22.06.2015
TEXT: Robert AltermattFOTO: Robert Altermatt

Paletten sind aus der Speditions- und Logistikwelt nicht mehr wegzudenken.

Speditionsbranche

Quereinsteiger willkommen

Der Schweizer Spediteurverband Spedlogswiss bietet Quereinsteigern die Möglichkeit, einen Berufswechsel in die Speditions- und Logistikbranche zu wagen. Gespräch mit Thomas Suter, der beim Branchenverband den Bereich Bildung leitet.

Thomas Suter, warum bietet der Verband überhaupt Kurse für Quereinsteiger an?
Sowohl Firmen als auch Einzelpersonen, die branchenfremd sind und über keinerlei Speditionsausbildung verfügen, haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder kontaktiert und uns gefragt, ob wir für sie nicht Kurse zu den wesentlichen Grundlagen der Speditionswirtschaft anbieten könnten. Die vielen Anfragen haben uns schliesslich dazu bewogen, entsprechende Lehrgänge aufzugleisen und durchzuführen. Die Attraktivität unserer Branche steigt auch dank der Quereinsteiger.

Was ist der Inhalt dieser Kurse?
Im Programm haben wir zwei Quereinsteigerkurse zu den Themenschwerpunkten Spedition und Zoll. Mit unserem Lernangebot vermitteln wir Basiswissen zur Spedition und zu zolltechnischen Belangen. Absolventen dieser Kurse sind in der Lage, Aufgaben im internationalen Speditionsgeschäft sowie die im Berufsalltag anfallenden zolltechnischen Arbeiten selbstständig und effizient zu erledigen. Die beiden Quereinsteigerkurse Spedition und Zoll dauern je eineinhalb Jahre. Im Vergleich dazu dauert die für uns zentrale duale Berufsausbildung zum Speditionskaufmann beziehungsweise zur Speditionskauffrau drei Jahre.

Welche Lernmethoden kommen zum Einsatz?
Neben dem klassischen Präsenzunterricht kommt beim Quereinsteigerkurs Spedition als Lernmethode auch das sogenannte «Blended Learning»-Konzept zum Einsatz, eine Kombination aus elektronischen Lernformen und traditionellem Präsenzunterricht. Im Rahmen dieses integrierten Lernens können Studierende zu Hause selbstständig ein internetbasiertes Lernprogramm am PC bewältigen und sich so beispielsweise wichtige Kenntnisse zu verschiedenen Verkehrsträgern wie Schiff, LKW, Bahn oder Flugzeug aneignen.

«Ohne Branchennachwuchs ist eine florierende Speditionswirtschaft undenkbar.»

Thomas Suter, Leiter Bildung bei Spedlogswiss

Wie viele Quereinsteiger insgesamt haben bei Spedlogswiss Kurse belegt?
Seit 2001 haben total 534 Quereinsteiger Kurse absolviert, davon 431 im Bereich Zoll und 103 im Bereich Spedition.

Wer sind diese Branchenneulinge?
Die Teilnehmenden kommen querbeet aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft zu uns. Einerseits sind das Leute aus dem kaufmännischen Bereich, wenn auch aus anderen Branchen als der Spedition stammend. Andererseits wechseln auch Leute aus gewerblichen Berufen und aus dem Verkauf in die Spedition.

«Die Attraktivität unserer Branche steigt auch dank der Quereinsteiger.»

Was sind die Motive dieser Personen, in die Spedition zu wechseln?
Einige der Teilnehmenden müssen aus gesundheitlichen Gründen auf einen «Bürojob» umsteigen. Es gibt aber auch Leute, die an unserer Branche Gefallen gefunden haben und deshalb in diesen Beruf einsteigen möchten.

Was sind die ersten Erfahrungen, die Spedlogswiss mit den Quereinsteigern gemacht hat?
Unsere bisherigen Erfahrungen mit Arbeitnehmenden, die einen Berufswechsel in Richtung der Speditionswirtschaft vorgenommen haben, sind positiv. Das hat sicherlich auch etwas mit dem vergleichsweise «fortgeschrittenen» Alter der Quereinsteiger – ab 25 Jahren aufwärts – zu tun. Meistens verfügen diese Leute bereits über eine entsprechende Berufserfahrung und eine gewisse Selbstsicherheit. Dazu kommt, dass diese Berufsleute fest gewillt sind, in einer für sie neuen Branche Fuss zu fassen und dort auch längerfristig zu verweilen. Letztgenannter Punkt ist vollumfänglich im Sinne unserer Mitgliedsfirmen, der Speditions- und Logistikdienstleister.

Tauchen im Zusammenhang mit Quereinsteigern Schwierigkeiten auf?

Nein. Nennenswerte Probleme sind mir keine bekannt.

«Im Grossraum Basel haben wir mehr Auszubildende als etwa Banken und Versicherungen.»

