07.03.2018
FOTOS UND TEXT: Andreas Bartholdi
Hybrid-Operationssal Universitätsspital Zürich

OP-Fachschwester Madeleine Beyer vor dem Hybrid-Operationssaal am Universitätsspital Zürich.

Hybrid-OP-Saal

Zukunft der minimalinvasiven Chirurgie

Wer Hightech und Präzisionsarbeit liebt, ist hier am richtigen Ort. Die diplomierte OP-Fachschwester Madeleine Beyer (39) zeigt ihre Tätigkeit und ihren Arbeitsplatz – im Hybrid-Operationssaal des Universitätsspitals Zürich.

Was ist ein Hybrid-Operationssaal, und welche Operationen werden hier durchgeführt?
Der Hybrid-OP unterliegt den vier Fachdisziplinen Radiologie, Gefässchirurgie, Kardiologie und Herzchirurgie und ist mit diversen medizinischen Geräten ausgestattet, wie zum Beispiel einer Kontrastmittelinjektionsmaschine (ACIST) und anderen Bildgebungsgeräten wie Computer- oder Magnetresonanztomografie zur Darstellung von Gefässen. 

Kontrastmittelinjektionsmaschine (ACIST) zur Darstellung von Gefässen.

Im Bereich der Anästhesie stehen im OP-Saal unter anderem eine TEE-Maschine für die portable Bildgebung von Echokardiographien und ein Beatmungsgerät. Dadurch können wir parallel mehrere minimalinvasive Eingriffe, also schonende Operationen durchführen, wie zum Beispiel mittels Katheter und Drähten unter Röntgen eine Herzklappe implantieren. Gleichzeitig können wir aber auch offene Operationen am Patienten vornehmen oder in schwierigen Situationen den Patienten an die Herz-Lungen-Maschine anschliessen.

Hybrid-Operationssaal im Universitätsspital Zürich (USZ).

Wir betreuen hier im Hybrid-OP vorwiegend die Herz- und Gefässchirurgie, sind aber auch in der Lage, eine Galle oder eine Lunge zu operieren oder zum Beispiel im Falle eines Unfalls Notfalloperationen durchzuführen.

Was sind Vor- und Nachteile des Hybridverfahrens?
Hybridoperationen sind extrem innovativ und werden immer wichtiger. Gerade auch weil Experten unterschiedlicher Fachgebiete zusammenkommen. Bisher riskante Operationen können heute durch die moderne Hybridtechnik schonender, durch minimalinvasive Eingriffe durchgeführt werden, was wiederum für den Patienten von Vorteil ist: In Zukunft werden immer kleinere Hautschnitte ausgeführt. Nachteil oder eher Herausforderung stellt manchmal die Technik dar: Wir müssen sehr versiert sein, und natürlich können auch technische Probleme auftauchen. Dafür haben wir eine hauseigene Medizintechnik, die uns unterstützt.

Was geschieht im Falle von technischen Problemen?
Dieser Operationssaal ist mit einem eigenen Notstromsystem ausgerüstet. Wenn der Strom in Zürich wirklich ausfallen sollte, sind wir komplett abgesichert. Das Unispital hat dafür Massnahmen ergriffen, und im Falle einer Notsituation können wir auch sofort reagieren. Wir haben hierfür eine Checkliste, die wir abarbeiten, damit die Anlage wieder funktioniert. Eine Lösung finden wir immer. Bei kleineren Geräten stellt dies kein Problem dar. Ein Röntgengerät sollte allerdings während einer Operation nicht ausfallen. Deshalb werden die Geräte im Vorfeld immer getestet. Sollte einmal eine technische Ausnahmesituation entstehen, wird erst gar nicht operiert. Die Patientensicherheit steht immer an erster Stelle. So eine Situation habe ich bisher aber noch nicht erlebt.

Foto: Marta Burrel

Beispiel einer Angiografie, der 1923 in der Medizin eingeführten radiologischen Darstellungstechnik von Gefässen, meist Blutgefässen, mittels diagnostischer Bildgebungsverfahren, beispielsweise Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT). Bei einer Angiografie wird häufig ein Kontrastmittel in das Blutgefäss injiziert.

Wie viele Operationen werden täglich oder auch nachts durchschnittlich durchgeführt?
Täglich haben wir vier bis fünf Patienten. Das Tagesprogramm richtet sich nach dem bevorstehenden Krankheitsbild oder Eingriff. Im Hybrid-OP wird hauptsächlich tagsüber mit geplanten Patienten gearbeitet. Sollte es zu Notfällen kommen, operieren wir auch nachts oder zu unüblicheren Zeiten.

Wie lange dauert eine Herzoperation im Hybrid-Operationssaal im Normalfall?
Eine normale Herzoperation dauert in der Regel vier bis sechs Stunden, wobei eine Herzklappe in etwa einer Stunde eingesetzt werden kann. Wir haben das Glück, Professor Francesco Maisano, Facharzt für Herz- und Gefässchirurgie, als Klinikdirektor zu haben. Er ist weltführend auf seinem Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie und leitet das Universitäre Herzzentrum Zürich.

