Veröffentlicht am 19.02.2015TEXT: Dorothea BerglerFOTO: Simone Gloor
Google-Ads sind eine Form der Onlinewerbung

Symbolbild: Eintauchen in die Welt der Onlinewerbung

Moderne Kaffeefahrten: Gratis-Seminare für die Onlinewerbung

Dorothea Bergler
Journalistin «der arbeitsmarkt»

Als ich jung war, gingen reifere Damen auf Kaffeefahrt. Ein gemeinsames Erlebnis für wenig Geld, Anregung und Geselligkeit. Zum Schluss fanden dann die berühmt berüchtigten „hard selling“-Produktverkäufe statt: Daunenkissen, Rheumadecken oder Ähnliches. Wehe dem, der ohne Decke nach Hause wollte!

Heute kaufen auch die Älteren online und es gilt alle Zielgruppen im Netz zu erreichen. 98 Prozent aller Suchanfragen in der Schweiz laufen über Google. Die Monopolstellung  auf dem Werbemarkt für Onlinesuchen ist offensichtlich. «Google-Ads», ausgespielte bezahlte Anzeigen auf Suchanfragen,  sind eines der Vermarktungsgeheimnisse von Google. Sie funktionieren nach dem Basarprinzip: Wer am meisten zahlt und den mysteriösen Algorithmus am besten zu bedienen weiss, erhält den Zuschlag für eine Anzeige auf der ersten Seite der Suchresultate.

Ich besuche ein Gratisseminar einer Onlineagentur, um entsprechende Einblicke zu bekommen. Die Anregung für das Onlinewerbegeschäft dauert drei Stunden. Die anfangs prall gefüllte Bonbonniere, der offerierte Kaffee und die professionelle Freundlichkeit der Damen im Hintergrund, hilft meine Aufmerksamkeit zu halten. Wir sind zu sechst und kommen aus Marketing, Mikrounternehmen und KMUs. Der Trainer - drei Stunden Stakkato mit «Züri-Schnurre» und gefühlten zehn Dezibel zu laut - füllt uns ab mit wichtigen Hinweisen, lehrreichen Geschichten und relevanten Informationen. Sein Beispiel erfolgreicher Vermarktung ist ein Maler, der sich durch regional eingegrenzte Werbung so mit Aufträgen ausgelastet hatte, dass er die Onlinewerbung reduzieren musste.

Was der Trainer und erfahrene Onlinewerber sagt, hat Hand und Fuss und geht über eine Verkaufsveranstaltung für Google-Promotionsmöglichkeiten hinaus. Der Kern sind Keyword-Suche und -Pflege. Mit Beispielen zeigt der Trainer wie komplex die Materie ist und an welchen Stellen der User selbst Google-Anfragen zu seinen Gunsten optimieren kann. Mathematische Operatoren, Ein- und Ausschlussverfahren, «Pricing», «Cost-per-Click-Rate», Tag und Nacht, alles beeinflusst das Ausspielen der Anzeigen auf den Suchverlauf eines potenziellen Kunden. Und Achtung, wer dauernd kontrolliert, wie sich seine Suchanfragen entwickeln, verfälscht und verschlechtert das Gesamtergebnis. Google merkt sich alles.

Mir schwirrt der Kopf. Bis zu 3000 Keywords pflegt die Agentur pro Kunde. Die Regeln ändern sich im Wochenrhythmus. Bei Google ist dies so üblich, wie auch bei Facebook und Co. Die Geschichte des erfolgreichen Handwerkers und weitere erkenntnisreiche Beispiele rücken den Geschäftserfolg in greifbare Nähe. Auch wenn der eigene Einsatz und das limitierte Budget nicht annähernd den Werbedruck eines Millionenbudgets von booking.com, einer Buchungsplattform für Hotels für «Google-Ads», wettmachen kann.

Die letzten zwanzig Minuten sind der Promotion der Angebote des Veranstalters gewidmet. Erschlagen verlasse ich den Raum und suche die Stille. Drei Tage später erinnere ich mich noch genau an das Angebot: 1500 Franken für das Servicepaket. Es enthält die Analyse der eigenen Webseite und das erste Einrichten der Keywords. Will man nicht selbst viel Geld durch Versuch und Irrtum verlieren, kann alternativ eine eigene Ausbildung zum Experten gewählt werden. Mit 6000 Franken wäre ich dabei, für den Google-Business-Certified-Irgendetwas-Status mit Prüfung und Diplom und auf dem Weg zum Online-Business Millionärsstatus.

Die Agentur hat mich überzeugt, Googlewerbung schalten können die besser als ich das jemals noch lernen werde. Sobald ich den Support benötige, werde ich dort anklopfen. Denn wie bei der Kaffeefahrt kann ich ohne die kuschelige, wärmende Hilfe der Firma nicht mehr.