Die kleine Schweiz ist im weltweiten Vergleich im Speditions- und Logistikbereich eine Grösse. Viele internationale Firmen aus dieser Branche haben hier ihren Sitz. Weshalb ist das so?
Ich führe dies auf drei Gründe zurück. Erstens profitieren Speditionsunternehmen in der Schweiz von einem freien Marktzugang. Das bedeutet, dass eine Speditionsfirma ihre Geschäftstätigkeit in unserem Land auch ohne eine staatliche Lizenz sofort aufnehmen kann. Der zweite Erfolgsfaktor ist die Bildung. Was die kaufmännische Grundbildung im Speditionssektor in der Schweiz betrifft, so ist diese qualitativ herausragend. Unser duales Berufsbildungssystem, das den Auszubildenden bereits während ihrer Lehrzeit eine ausgewogene Mischung aus Theorie und Praxis ermöglicht, führt dazu, dass die Schweiz im internationalen Vergleich eine hohe Dichte an bestens ausgebildeten Speditionsfachleuten hat. Das ist ganz klar ein Wettbewerbsvorteil. Für viele internationale Speditions- und Logistikfirmen ist dies mit ein Grund, sich in unserem Land niederzulassen.

Und der dritte Grund?
Unternehmen profitieren von der hohen Rechtssicherheit, die in der Schweiz besteht. Ein sicherer Rechtsstatus – in Bezug auf Arbeits-, Steuer- und Handelsrecht – ist für viele Firmen bei der Frage nach der Standortwahl ein zentrales Kriterium.

Warenumschlag in einem Seehafen.Foto: Foto: zVg.

Weshalb ist das Thema Bildung für Ihren Verband so wichtig?
Ohne Branchennachwuchs ist eine florierende Speditionswirtschaft undenkbar. Fakt ist, dass der internationale Warentransport unvermindert wächst. Um dieses Wachstum stemmen zu können, sind unter anderem auch kompetente Berufsfachleute gefragt. Unsere Branche wird nur dank gut ausgebildeter Nachwuchsleute wettbewerbsfähig bleiben und sich qualitativ weiterentwickeln. Spedlogswiss legt deshalb den Fokus einerseits auf die Grundbildung, andererseits auf die Weiterbildung. Etwa die Hälfte unserer finanziellen und zeitlichen Ressourcen investieren wir als Verband in die fachliche Grund- und Weiterbildung.

«Unsere Branche wird nur dank gut ausgebildeter Nachwuchsleute wettbewerbsfähig bleiben.»

Gute Nachwuchskräfte auszubilden, kostet viel Geld. Wie erfolgt die Finanzierung?
Die Finanzierung beruht auf verschiedenen Säulen. Die Mitgliedsfirmen von Spedlogswiss bezahlen mit ihren Beiträgen nicht nur die Verbandsaktivitäten und die Geschäftsstelle, sie subventionieren damit auch einen Teil unseres Bildungsangebots. Eine zweite Einnahmequelle sind Kursgelder von Teilnehmenden in der Weiterbildung. Ausserdem verdient Spedlogswiss Geld mit Dienstleistungsangeboten wie dem Verkauf von elektronischen Speditionsauftragsdokumenten oder Dokumenten in Papierform sowie mit Beratungsservices.

Wie viele Auszubildende betreut Spedlogswiss pro Jahr?
In der Grundbildung kümmern wir uns derzeit in der ganzen Schweiz um rund 650 Lernende. In der Nordwestschweiz bildet die Speditionswirtschaft am meisten Lernende aus. Im Grossraum Basel hat unsere Branche mehr Auszubildende als etwa Banken und Versicherungen.

Branchenverband Spedlogswiss

Spedlogswiss ist der Dachverband der international tätigen Speditions- und Logistikdienstleister in der Schweiz. Laut eigener Definition ist der Verband neutral in Bezug auf Verkehrsträger wie Strasse, Schiene, Wasser oder Luft. Spedlogswiss repräsentiert mehr als 95 Prozent der Speditionsbranche in der Schweiz. Die Organisation, die in allen Landesteilen der Schweiz neun regionale Sektionen umfasst, vertritt die Interessen von aktuell über 330 Mitgliedsfirmen aus der Speditions- und Logistikindustrie. Diese Unternehmen generieren einen Jahresumsatz von 8 Milliarden Franken. Zusammen mit den Mitarbeitenden auf der Geschäftsstelle und allen Fachleuten (inklusive Referenten und Prüfungsexperten) arbeiten circa 400 Personen für Spedlogswiss. Der Sitz des im Jahr 1920 gegründeten Verbands befindet sich in Basel.

Spedition und Logistik

Speditions- und Logistikservices umfassen Dienstleistungen in Bezug auf die Beförderung (auf einzelnen oder mehreren Verkehrsträgern), die Konsolidierung, die Lagerung, den Umschlag, die Abfertigung, die Verpackung oder die Distribution von Gütern. Speditionsdienstleistungen schliessen auch Logistiklösungen mit elektronischen Informations- und Kommunikationsmitteln ein – im Zusammenhang mit der Beförderung, Lagerung oder Abfertigung von Waren und der Bewirtschaftung der gesamten Versorgungskette.