09.08.2016
TEXT: Pascal Gut

Rezepte gegen eine kranke Wirtschaft

Die Wirtschaft – das sind wir alle, und die Wirtschaft ist krank! Mit dieser Diagnose beginnen Christian Scholz und Joachim Zentes ihre Analyse der «Schizo-Wirtschaft».

Da sind zum einen die Unternehmen. Unter dem explodierenden Effizienzdruck haben sie eine Auslagerungsstrategie verfolgt, welche zu nahezu undurchschaubaren Wertschöpfungsketten geführt hat. Die soziale und ökonomische Verantwortung blieb dabei weitestgehend auf der Strecke. Die Konsumenten wiederum verlangen beste Qualität zu tiefsten Preisen, während sie sich gleichzeitig über die schlechten Arbeitsbedingungen in Bangladesch empören. Gegenüber der Komplexität der globalen Zusammenhänge haben Medien und Politik sowieso längst kapituliert und vereinfachen, wo es nur geht.

Christian Scholz, Joachim Zentes

Schizo-Wirtschaft

Nur radikales Umdenken und Andershandeln kann uns helfen

Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2015

280 Seiten, Fr. 35.90

ISBN 978-3-593-50330-1

Das Medikament, das die Autoren dem Patienten schliesslich verschreiben, heisst «Verantwortungsbewusstes Handeln». Sie wünschen sich ein neues Weltethos, das die Wirtschaft im Ganzen reguliert und eine Zivilgesellschaft hervorbringt, welche Politik und Medien in ihrem Einfluss zurückdrängt

In ihrem gut verständlichen Buch diagnostizieren die beiden Betriebswirtschaftler einige wichtige Probleme und schaffen es in den besten Momenten, dem Leser oder der Leserin den Spiegel vorzuhalten. Ihre Ursachenanalyse hingegen steht auf wackeligen Beinen, weil sie sich zu sehr auf das Verhalten einzelner Marktteilnehmer konzentrieren und dabei strukturelle Probleme vernachlässigen. Das grundsätzliche Misstrauen der beiden Autoren gegenüber Politik und Medien sowie ihr Wunsch, deren Einfluss stark zu reduzieren, wirkt zudem eher befremdlich.