09.11.2021
FOTO UND TEXT: Sandra Hediger
Cover: «Wie reich darf man sein?»

«Wie reich darf man sein?», wer als reich gilt.

«Wie reich darf man sein?»

Über Gier, Neid und Gerechtigkeit

Reichtum beruht niemals ausschliesslich auf eigener Leistung. Im Gegenteil. Christian Neuhäuser erläutert in seinem Buch «Wie reich darf man sein?», wer als reich gilt. Er zeigt auf, wieso es nicht Lohnarbeit ist, die den Reichen das grosse Geld einbringt.

Wirklich reiche Menschen haben oft das Hundertfache an Einkommen im Vergleich zu allen anderen. Leisten sie also hundertmal so viel wie alle anderen? Klar wird, dass das nicht sein kann, wenn man an Handwerker und Handwerkerinnen, Kindergärtner und Kindergärtnerinnen oder Pfleger und Pflegerinnen denkt, die tatsächlich sehr wichtige Arbeit leisten. Sie werden mit ihrer Arbeit aber niemals reich, egal wie lange und wie hart sie arbeiten. Wer hart arbeitet, wird also nicht reich damit. Christian Neuhäuser meint in seinem Buch, der zunehmende Reichtum einiger superreicher Menschen unterlaufe das Leistungsprinzip und führe vielmehr dazu, dass Leistung sich nicht mehr lohnt.

Die Menschen neigen eher dazu, sich nach oben zu orientieren. Unsere Wirtschaft ist auf die Zunahme von Reichtum ausgerichtet. Statt sich um wirklich grundlegende Probleme wie Armut und Klimawandel zu kümmern, geht es auf gesellschaftlicher Ebene immer bloss um mehr Wirtschaftswachstum.

Macht und Status
Reichtum ist nicht per se schlecht, aber auch nicht nur gut. Denn Reichtum geht immer mit Macht und Status einher. Beides kann politisch oder sozial missbraucht werden.

Wenn reiche Akteure ihren Einfluss in der Politik spielen lassen und somit Entscheidungen zu ihren Gunsten steuern, so ist das nicht mehr wirklich gerecht. Sie haben mehr Macht als weniger reiche Akteure. Ein anderes Problem stellt, laut Neuhäuser, das Erben von Reichtum dar. Die Meinung könnte nun sein, die Vorfahren hätten sich diesen Reichtum durch harte Arbeit verdient. Was ist aber mit Familien, die keine reichen Vorfahren haben? Sie haben von Anfang an nicht gleiche Chancen.

Viele Menschen haben diese Zusammenhänge durchschaut, aber sie wissen nicht, wie sie das Problem lösen könnten. Die Orientierung an Reichtum hat sich einfach zu sehr in die Strukturen der Gesellschaft eingebrannt.

Wer hart arbeitet, wird nicht reich
Reich werden durch Erwerbsarbeit ist also ein Mythos, der tief verankert ist in den Köpfen und Gedanken unserer Gesellschaft. Dieser Glaubenssatz wird von Generation zu Generation weitergegeben. 

Laut Christian Neuhäuser sind drei Faktoren nötig, um zu grossem Reichtum zu kommen. Diese beleuchtet er in seinem Buch «Wie reich darf man sein?». 

Ebenso erklärt er, was es mit dem oft zitierten Neid und der Gier auf sich hat, oder zeigt in Fallbeispielen auf, weshalb vor allem das Erben ein grosses Problem darstellt. Am Schluss liefert Christian Neuhäuser praktikable Lösungen, die auch in unserem kapitalistischen System durchführbar wären. 

Die leicht verständliche Sprache und der logische Aufbau des Themas machen das Buch sehr leserfreundlich. Neuhäuser bringt das Problem, das der enorme Reichtum einiger weniger Menschen für unsere Gesellschaft darstellt, mit klaren Worten auf den Punkt und erklärt, wie die ideale Welt ausschauen könnte. Dieses Buch ist es auf jeden Fall wert, gelesen zu werden.

Christian Neuhäuser ist Professor für Philosophie und Politikwissenschaft an der TU Dortmund. Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorien der Würde, der Verantwortung und des Eigentums. Nach der 2018 bei Suhrkamp erschienenen Monografie «Reichtum als moralisches Problem» wurde auch das 2019 bei Reclam erschienene Buch «Wie reich darf man sein?» in der Öffentlichkeit breit diskutiert.

Autor: Christian Neuhäuser 

«Wie reich darf man sein?» 

Über Gier, Neid und Gerechtigkeit 

Reclam 

Taschenbuch

89 Seiten

ISBN: 978-3-15-019602-1 

Fr. 9.90* 

* unverbindliche Preisempfehlung