02.10.2017

Auf der Anklagebank

Markus Krall klagt in seinem neuesten Buch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), an. Seine Geldpolitik, so der Autor in «Der Draghi-Crash», treibe Europa in eine finanzielle Katastrophe.

Draghi betreibt seit 2012 eine extrem lockere Geldpolitik. Zinsen bei null Prozent, ein massives Programm zum Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen, das sind die Hauptinstrumente des EZB-Präsidenten.

In dieser Geldpolitik erkennt Krall ein Bündel an Problemen. Im Bankensektor würden die Erträge kollabieren und sich enorme Risiken auftürmen. Die Verschuldung insbesondere der südlichen Euroländer schreite voran. Eine Horde von «Zombieunternehmen» – Firmen, die unter normalen Marktbedingungen nicht überleben würden – sei geschaffen worden. Es finde eine Umverteilung gewaltigen Ausmasses statt, von Nord- nach Südeuropa, von einfachen Leuten hin zu Reichen. Diese Liste der Vorwürfe ist nicht abschliessend.

Markus Krall

Der Draghi-Crash 

Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt

Finanzbuch Verlag, München, 2017

207 Seiten, Fr. 27.90

ISBN 978-3-95972-072-4

 

Zwei Jahrzehnte war Krall als Topberater in der internationalen Politik und Finanzwirtschaft tätig. Seine Anklage trägt er mit viel Fachwissen und Humor vor. Bisweilen neigt der Autor zur Übertreibung. Ein Beispiel: «Wollen wir den Weg der Planwirtschaft, der letztlich ein Weg der Knechtschaft und Sklaverei ist, bis zur bitteren Neige zu Ende gehen, indem wir die vermeintliche Rettung den Apologeten eines neuen Sozialismus in die Hände geben?» Die Kostprobe verdeutlicht gleichzeitig, dass Kralls Weltsicht wirtschaftsliberalen Grundsätzen folgt.

«Der Draghi-Crash» bereitet aufgrund seines flüssigen, humorvollen Schreibstils viel Lesespass. Allerdings richtet sich der Autor in erster Linie an ein Publikum mit geldpolitischen Kenntnissen.