17.02.2016
TEXT: Julia AntoniouFOTO: zVg

Angelo Stäldi trinkt gern rare Kaffees. In zwei Shops sensibilisiert er die Kunden für deren Geschmacksvielfalt.

Selten guter Kaffee

«Wir sind Kaffee-Anarchisten»

Der Wunsch nach Veränderung ist sein Motor. Angelo Stäldi kam als Werber vor Jahren mit Kaffeebauern in Kontakt. Er lernte rösten und gründete 2006  die Boutik Kaffeepur in Zürich. Und von dort aus zog er weiter nach Berlin, wo er 2013 seine zweite Rösterei eröffnete.

Was hat Sie auf den Geschmack von gutem Kaffee gebracht?
Ich bin ursprünglich Künstler und war länger in der Werbung tätig. Als Freelancer für das Zürcher Kaffeemuseum realisierte ich Filme über die Produktion in Guatemala, Costa Rica und Äthiopien. So kam ich mit Kaffeebauern und kleinen Kooperativen in Kontakt. Ich sah, wie viel Arbeit hinter gutem Kaffee steckt. Und lernte, wie vielfältig Kaffee schmeckt. Das machte mich neugierig. Ich brauchte eine Veränderung im Leben und lernte Kaffee rösten.

Wie haben Sie das Rösten gelernt?
Es gibt keine eigene Berufsgattung. Ich habe das Rösten von der Pike auf bei einer Luzerner Rösterei gelernt. Während eineinhalb Jahren habe ich täglich Tonne um Tonne Kaffee geröstet. So lange, bis ich fand, dass ich «die Bohne im Griff» hatte. Dann machte ich mich selbständig.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?
Wir rösten Spezialitätenkaffees. Im Unterschied zum industriell geernteten und produzierten Kaffee verarbeiten wir Kaffee, der von Hand gepflückt, vollreif geerntet und langsam geröstet wird. Wir möchten die Leute sensibilisieren und sie an die Geschmacksvielfalt von Kaffees heranführen: sowohl Privat- wie Geschäftskunden. Wir beliefern zahlreiche Geschäfte, Firmen und Cafés.

Importieren Sie den Kaffee selber?
Bis anhin nicht, wir sind zu klein. Es lohnt sich erst, wenn man einen ganzen Container füllt. Unterdessen bieten wir vier, fünf Kaffees aus Äthiopien an. Jetzt überlegen wir uns, selber zu importieren. Dies wäre finanziell besser für die Bauern. Zum einen verdienen sie an Spezialitätenkaffees besser. Zum anderen fliesst kein Geld an Zwischenhändler.

Sie sind im Herbst 2013 nach Berlin expandiert – weshalb?
Mir geht es nicht um grosse Wachstumspläne, mehr um den Wunsch nach steter Veränderung. Das braucht es meiner Meinung nach, wenn man vorankommen will. Berlin gefällt mir als Stadt und bedeutet als EU-Land den Zugang zu einem grösseren Markt. Zudem mussten wir die zahlreichen Etiketten, die ich selber gestaltet habe, für den deutschen Markt nur leicht anpassen. Um die Kunden zu gewinnen, muss ich auf dem deutschen Markt etwas mehr Überzeugungsarbeit leisten; der Preis darf nicht zu hoch sein. Aber es macht Spass. Hier in Berlin betreibe ich eine Kaffeebar in der Rösterei. Zu hören: «Ich hab zum ersten Mal einen richtig guten Kaffee getrunken», bedeutet mir viel.

Engagieren Sie sich in einem Verband?
Nein, das interessiert mich nicht. Wir sehen uns als Kaffee-Anarchisten. Wir machen, was wir gut finden. Für uns zählen das Handwerk und die gute Qualität der Kaffees.