Der Beweis – anstelle Selfie. BK steht wohl für Bundeskanzlerin.
Ehre und Feuertaufe
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Bundeskanzlerin gehen spazieren, führen ein Vier-Augen-Gespräch und speisen mit ihren Delegationen. Das offizielle Arbeitsmittagessen wird offeriert von der Bundespräsidentin. Ich bin beruhigt, dass der Gast sein Essen nicht selbst zahlen muss, erst recht angesichts des ungünstigen Euro-Franken-Kurses.
Währenddessen frage ich mich, was mich an der Pressekonferenz erwartet. Es ist meine erste. Nebenbei lerne ich, dass das Gebäude, in dem sie stattfindet und welches ich jeden Tag passiere, der Bernerhof ist. Im ehemaligen Luxushotel hat heute die Hauptverwaltung des Eidgenössischen Finanzdepartements ihren Sitz. So kommt auch diese zu Ehren.
Die Stunde der Wahrheit schlägt am Sicherheitszaun: «Ihren Presseausweis, bitte», sagt die Dame vom EDA. Ich sehe meine Felle davonschwimmen. Ich habe gar keinen. Zum Glück genügt meine ID. Erleichtert hefte ich mir das Badge ans Revers.
Ich bin auf Leibesvisitation gefasst, aber nichts dergleichen passiert. Offensichtlich gelten Journalisten als vertrauenswürdige Gäste. Noch? Mit bemüht selbstverständlichem Gesichtsausdruck betrete ich den «Leuchtersaal», will ich doch nicht als Greenhorn auffallen.
Vizekanzler und Bundesratssprecher André Simonazzi moderiert die Pressekonferenz. Er kündigt an, dass im Anschluss an die Reden der Bundespräsidentin und der Bundeskanzlerin Zeit wäre für jeweils genau zwei Fragen von deutscher und Schweizer Seite. Und hat sogar seine Vorstellungen, wer sie stellen würde. Aha, man kennt sich.
Die zwei Mediendamen neben mir debattieren, wen sie sich als Nächstes in ihrer Karriere wünschen – Obama oder Renzi. So selbstverständlich ist der Besuch der Bundeskanzlerin für sie demnach nicht. Meine Ehrfurcht vor den namhaften Journalistenkollegen wird kleiner. Ich schwanke zwischen Bewunderung und Irritation ob der ausdruckslosen Mimik Angela Merkels, während Simonetta Sommaruga spricht. Und umgekehrt.
Hier endet der offizielle Besuch Ihrer Exzellenz. Wie gehalten, springe ich flugs in einen der Busse, die uns Medienschaffende zur Uni Bern bringen. Eskortiert von Polizei kommen wir uns wichtig vor. Dabei ist sie nur der Eile geschuldet. Und der Sicherheit. Nur wer akkreditiert und im Bus ist, wird zur Verleihungszeremonie der Ehrendoktorwürde an Angela Merkel eingelassen.
Ich erkämpfe mir einen aussichtsreichen Stehplatz nahe der Bühne in der Aula. Der Rektor ist nervös, verhaspelt sich mehrfach bei seiner Laudatio. Gewohnt souverän und mittlerweile emotional aufgetaut erscheint mir die Bundeskanzlerin. Ich verfolge jedes Detail mit Argusaugen und Kamera, möchte ich doch nicht mit leeren Händen in die Redaktion zurückkommen.
Das war ich mir und dem «arbeitsmarkt» schuldig. Ich war mit dem Auftrag losgezogen, eine Geschichte hinter der Geschichte mitzubringen. Das ist mir durch ein Interview gelungen. Ich hatte die Ehre des Events und habe die Feuertaufe erfolgreich bestanden. Demnächst stelle ich mich weniger zögerlich als Journalistin vor.