09.03.2017
TEXT: Raphaela MartyFOTOS: zVg. Filmcoopi Zürich

Marie Leuenberger (Mitte) kämpft als Nora Ruckstuhl für die Befreiung der Frau.

Gegen Gott und die Männerwelt

Die Komödie von Petra Volpe handelt vom Kampf ums Schweizer Frauenstimmrecht im Winter vor der Abstimmung 1971. Im Zentrum steht eine junge Frau, die ihr Recht auf eine eigene Stimme trotz aller Widerstände nicht aufgeben will.

«Wegen Frauen wie Ihnen geht es nicht vorwärts!» Eine Feministin streckt Nora Ruckstuhl eine Informationsbroschüre über die Befreiung der Frau entgegen. Nora lehnt ab, denn sie betrachtet sich nicht als unfrei. Sie lebt in einem beschaulichen Ostschweizer Dorf und hat sich bis anhin keine Gedanken darüber gemacht, warum die Dinge sind, wie sie sind. Frauen gehören in den Haushalt, haben sich um die Kinder zu kümmern und den Männern Gehorsam zu leisten. Diese Ordnung wird nicht in Frage gestellt, denn sie gilt in der Gesellschaft als «gottgegeben».

Dem göttlichen Plan folgend, hält Nora das Haus in Schuss, macht die Wäsche, erledigt die Einkäufe, bekocht und bedient Ehemann, zwei Söhne und Schwiegervater. Doch diese banalen Aufgaben langweilen sie zunehmend, und sie würde gerne wieder arbeiten. Ihrem Mann missfällt die Idee, und er beendet die Diskussion mit: «Ohne meine Zustimmung kannst du gar nicht!»

Seine durch Militärdienst bedingte Abwesenheit nutzt Nora, um sich näher mit der Frauenfrage auseinanderzusetzen. Ihr wird klar, wie himmelschreiend ungerecht alles ist und dass auch Frauen eine Stimme verdienen. Umringt von Gleichgesinnten aus dem Dorf, ruft sie zum Streik auf. Die «göttliche» Ordnung gerät ins Wanken.

Die Regisseurin Petra Volpe erzählt auf erfrischende Art vom Kampf fürs Frauenstimmrecht in der Schweiz. Dank humorvoller Charaktere und Wortwitz wirkt das Thema weniger ernst, als es tatsächlich ist. Das liegt auch am überzeugenden Spiel der Akteure. Dem gegenüber stehen ernsthaftere Szenen, die den Zuschauer wieder an die Realität erinnern. Eine gelungene Mischung aus dramatischen und komödiantischen Elementen. Zur Vervollständigung eines realistischen Bildes wurde hinsichtlich der Kostüme und Requisiten Wert auf Details gelegt. Genaue Beobachter entdecken hier und da bekannte Gegenstände und Kleidungsstücke, die vielleicht an den eigenen Haushalt und Kleiderschrank von damals erinnern. Das lässt die Siebziger wieder aufblühen.

Dennoch entsteht der Eindruck, dass der Kampf um das Frauenstimmrecht in der Schweiz erst in den Sechziger- und Siebzigerjahren begonnen hätte. Tatsache ist, dass in den Jahren zwischen 1860 und 1874 – also 100 Jahre zuvor – erstmals eine Frauenbewegung entstand, die sich für zivilrechtliche und politische Gleichstellung eingesetzte. Es wäre falsch, zu glauben, dass erst die sexuelle Revolution der 1960er-Jahre den Startschuss für derartige Bewegungen gegeben hätte. Die Schweiz ist zwar für ihren gemütlichen Charakter bekannt, geschlafen haben die Schweizer (Frauen) in Bezug auf die politische und zivile Gleichstellung in den letzten 100 Jahren jedoch nicht. 

Fazit: Ein sehenswerter Film mit Unterhaltungspotenzial. Nicht nur für Frauen.

 

Die göttliche Ordnung

Regie: Petra Volpe
Besetzung: Marie Leuenberger, Max Simonischek, Sybille Brunner
Genre: Komödie
Land, Jahr: Schweiz, 2017
Verleiher: Filmcoopi Zürich