Wie «resilient» sind Sie?

«Der Mensch kann mehr, als er denkt.» Dieses Zitat stammt von Alfred Adler, Österreicher und einer der berühmtesten Individualpsychologen unserer Zeit. Manch ein Armeeangehöriger mag sich bei diesen Worten in den Lebensabschnitt der Wehrdienstpflicht oder kurz Rekrutenschule zurückversetzt fühlen. In Bezug auf die körperlichen Leistungsgrenzen ist das Zitat von Adler bestimmt nicht unwahr, aber in seinem neuen Ratgeberbuch «Innere Stärke auf meine Art» beschäftigt sich Fachcoach Urs R. Bärtschi mit der psychischen Leistungsfähigkeit.

Dieses Buch ist an Personen gerichtet, die bereit sind, sich mit der eigenen Wesensart zu beschäftigen. Damit ist auch klar, dass dieser Ratgeber keine klassische Bettlektüre ist, sondern eher einem schulischen Arbeitsbuch entspricht. Insbesondere zu Beginn, aber auch mit fortwährender Dauer der Lektüre fordert der Autor die Leserschaft immer wieder auf, Stift und Papier zur Hand zu nehmen, um eigene Gedanken zum Gelesenen zu notieren.

In seinen Anregungen zur Stärkung der psychischen Widerstandsfähigkeit, auch Resilienz genannt, beschränkt sich Urs R. Bärtschi auf vier unterschiedliche Persönlichkeitstypen:

• Den «Geschäftigen», der wie schon der Name sagt, stets den (eigenen) Businessplan als Zielsetzung verfolgt und oft seinen Lebensinhalt darüber definiert.

• Die «Konsequente», eine Persönlichkeit mit dem Hang zur Perfektionistin. Sie delegiert möglichst wenig und hält stets die Zügel in der Hand. Sie erkennt vorzeitig Herausforderungen durch ein antrainiertes Frühwarnsystem und mag folglich auch keine unliebsamen Überraschungen.

• Den «Freundlichen», einen Menschen mit dem Hang, es allen Leuten recht zu machen, ausser sich selbst. Oft auch entschuldigend, um sich nicht mit der eigenen Persönlichkeit auseinanderzusetzen.

• Die «Gemütliche», eine Rebellin der Gegenwart: Nichts zu müssen, alles zu dürfen, ist der Lottogewinn für die Gattung dieser Geruhsamen.

Urs R. Bärtschi offeriert den Lesern eine Reise, auf der sie sich selbst reflektieren und bei der sich die meisten wohl in jeder der vier Kategorien wiederfinden werden. Interessierte erfreuen sich darüber hinaus an den Querverweisen zu epochalen Aussagen von Politikern oder Koryphäen der Individualpsychologie. Die sechzehn Literaturverweise in der mit achtzig Seiten angenehm kurz gehaltenen Lektüre sind Beleg für seine fundierte Recherche unter anderem zu Aussagen von Hildegard von Bingen (1098–1179), Äbtissin, Dichterin, Komponistin und bedeutende Universalgelehrte, sowie dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Dieser Lesestoff sei allen empfohlen, die willens sind, sich selbst einen Spiegel vorzuhalten. Die Erörterungen von Urs R. Bärtschi sind leicht verständlich und dennoch mit dem notwendigen Tiefgang formuliert. Wer keine Lust hat auf ein aufwendiges Studium, aber trotzdem die Affinität zur Psychologie mitbringt, sollte sich dieses Buch zu Gemüte führen.