Wie sehen die hygienischen Vorschriften aus?
Die Hygiene hat oberste Priorität. Bei grösseren Eingriffen – bei der Behandlung einer Aorta oder bei der Einsetzung einer Prothese – können schon starke Blutungen vorkommen. Dafür haben wir im ganzen Spital klare Vorschriften, welche Massnahmen wann und wie umgesetzt werden müssen. Wir folgen den speziell dafür entwickelten Standards. Ob Instrumentensieb, Abdeckungen, Desinfektionsset, Mäntel, Handschuhe oder Hauben, wir haben ein Lager an Operationsmaterial, das täglich aufgefüllt wird.

Katheter, Drähte, Schleusen und notwendiges Material für den Operationssaal.

Wie viele Personen arbeiten während einer Operation im Hybrid-Operationssaal?
Im Schnitt sind es acht bis zehn Personen. In der Anästhesie haben wir einen ausgebildeten Assistenzarzt, der zusammen mit einem Oberarzt zur Verfügung steht. Dann haben wir einen Echosonden-Spezialisten, der mit einem Kardiologen das Herz von innen beurteilt. Des Weiteren zwei bis drei Operateure, mehrere Pfleger, eine Zudienung, eine instrumentierende OP-Schwester, jemanden, der die Druckkurven für die Herzpatienten aufnimmt, zur Überwachung der Hämodynamik, also des Blutflusses in den Gefässen. Und schliesslich einen Kardiotechniker, der die Herz-Lungen-Maschine überwacht.

Arbeiten Sie immer im gleichen Team?
Wir haben ein speziell ausgebildetes und technisch geschultes Hybrid-Stammteam. Natürlich werden wir auch vom bestehenden Team des Operationstrakts und vom ablösenden Schichtdienst mit unterstützt, wenn Operationen länger dauern. Wir haben ein gut funktionierendes Stammteam, worauf ich sehr stolz bin. Wir führen täglich morgens und nachmittags OP-Besprechungen durch. Dabei kommen nicht nur fachliche Themen zur Sprache, sondern auch emotionale, wie zum Beispiel Not- und Todesfälle, die uns gerade beschäftigen. Wir arbeiten mit Akutpatienten, das erfordert höchste Konzentration und eine hohe Sorgfaltspflicht. 

Welche Ausbildung ist für den Hybrid-Operationssaal erforderlich?
Dafür kann die Operationsfachschwester-Ausbildung oder OTHF absolviert werden und die Spezialisierung in den Bereichen Herz und Gefäss. Zusätzlich hilft auch eine Hybridtechniker-Ausbildung, auch HOT genannt. Für diese speziellen Hybridoperationen hier im Univesitätsspital Zürich braucht’s mindestens ein Jahr bis maximal drei Jahre, um alle Geräte zu beherrschen. In der Regel rotiert man im ganzen Operationstrakt F-OP, geniesst ein Jahr Ausbildung in verschiedenen Fachabteilungen und entscheidet dann, worauf man sich spezialisieren möchte. Zwingend notwendig sind fachliche Kenntnisse in der Herzchirurgie, wünschenswert mit Berufserfahrung. Ich selbst bin ausgebildete herzchirurgische Schwester, was sehr von Vorteil ist, gerade für die Bedienung der Herz-Lungen-Maschine in Notfallsituationen.

Ist der Beruf als Hybrid-Operationsschwester beliebt?
Dieser Beruf ist besonders und das dafür notwendige technische Know-how entsprechend spezifisch. Wer Interesse hat an Operationen mit sehr viel Hightech und Technik, ist hier daher richtig und willkommen. Für diejenigen, die lieber konventionelle Operationstechniken verfolgen möchten, ist dieser Beruf sicherlich weniger spannend.

Das Hybridverfahren wurde in den letzten Jahren für die Herzchirurgie stark weiterentwickelt. Herz-und gefässchirurgische Eingriffe werden in den nächsten Jahren immer häufiger. Ein sehr spannendes Gebiet. Ich selbst möchte nichts anderes mehr machen. Ich habe jahrelang in einem konventionellen Herz-OP gearbeitet und möchte die Arbeit im Hybrid-OP nicht mehr missen. Es ist kein Vergleich. Man steht auch nicht mehr so lange am Operationstisch, weil die Eingriffe kürzer sind.

Wir freuen uns, junge, innovative Menschen dafür interessieren zu können, die sich mit der Technik auskennen, die Freude mitbringen und keine Angst davor haben, einen Computer oder eine Röntgenanlage zu bedienen.

Foto: Madeleine Beyer

Madeleine Beyer ist ausgebildete Krankenschwester sowie diplomierte Fachschwester für Herz- und Gefässchirurgie. Sie arbeitet seit drei Jahren im Hybrid-Operationssaal des Universitätsspitals Zürich (USZ). Seit 2017 ist sie Fachexpertin für Gefäss-Hybridoperationen und leitet das OP-Team am Universitätsspital Zürich unter Professor Dr. Francesco Maisano.

360°–Panorama

360°–Panorama des Hybrid-Operationssaals im Universitätsspital ZürichPanorama: Andreas Bartholdi
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