Veröffentlicht am 05.08.2013TEXT: Patrick_HergerFOTO: Romed Fritsche

Für eine Stelle bei einer Non-Profit-Organisation durchlaufen Bewerber ein ähnliches Auswahlverfahren wie in der Privatwirtschaft.

Voneinander lernen

Die Zahl der Non-Profit Organisationen in der Schweiz steigt zusehends und mit ihr auch das Interesse von Staat und Stellensuchenden. Mitarbeitende von Organisationen, Verbänden und Stiftungen arbeiten längst nicht mehr nur ehrenamtlich. Dies fördert eine aktuellen Studie zu Tage.

In der im Juli 2013 veröffentlichten Studie spricht das Head-Hunting-Unternehmen Stanton Chase International Schweiz von einem grossen Wandel in den Non-Profit Organisationen (NPO). Veränderungen, die besonders die Professionalität dieser Unternehmen betreffen. Die Gründe für den Wandel sieht Stefan Hofer, Partner der Stanton Chase International Schweiz und Verfasser der Studie, bei der stetig wachsenden Zahl der NPO: Rund 12 000 Stiftungen, 76 000 Vereine und 10 000 Genossenschaften waren im letzten Jahr in der Schweiz aktiv. «Durch das vermehrte Aufkommen von Non-Profit Organisationen hat der Staat ein Auge auf diese Unternehmen geworfen und versucht sie jetzt stärker zu regulieren.»

Im Bezug auf den Bereich Human Resources sind die Ergebnisse der Studie klar: Die NPO orientieren sich bei den Prozessen der Personalsuche stärker an das Vorgehen der Profit Organisationen (PO). Dort sind organisierte Vorstellungsgespräche in Verbindung mit Assessments fest integrierte Bestandteile des Bewerbungsverfahrens. Laut der Studie gewannen NPO ihr Personal bisher vorwiegend durch firmeninterne Netzwerke und Initiativbewerbungen oder griffen auf ehrenamtliche Mitarbeitende zurück. «Wichtig für die Rekrutierung ist ein strukturiertes Interview, das individuell auf die Position und den Kandidaten zugeschnitten ist. Ein Assessment wie etwa ein Fragebogen kann zusätzlich zur Entscheidung beitragen, sollte aber das Bauchgefühl nicht ersetzen», sagt Stefan Hofer.

Eins mit der Arbeit

Jürg Züllig, Leiter Abteilung Human Resources bei WWF Schweiz, bestätigt das Ergebnis der Studie: Non-Profit Organisationen gingen bei der Suche nach neuen Kandidaten heute strategischer vor: «Wir rekrutieren unsere Mitarbeitenden grundsätzlich durch externe Ausschreibungen wie das Internet oder Zeitungsinserate. Dabei setzen wir auf die Schwerpunkte Motivation, fachliche Qualifikation und soziale Kompetenz.

Im Gegensatz dazu liegt der Fokus bei Profit Organisationen meist auf der fachlichen und weniger auf der sozialen Kompetenz des zukünftigen Mitarbeiters.» Gerade in Managerpositionen würde zwar zielgerichtet, oft aber ohne tieferen Sinn gearbeitet. Dadurch stelle sich bei den Betroffenen eine Art Leere ein, weil sich der Manager mit der Vision seines Arbeitgebers nicht identifizieren könnten. «Aus diesem Grund ist uns wichtig, dass jeder Mitarbeitende des WWF eine Affinität zum Umweltschutz mitbringt», so Jürg Züllig.

Die Stanton Chase International Schweiz scheint dies mit ihrer Studie zu bestätigen. Die Führungskräfte in den NPO sind gewinnende Persönlichkeiten mit diplomatischem Geschick und Sozialkompetenz, während PO in ihrem Kader Menschen positionieren, die geradlinig und umsatzorientiert arbeiten. Aus einem erstellen Profil des Head-Hunting-Unternehmens geht hervor, dass sich neue Führungskräfte in kommenden Zeiten stärker über emotionale und soziale Werte definieren werden. In diesem Zusammenhang kommt in der Studie die Frage auf, ob sich die PO hinsichtlich des Managers der Zukunft vermehrt an den NPO orientieren werden.

Der Mensch im Mittelpunkt

Auch in den Non-Profit Unternehmen besteht Verbesserungspotential hinsichtlich mancher Bereiche des Personalmanagements. So analysieren diese, laut Studie,  gescheiterte Rekrutierungen beispielsweise nicht näher. Des Weiteren mangele es den NPO an regelmässigen Mitarbeiterbefragungen und spezifischen Aktivitäten zur Talentbindung.

«Organisationen, die vorrangig durch Spenden begünstigt werden, können solche Dinge oftmals nicht finanzieren», sagt Stefan Hofer. «Eine gute Lösung wäre, meiner Meinung nach, wenn sich kleinere und mittlere Unternehmen aus dem Non-Profit-Bereich zusammentäten, um gemeinsam ein professionelles HR-Management zu ermöglichen. Viele NPO haben dieselben Ziele oder gleichen sich in ihrer Unternehmensform. Warum also nicht zusammenarbeiten?»

Zu den Vorwürfen der Studie bezüglich dem ungenutzten Potenzial in den HR-Abteilungen der NPO äussert sagt Jürg Züllig vom WWF: «Fehlschläge werden bei uns durch eine sorgfältige Rekrutierung vermieden. Gegen Ende der Probezeit findet eine Zwischenbeurteilung mit Zielvereinbarungen statt. Alle drei Jahre führt der WWF ausserdem eine Mitarbeiterbefragung bezüglich Zufriedenheit, Lohn und Infrastruktur durch, die eine externe Firma organisiert.» Für die Zukunft des internen Talent Managements hingegen sieht Züllig persönlich keine Chancen. «Seit zehn bis fünfzehn Jahren versucht die Wirtschaft dieses System zu integrieren – bislang ohne grossen Erfolg. Ohnehin würde durch die interne Talentsuche nach Personen für Kaderpositionen ein Zweiklassensystem entstehen, durch das manche Mitarbeiter auf eine niedrigere Stufe degradiert würden.»

Wie sich das Management der Zukunft entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Für den Studienverfasser Stefan Hofer ist jedenfalls klar, dass das HR-Management und die kommenden Führungsmodelle eine philanthropische Note haben werden.