20.10.2016
TEXT: Barbara CamenzindFOTOS: Barbara Camenzind, Res Lerch

Res Lerch hat ein scharfes Auge auf die Geschehnisse in der Stadt Rorschach.

Fünf Fragen

Stadtblogger aus Leidenschaft

Das Bodenseestädtchen Rorschach gilt landläufig als verschlafen. Res Lerch, 62, sieht das anders. Für ihn ist sein Heimatort ein spannendes Tummelfeld. Mit dem Blog «Rorschacher Echo» leistet er Vernetzungsarbeit.

Haben Sie ein Morgenritual?
Ja. Ich heisse Lerch und bin eine frühe Lerche. Seit der Frühpensionierung mit leichten Nuancen zu später. Ich brauche meine Zeit, bis ich auf Touren komme. Bei einem Kaffee schaue ich erst das ARD/ZDF-Morgenmagazin, dann starte ich den Computer und platziere die ersten Blogeinträge. Die meisten meiner User erwarten mich wie die Tageszeitung. Wenn ich meine Frau auf den Zug gebracht habe, mache ich meist noch einen Gang über die Hafenmauer. Sie ist mein Lieblingsort. Meine Kamera ist immer dabei, meistens fange ich dann schöne Stimmungen ein. Der Morgen ist die beste Tageszeit.
Gewiefter Bilderjäger: Res Lerchs Vollmond über der Rorschacher Pfarrkirche.
Was beinhaltet Ihr Job?
Als Job möchte ich meine Arbeit nicht bezeichnen. Ich blogge aus Leidenschaft. Das «Rorschacher Echo» braucht tägliche Präsenz. Es ist eine Art digitales Fototagebuch für die Stadt. Mir tut das gut, deshalb habe ich mir zu meinem sechzigsten Geburtstag die Frühpensionierung geschenkt. Mit meiner lokalen Werbe- und Medienarbeit verdiene ich mir mein Zubrot. Zum Blog betreue ich die Internetauftritte von interessierten Partnern, die sich bei mir gemeldet haben. Diese bewerbe ich dann parallel auf meiner Seite. Zentral für mich ist, dass ich Rorschach abbilde, die Zustände akzeptiere und aufzeige, wie vielfältig das Leben bei uns ist. Gerade die «Heimwehrorschacher» aus Übersee schätzen dies sehr. Ich freue mich, dass ich nach sieben Jahren als Online-Medienschaffender genauso zu Pressekonferenzen eingeladen werde wie die Lokalredaktion des «St. Galler Tagblatts».

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Ihre Arbeit gerne machen?
«Es mues laufe.» Das heisst, die technischen Voraussetzungen müssen stimmen, sonst ärgere ich mich. Ich brauche auch auf meinen Spaziergängen einen Internetzugang, die Kamera muss aufgeladen sein. Dann plane ich meine Woche gut durch. Nichts ist für mich schlimmer, als wenn mir etwas durch die Lappen geht. Das bekomme ich meistens dann von der Community zu hören. Ich liebe es, der Internetverteiler des ganzen «Karsumpels» zu sein, der in diesem kleinstädtischen Kontext passiert. Ich bin überzeugt, damit zur Lebensqualität beizutragen. Und ich bin immer froh um Rückmeldungen. Nur so kann ich den Blog weiterentwickeln.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?
Sehr wichtig. Allerdings bringe ich mit dem «Rorschacher Echo» meist beides unter einen Hut. Trotz der Arbeit am Computer findet mein Leben draussen statt. Gehe ich mit meiner Frau in die Beiz, entdecke ich wieder etwas; den Jazzclub beispielsweise besuche ich auch privat gerne. Das Fotografieren und die Fotogestaltung sind meine grosse Leidenschaft.

Haben Sie Tipps für gute Laune bei der Arbeit?
Für gute Laune ist jeder selber verantwortlich – grundsätzlich. Mir rettet ein gelungenes Foto den Tag. Ich habe das grosse Glück, mein eigenes Ding machen zu können. Mein Lebensmotto: Lebe im Hier und Jetzt und lass andere daran teilhaben. Tu jeden Tag etwas Gutes. Zum Beispiel einer Gwerbler-Newcomerin mit einem Blogeintrag zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Und schlussendlich: mit Herzblut bei der Sache sein.