Veröffentlicht am 26.11.2013TEXT: Viera MalachFOTO: Simone Gloor

Erleichtert

Viera Malach
Journalistin «der arbeitsmarkt»

Ich war mir nicht sicher, ob der Trend für die SVP-Familieninitiative doch noch kehren und ein deutliches Nein an der Urne zustande kommen wird. Nun bin ich erleichtert. Wahrscheinlich gaben finanzielle und steuerliche Überlegungen den Ausschlag für eine Ablehnung der Initiative mit 58.5 Prozent der Stimmen. Vermutlich geben wir uns in der Schweiz meistenorts auch nicht mehr mit dem traditionellen Familienmodell zufrieden, das da heisst: «Der Mann arbeitet auswärts, die Frau kümmert sich um die Kinder.» Heutige Mütter mit Zückerchen für Kinderbetreuung von der Erwerbsarbeit fernzuhalten, das ist der SVP nicht gelungen.

Ich freue mich über den verhinderten Rückschritt, doch wirklich freuen würden mich weitere Fortschritte in der Gleichstellung von Mann und Frau, vor allem in der Arbeitswelt und beim Lohn. Rund 70 Prozent der Frauen in der Schweiz sind erwerbstätig, viele in Teilzeitarbeit eher schlecht als recht bezahlt.

Die Wahl heute liegt nicht mehr zwischen Beruf oder Familie. Die Frage vieler Frauen und Paare lautet, wie Kinder zugunsten des Berufsalltags betreut werden können und wie viel das kostet. Da fehlen vielerorts Tagesstätten für Kleinkinder und andere mögliche Vergünstigungen bei der Fremdbetreuung. Es wäre wirkungsvoll, hierfür die Mittel einzusetzen, die die Initiative fürs Kinderhüten an Haushalte ausgeben wollte. Viele Frauen haben in ihren Berufen weit mehr Potenzial als sie auf dem Arbeitsmarkt einsetzen können. Umgekehrt brauchen Männer Anreize, damit sie mehr zur Kinderbetreuung und zur Hausarbeit beitragen. Perspektiven auf gute Posten und Karriere müssten unbedingt in Teilzeitarbeit möglich sein.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Finanzierung der Betreuung und Ausbildung von Kindern, aber auch die Ehe und andere Lebensmodelle werden uns privat und politisch weiter beschäftigen. Bald kommen zwei entsprechende CVP-Familieninitiativen zur Abstimmung. Auf die Parolen und Plakatkampagnen bin ich gespannt.

Zum Glück verschwinden jetzt die diskriminierenden Baby-Plakate. Dass nur von den Müttern selbst betreute Kinder dank einem «Steuerabzug» die glücklicheren sind, bezweifle ich sehr. Ich hätte meiner Tochter daheim niemals so viel Raum für Spiele und Erfahrungen mit anderen Kindern bieten können wie die Kindertagesstätte. Sie kostete viel, der steuerliche Abzug war damals klein. Den Kindern jedenfalls gab die Kita viel auf ihren Lebensweg mit. Dank Fremdbetreuung, auch der durch einen Grossvater, lernen die Kinder verschiedene Regeln und Welten kennen und sind nicht zuletzt stolz auf ihre berufstätigen Mütter.