Veröffentlicht am 18.02.2009TEXT: Isidora Opacic

Foto: Simone Gloor

Auch Barbies haben Rechte

io. Verlangt ein Unternehmen oder eine Vermittlungsfirma in einem Stelleninserat Ganzkörperfotos und bestimmte körperliche Attribute von den Bewerbenden, ist das nur in wenigen Fällen zulässig.

«Sie überzeugen mit Ihrem charmanten, selbstsicheren und gepflegten Auftreten, sind zwischen 18 und 35 Jahre alt, über 170 cm gross, schlank und attraktiv ... Bitte senden Sie uns vollständige Bewerbungsunterlagen inkl. 1 Ganzkörperfoto und 1 Portrait (keine Aktfotos) ...»
So lautete das Stelleninserat eines in der Schweiz tätigen Stellenvermittlers*, der für eine Luxusuhrenmarke «Betreuer/innen» und «Host/essen» vorzugsweise Studierende für eine Messe suchte. Die Firma verlangte auch für weitere ausgeschriebene Stellen wie VIP-Betreuerin, persönliche Assistentin sowie Scout oder Berater jeweils ein Porträt- und Ganzkörperfoto. Andernfalls werde die Bewerbung «nicht bearbeitet».

Dass das Aussehen bei der Stellensuche implizit eine Rolle spielt, haben Untersuchungen bestätigt. Müssen sich Arbeitnehmer aber, was die äussere Erscheinung betrifft, explizite Wünsche der Arbeitnehmer gefallen lassen? Ist etwa die Forderung nach Ganzkörperfotos in Inseraten überhaupt zulässig?
«Besteht kein echter Zusammenhang zwischen Beruf und Aussehen, ist das Verlangen von Ganzkörperfotos unverhältnismässig», sagt Eliane Schmid, Mitarbeiterin des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Bei Hostessen und Models macht Schmid jedoch eine Ausnahme: «Handelt es sich um einen Beruf, bei dem Aussehen und Figur bzw. Gewicht im Vordergrund steht kann der Arbeitgeber ein Ganzkörperfoto erbitten.» Die oben genannte Stellenvermittlungsfirma erwartete in allen sechs Inseraten ein abgeschlossenes oder laufendes Studium und betriebswirtschaftliche Kenntnisse oder ein «breites Allgemeinwissen». Entsprechend handelte es sich jeweils um Funktionen, die weit über Repräsentation hinausgingen. Die gesuchten Frauen und Männer, hätten «als Visitenkarte» des Unternehmens die Besucher auch betreuen und informieren sollen. Die Forderung nach Ganzkörperfotos war in diesen Fällen nicht angemessen.

Unsinniges Ausschlussverfahren

Doch nicht nur Ganzkörperfotos, auch äusserliche Merkmale sind in Stelleninseraten nicht immer rechtens. Verlangt eine Firma bei Bewerbenden Eigenschaften wie «schlank» oder «attraktiv» könne dies persönlichkeitsverletzend sein, heisst es bei der Gewerkschaft Unia. Insbesondere wenn der potentielle Arbeitgeber eine Absage erteile, weil er die Bewerbenden für nicht schlank oder nicht attraktiv hält. Die Person könne im Prinzip auf Genugtuung klagen. Ein Recht auf eine Arbeitsstelle hingegen hat sie nicht.

Abgelehnte Bewerber klagen deshalb auch selten, so Barbara Gisi, Leiterin der Angestelltenpolitik und Gleichstellung des Kaufmännischen Verbandes Schweiz. Sozialpartner der betreffenden Branche müssten aktiv werden und auf die Missstände aufmerksam machen. Die Betriebe mit einer problematischen Rekrutierungspraxis haben jedoch oftmals keinen Gesamtarbeitsvertrag, der eine Kontrolle auf der sozialpartnerschaftlichen Ebene ermöglichen würde.

Andere gewünschte Eigenschaften wie eine «gepflegte Erscheinung» findet Gisi in Ordnung. Dies beziehe sich auf Aspekte wie körperliche Hygiene, saubere und angemessene Kleidung etc. Schwammige Begriffe wie «angenehme Erscheinung» oder auch «attraktiv» seien hingegen nicht sehr hilfreich, da subjektiv. «Ein unsinniges Ausschlussverfahren, das auch dem Arbeitgeber auf der Suche nach geeignetem Personal nicht wirklich weiterhilft.»

Gewichtszunahme ist kein Kündigungsgrund

Das Aussehen spielt jedoch nicht nur in der Bewerbungsphase eine Rolle; sie kann auch im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Thema sein. In einer US-amerikanischen Restaurantkette, dem Hooters in Zürich, servieren junge Frauen in schwarzen ärmellosen Tops und engen Hotpants Burger, Chicken Wings und Pommes Frites. Nach dem Motto, das Auge isst mit. Mitarbeiterinnen dürfen allerdings nicht zu viel naschen, sonst werden sie vom Betriebsleiter ermuntert, Fitness zu betreiben. Das erzählte eine Hooters-Angestellte der Pendlerzeitung 20 Minuten.
Barbara Gisi ist empört: Wie viel eine Mitarbeiterin isst, sei ihre private Sache. «Daran zu kritteln, greift ins Persönlichkeitsrecht ein. Es gibt kein Gesetz, das sagt, dass man nicht zunehmen darf. Passt eine Uniform nicht, hat der Arbeitgeber die Kleidung in der passenden Grösse und angemessenem Schnitt bereitzustellen.» Das bestätigt auch der Jurist der Unia. Was das Äussere eines Menschen betrifft, gehört zur eigenen Person und ist somit unantastbar. Wenn ein bestimmtes Maximalgewicht auch im Arbeitsvertrag festgehalten würde, sei dies im Prinzip ungültig, da es dem Zivilgesetzbuch widerspreche. Trotzdem gebe es leider viele Arbeitnehmende, die mitmachen. Ein Arbeitgeber darf von Gesetzes wegen einer Mitarbeiterin nicht künden, weil sie zugenommen hat, aus welchen Gründen auch immer. Es ist jedoch ein Leichtes, einen beliebigen anderen Grund anzuführen, und die «übergewichtige» Mitarbeiterin dennoch loszuwerden.

*Name der Redaktion bekannt