es, dass er bei seiner letzten Islandreise aus dem Hotelzimmer einen Spot aufnahm, der dann zwei Stunden später schon im Radio gesendet wurde. 

 

«Für mich ist es ein Privileg, Geschichten über Menschen oder Betriebe erzählen zu dürfen.»

Ein reiner Bürojob wäre nichts für ihn, weil ihm die Begegnungen mit den verschiedenen Menschen fehlen würden. «Als Sprecher, Coach und Moderator liebe ich den Austausch mit Menschen. Meine Neugier auf gerade diese Menschen führt mich täglich in verschiedenste Situationen. Der Austausch ist extrem spannend.» Für ihn sei es ein Privileg, Geschichten über Menschen oder Betriebe erzählen zu dürfen.

«Ein Schritt auf die Bühne, und die Hektik ist vergessen.»

Am Abend heisst es dann wieder: Showtime. Stephan Lendi führt als Moderator durch den Eventabend der Jungen Wirtschaftskammer. Fünf Minuten vor seinem Auftritt checkt er sein Mikrofon, wirft einen letzten Blick auf seine Moderationskarten und geht nochmals den Ablauf durch. Nervosität sei ein Teil seiner Arbeit, so der Profisprecher. Aber er habe gelernt, damit umzugehen und sein Lampenfieber auf ein Minimum zu reduzieren. «Sobald ich auf der Bühne bin, legt sich die Aufregung. Schon nach den ersten Begrüssungsworten ist die Hektik des Tages abgeschüttelt, und ich darf mein Publikum mit auf eine Reise nehmen.»

Eine Reise, die für Stephan Lendi mit einem Zaubertrick begann und die den Glanz des Augenblicks für ihn bis heute nicht verloren hat.

Hörprobe Stephan Lendi - Radiospot für QATAR AIRWAYS