Veröffentlicht am 28.11.2013TEXT: Patrick_HergerFOTO: Simone Gloor

Faire Arbeit für private Pflegerinnen

Die Arbeit mit und für betagte Menschen ist eine gute Sache – auch für die Care-Migrantinnen, die zum Arbeiten in die Schweiz kommen. Gegen deren schlecht geregelten Arbeitsbedingungen hat die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich mit einer Info-Webseite eine Lösung parat.

Mit dem Alter kommt die Weisheit, lautet ein bekanntes Sprichwort. Jedoch schränkt der nahende Lebensabend auch die körperlichen und geistigen Funktionen des Menschen ein. Manche von ihnen begeben sich in ein Alters- oder Pflegeheim. Andere hingegen möchten ihren Wohnsitz nicht verlassen und – solange sie bei guter Gesundheit sind – ihren Alltag in gewohnter Umgebung verbringen. Dies bietet seit einigen Jahren besonders Migrantinnen aus dem osteuropäischen Raum die Möglichkeit, als private Betreuerinnen in der Schweiz zu arbeiten. Die Frauen, meist mittleren Alters und ohne pflegerische Ausbildung, behalten den Wohnsitz in ihren Heimatländern und reisen temporär in die Schweiz.

Auf den ersten Blick wirkt dies wie ein Gewinn für beide Seiten: Die zuständigen Agenturen bieten den Migrantinnen einen bezahlten Arbeitsplatz und die Betagten bekommen eine Betreuung rund um die Uhr. Unter dem Vergrösserungsglas jedoch sieht die Situation ein wenig anders aus.

Unterstützung naht

Die Bedingungen, unter welchen die sogenannten Care-Migrantinnen arbeiten, bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone; Schwerpunkte wie Lohn oder Arbeitszeiten sind oft nicht konkret geregelt. Besonders Letztere können eine Überbelastung der Pflegerinnen mit sich bringen, die 24 Stunden am Tag in Bereitschaft sind. 

Im Jahr 2011 befasste sich die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich das erste Mal mit den Problemen rund um die Arbeitsbedingungen der Care-Migrantinnen. Ein Jahr später veröffentlichte sie drei Fachberichte zum Thema und startete ein erstes Projekt zur Unterstützung der Betreuerinnen aus dem Ausland: Einen Ratgeber für Interessierte mit Bedarf an privater Pflege. «Wir merkten bald, dass auch seitens der Care-Migrantinnen Interesse bestand, sich zu informieren. Die Kontaktaufnahme stellte für uns allerdings ein grösseres Problem dar», berichtet Melanie Martin, Projektleiterin bei der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich. «Durch unser Netzwerk  an Fachleuten fanden wir heraus, dass viele der Care-Migrantinnen das Internet benutzen, um mit ihren Familien im Herkunftsland zu kommunizieren.»

So entstand zusammen mit Migrationswissenschaftlerin Jasmine Truong die Idee von careinfo.ch – einer Plattform für Information und Austausch im World Wide Web. «Das Projekt ist in drei Bereiche gegliedert», erklärt Melanie Martin den Aufbau. «Der erste liefert den Privathaushalten, aber auch den Care-Migrantinnen Informationen über beispielsweise Arbeitszeiten, Lohnbestimmungen, Vermittlungsfirmen oder Kündigungsfristen. Der zweite Bereich behandelt aktuelle Fragen zu verschiedenen Themen und regt zu Diskussionen an. Im dritten Bereich findet sich ein Forum, über das sich die Betreuerinnen untereinander austauschen können.» Über die Webseite, die in deutscher, polnischer und ungarischer Sprache existiert, gelangen die Frauen zu der geschlossenen Facebook-Gruppe, die die Projektverantwortlichen speziell für die Care-Migrantinnen geschaffen haben.

Ein guter Anfang

Bis heute ist der Bereich des Arbeitsmarktes für ausländische Pflegerinnen noch im Wachstum und die Informationsplattform careinfo.ch im Aufbau. Trotzdem stosse das Projekt auf reges Interesse, nicht nur unter den Frauen, auch seitens der Arbeitgeber. Laut einem Bericht des SRF vom 2. Mai 2013 denkt der Kanton St. Gallen in der Ostschweiz bereits über ähnliche Schritte nach, um Angebot und Nachfrage von Betreuerinnen und Betagten aus der rechtlichen Grauzone herauszuholen.