31.08.2015

Schockierendes Outing

«Schätzchen der Nation» wurde sie betitelt. Als Kunstturnerin gewann Ariella Kaeslin zahlreiche Titel und Medaillen. Kam ihr früher Rücktritt überraschend, schockierte die dreifache Sportlerin des Jahres die Öffentlichkeit erst recht mit ihrem im Juni erschienenen Buch.

Christof Gertsch, Benjamin Steffen

Ariella Kaeslin – Leiden im Licht
Die wahre Geschichte einer Turnerin

Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2015

144 Seiten, Fr. 29.–

ISBN 978-3-03810-027-0

Biografien über ehemalige Sportstars sind in den meisten Fällen positiv gefärbte Rückblicke auf eine grosse Karriere. Nicht so das vorliegende Buch über «die wahre Geschichte der Turnerin Ariella Kaeslin». Die beiden Berner Autoren zeichnen das von ihr geschilderte Bild einer rücksichtslosen Welt im Spitzensport. Sie schildern den knallharten Trainingsalltag eines 13-jährigen Mädchens fernab von Eltern und Freunden, das tägliche Mobbing des Trainers, den Gewissenskonflikt der Mutter und die eigenen hohen Ansprüche der Turnerin, welche immer wieder verhinderten, allem ein Ende zu setzen.

Erschreckend die Passagen über ihre Erschöpfungsdepression, die persönliche Lebenskrise nach dem Rücktritt und das Geständnis: «Wenn ich einen Knopf hätte drücken können und nachher tot gewesen wäre, dann hätte ich den Knopf gedrückt!» 

Erfrischend anders am Ende die Idee der Autoren, Ariella Kaeslin mit der Rapperin Steff la Cheffe, der ehemaligen Boxerin Dina Burger und dem Topmodel Nadine Strittmatter über den Umgang der Öffentlichkeit mit ihren Stars diskutieren zu lassen. Was zusätzliche Einblicke in eine Welt ermöglicht, in der Sein und Schein nicht immer übereinstimmen.