Veröffentlicht am 19.12.2013TEXT: Sandra GehringFOTO: Simone Gloor

Kochen und Arbeiten – beides gelingt nur, wenn die Gemütslage passt.

Gutes Gelingen

Sandra Gehring
Journalistin «der arbeitsmarkt»

Wussten Sie, wie viele arbeitsrelevante Kompetenzen Sie beim Kochen abrufen? Hier nur ein paar für den ersten Eindruck: Übersicht, Planung, Organisation, Sinn für Ordnung, fürs Detail und für Unvorhergesehenes. Auch Improvisationsgeist, Fantasie, Stressresistenz und Time Management sind wichtig. Beeindruckend, nicht?

Kulinarischer Höhepunkt und Inspirationsquelle von Kochenden ist der Wochenmarkt. Laufend ändert sich hier das Angebot. Stände wechseln und ein angenehmer Trubel beherrscht die Stimmung. Etwas wirklich Besonderes sind die vielen Düfte und Farben der Auslagen und die vielen kleinen Geschichten, die Anbietende erzählen.

Auch die Arbeitswelt wird immer bunter, dem einen zur Freud, dem anderen zu Leid. Aus der unüberschaubaren Vielfalt von Angeboten und Statements von Unternehmen interpretieren wir, dass Individualität so gut wie Traditionsreiches immer irgendwo seinen Platz hat.

Kochen und Arbeiten können wir zum Glück noch nicht per Klick im Internet erledigen. Immer noch kocht sich der Mensch mindestens einmal pro Tag eine warme Mahlzeit und fährt täglich zur Arbeit. Zumindest darf kochen, wie arbeiten übrigens auch, noch eine Gemütsangelegenheit sein. Geht’s einem mal gut, gelingt’s, geht’s einem schlecht, eben nicht.

Vitaminreich, gesund und gerne kochen habe auch mit Selbstbewusstsein zu tun, mit Liebe zu sich und zu den anderen, meint meine Mutter. Ihre alte Schule lehrt: «Sag mir, was Du isst, und ich sage Dir, wer Du bist.» Weiter ausgeholt und frei nach Goethe: «Kein Genuss ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er hinterlässt, ist bleibend.» Ja, übers Kochen wurde schon viel Weisheit gedichtet. Nicht unbegründet. Übers Arbeiten übrigens auch. Wollen wir im Leben und im Beruf bestehen, müssen wir einzigartig sein.

Gerade beim Kochen stelle ich auch mal gerne alles auf den Kopf und beginne ganz anders als sonst. Das macht Spass. Ich probiere etwas aus und lasse entstehen, was der Einkauf hergibt. Ich habe herausgefunden, dass Lösungen, die neu sind, das Kochen kreativer machen.

Beginne ich zum Beispiel das Einkaufen mit dem Wein und suche mir dann passende Zutaten dazu, gelingt mir oft unerwartet Geniales – lade ich eine Runde Gäste ein und lasse diese mitkochen, ebensolches.

Ähnliches passiert mir bei der Arbeit: Fange ich einmal meinen Arbeitstag damit an, Schubladen aufzuräumen, fühle ich mich im Nu effizient und leiste im Anschluss viel mehr als sonst. Sitze ich im Gegenteil gleich vor den Computer und beantworte Mails, verfliegt die Zeit und ich ärgere mich, weil ich irgendwie den Eindruck habe nichts wirklich erledigt zu haben.  

Wunder geschehen nicht alle Tage. Vieles könnte ich noch anders machen. Trotzdem überlasse ich die Gestaltung der meisten meiner Lebens- und Arbeitstage der Gewohnheit oder dem Zufall, kreativitätslos. Woran liegt das? Vielleicht an der Komplexität des Alltags, der Oberflächlichkeit der Werte oder der schnell verfliegenden Zeit?

Wir hätten immer die Wahl, habe ich mal gelesen, sogar wenn wir nicht wählen. Auch, dass wir immer selber entscheiden, was aus unserem Tag wird, wenn wir die Türe ins Büro oder in die Werkstatt öffnen.

Doch wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Qual. Womöglich aus Angst, das falsche Rezept zu nehmen oder im Beruf die falsche Entscheidung zu treffen? Und wenn schon. Fehler sind da, um zu lernen. Eines ist sicher, hätte Marie-Antoine Carême (1784 bis 1833), der Begründer der «Haute Cuisine», keine Fehler gemacht, hätte er nie kochen gelernt, vor allem nicht so gut – und, er wäre nie der «Koch der Könige und König der Köche» geworden.