18.06.2018
TEXT: Franziska MerzFOTOS: © Warner Bros. Entertainment

Wade Watts (Tye Sheridan) will den Schatz in der virtuellen Parallelwelt OASIS finden.

Virtuelle Zukunft

Schöne, heile Parallelwelt

Alltagsflucht erreicht in «Ready Player One» eine neue Dimension: Im Jahr 2045 entziehen sich die Menschen ihrem aussichtslosen Alltag, indem sie ihre Träume und Leidenschaften in einer virtuellen Parallelwelt ausleben. Eine Zukunftsvision, die angesichts des technischen Stands der virtuellen Realität nicht unrealistisch erscheint.

Was, wenn die Digitalisierung so fortgeschritten ist, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen fast schon notwendig erscheint aufgrund der raren Jobmöglichkeiten? Wenn alle fossilen Energieträger aufgebraucht sind und die Menschheit mehr oder weniger den Lebenssinn verloren hat? In «Ready Player One» flüchten sich die Menschen im Jahr 2045 in die verheissungsvolle Alternative zum tristen Dasein, genannt OASIS: eine virtuelle Parallelwelt, wo jeder mit seinem Avatar unterwegs ist und wo das Leben zu florieren scheint.

Der Erschaffer dieser Welt heisst James Donovan Halliday (Mark Rylance), ein typischer Nerd, der in den Achtzigerjahren aufgewachsen ist, diese Zeit vergöttert und sich ganz der Popkultur verschrieben hat. Die Welt von OASIS besteht denn auch aus Verschnitten der Achtziger und Referenzen an die Popkultur im Allgemeinen. Als der Erschaffer stirbt, hinterlässt er sein enormes Vermögen der Allgemeinheit im Rahmen einer Schatzsuche in OASIS. Das Ziel der Suche ist, drei Schlüssel zu finden, die dem Finder zu Ruhm und Reichtum sowie zur Kontrolle über OASIS verhelfen. Der junge Wade Watts (Tye Sheridan) will dieses Wagnis auf sich nehmen und macht sich zusammen mit seinen Gefährten auf die Suche nach dem Schatz.

Plausible Zukunftsvision
In der Oase stehen den Menschen so ziemlich alle Möglichkeiten offen, und die Marktwirtschaft ist nahtlos an das ökonomische System der realen Welt angepasst. Was in OASIS gekauft wird, wird in der realen Welt geliefert. Diverse Gadgets ermöglichen den Protagonisten, die Virtualität zu vergessen, so dass sie sich hindernisfrei in OASIS bewegen können. Auch wenn es einige Ungereimtheiten gibt in der Umsetzung von kleineren Details, kann der Zuschauer das lustvolle (Er-)Leben einer virtuellen Welt im Sinne von OASIS ganz gut nachvollziehen, auch aufgrund des technischen Stands von heute: Virtual Reality eröffnet ganz neue Dimensionen, die vielleicht wirklich schon bald die Realität teilweise überwinden können, wenn Aspekte wie Bewegungsfreiheit, Tastsinn, Hautempfindlichkeit einigermassen befriedigend gelöst wurden. Ob es sich dann wirklich wie «echt» anfühlt – wer weiss? Aber der Film zeichnet davon zumindest eine plausible Zukunftsvision.

Die Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ernest Cline aus dem Jahre 2010 und wurde von Steven Spielberg verfilmt. Ganz in Spielberg-Manier gelingen die Sprünge zwischen realer und virtueller Welt hervorragend, und der Zuschauer taucht – auch aufgrund der ausgezeichneten 3-D-Verfilmung – vollends in den Kosmos der Parallelwelten ein.

Wer, wenn nicht Steven Spielberg, vielleicht noch George Lukas, könnte die Welt von OASIS besser in Szene setzen? Spielberg prägte die Achtziger- wie auch die Neunzigerjahre mit seinen Filmen wie kein anderer und steht für einen grossen Teil der filmischen Popkultur: Der Regisseur hat mit «Jaws» (1975) den Blockbuster ins Leben gerufen und mit «E.T.» (1982) sowie der «Indiana Jones»-Trilogie (1981, 1984, 1989) in den Achtzigern im Mainstreamkino Filmgeschichte geschrieben. Dass seine Filme grosse Unterhaltung versprechen, versteht sich da von selbst. In «Ready Player One» werden auch sehr viele Referenzen zur Geschichte der Gamekultur gemacht und deren Anfänge auf lustige Weise wieder aufgenommen. Auch das Element der Schatzsuche erinnert geradezu sinnbildlich an diese Zeit.

Auffällig ist, dass in «Ready Player One» negative Aspekte wie Alltagsflucht, der sinnentleerte Alltag und das gefühllose Zusammenleben der Protagonisten im Hintergrund bleiben beziehungsweise nur kurz thematisiert werden. Wohingegen die paradiesische Utopie von OASIS wie ein Segen dargestellt wird und sozusagen zur visionären Alternative einer nahen Zukunft wird. Was ja irgendwie auch nicht die Lösung sein kann, sagt da der Hausverstand. Aber Spass machts trotzdem. Der Film bedient voll und ganz die Lust an der Unterhaltung. Filmisch top und pures Schauvergnügen, bei dem nach dem Abspann vielleicht nicht viel hängen bleibt, woran man noch knabbern könnte.

Foto: © Warner Bros. Entertainment

Ready Player One

Regie: Steven Spielberg

Besetzung: Tye Sheridan, Olivia Cooke, Mark Rylance, Simon Pegg, Ben Mendelsohn

Genre: Science-Fiction-Thriller

Dauer: 140 Minuten

Verleih: Warner Bros. Pictures

Erhältlich auf DVD und Blu-ray

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