16.01.2019
TEXT: Judith SchuckFOTO: Simone Gloor

Köppel mit Fussnoten

Manche drehen sich angewidert weg, andere bewundern den Roger Köppel zutiefst. Der preisgekrönte Reporter Daniel Ryser nähert sich diesem Phänomen mit einer unautorisierten Biografie.

Erst Sport-, dann Kulturjournalist bei «NZZ» und «Tages-Anzeiger», Chefredaktor beim «Magazin», heute «Weltwoche»-Verleger. Seit 2015 ist Köppel SVP-Nationalrat und jetzt Ständeratkandidat. Ryser, unter anderem Schweizer Journalist des Jahres 2016, wühlte für «In Badehosen nach Stalingrad» gründlich im Umfeld des Politikers.

Von einem Vertreter linker Standpunkte und Verfechter von Gerechtigkeit mutierte Köppel zum knallharten rechtskonservativen Populisten. Den Weg vom Waisenknaben aus Kloten bis zum einflussreichen Showman, der nichts so sehr liebt wie die Provokation, zeichnet Ryser anhand unzähliger Gespräche mit Wegbegleitern nach.

Foto: Simone Gloor

Daniel Ryser

In Badehosen nach Stalingrad

Echtzeit Verlag GmbH, Basel

272 Seiten, 36.- Franken
erschienen im September 2018

ISBN 978-3-906807-05-8

Gut anderthalb Jahre intensive Recherche sind die Basis für das 272 Seiten starke Werk, das hauptsächlich aus Zitaten besteht. Auffallend ist die ungewöhnliche Verwendung ausschweifender Fussnoten. Sie wirken eher störend im Lesefluss. Ryser meint, darin seien wichtige Zusatzinfos, die aber nicht in den Fliesstext gehörten. Bei einigen trifft das zu. Andere könnten genauso gut in den Text integriert oder gar weggelassen werden, da sie keine Relevanz für den Inhalt haben. Vielleicht sollen die Fussnoten auch einfach auf den Fleiss, das Wissen und die gründliche Recherche des Autors verweisen.

Die vielen, oft sehr persönlichen Aussagen und Anekdoten sind allerdings eine clevere Methode, den Leser dem Menschen Köppel anzunähern, ohne dass der Autor wertet. Zudem macht die wörtliche Rede das Buch lebendig, glaubwürdig und widerspiegelt das hohe Tempo, mit dem die Hauptfigur durchs Leben schreitet.

Köppel hat laut eigener Aussage sein «Psychogramm» noch nicht gelesen. Trotz der befremdlichen Aufteilung von Haupttext und Ergänzungen liest sich «In Badehosen nach Stalingrad» bisweilen wie ein Krimi. Die Stärke besteht in der Fülle an Quellen, die ein verständliches Bild einer gespaltenen Person zeichnen.