Veröffentlicht am 29.11.2011TEXT: Simon Wolanin

Stefan Ritler, Manuela Weichelt-Picard, Philipp Oberson, Gabriela Wawrinka und Serge Gaillard (von links) diskutierten über Arbeitsintegration. Foto: Hochschule Luzern.

Arbeitsintegration als Herausforderung

sw. Welche Möglichkeiten gibt es, schwer vermittelbare Erwerbslose möglichst rasch und zugleich nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren? An der 3. Luzerner Tagung zur Arbeitsintegration diskutierten Exponenten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft verschiedene Lösungsansätze.

 

 

«Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen», zitierte Manuela Weichelt-Picard aus der Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung. Für die Regierungsrätin aus dem Kanton Zug ist es wichtig, schwer vermittelbare Arbeitskräfte bei der dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Sie hat sich deshalb dafür eingesetzt, dass die Zuger Kantonsverwaltung Stellen für solche Menschen anbietet. «Vor allem kleine Kantone können ihre Verbindungen zu Arbeitgebern nutzen und helfen, Arbeitsplätze zu schaffen», meinte Weichelt-Picard.

Unternehmen müssen Verantwortung wahrnehmen

Philipp Oberson, Leiter Personal und Ausbildung bei Schindler Aufzüge, betonte, dass die Arbeitgeber in der Verantwortung stehen. «Wir haben nicht nur die Aufgabe, die Leute zu beschäftigen, sondern wir müssen firmenintern Risikogruppen identifizieren, für die Arbeitslosigkeit ein grosses Problem wäre», sagte Oberson. «Die Unternehmen sollten diese Personen unterstützen, damit sie arbeitsmarktfähig sind, beispielsweise mit Deutschkursen.» Es sei unverantwortlich, wenn ein Unternehmen Arbeitnehmende mit schlechten Deutschkenntnissen jahrelang beschäftigten, ohne deren sprachliche Fähigkeiten zu fördern.

Natürlich müsse auch Arbeit vorhanden sein, damit ein Arbeitgeber jemanden beschäftigen könne. «Zu erwarten, dass neue Aufgaben für Personen geschaffen werden, für die es im ersten Arbeitsmarkt keinen Platz hat, ist nicht realistisch», sagte Oberson. «Wir tun alles dafür, dass unsere Angestellten bei uns bleiben können, und passen falls nötig auch die Tätigkeitsbereiche an die Bedürfnisse an.»

Ältere Bewerber haben es schwieriger

Serge Gaillard, Leiter der Direktion für Arbeit im SECO, betonte, dass viele Unternehmen sich Mühe geben, ihre Angestellten zu halten. Wenn es aber darum gehe, ältere Arbeitskräfte einzustellen, würden sie zurückhaltend agieren. «Ein Unternehmen prüft einen 55-Jährigen viel genauer als eine jüngere Person», sagte Gaillard. «Denn in diesem Alter ist es für den Arbeitgeber wichtig, den Angestellten bis zur Pension zu halten.»

Philipp Oberson bestätigte dies: «Wenn wir bei Schindler einen 55-Jährigen einstellen, ist das für uns eine grosse soziale Verantwortung. Denn bei einer Entlassung würden wir diese Person in Schwierigkeiten bringen.»

Freiwilligenarbeit als Alternative?

Für Gabriela Wawrinka ist die Diskussion um Arbeitsintegration zu sehr auf den ersten Arbeitsmarkt fixiert. Die Präsidentin des Schweizerischen Verbandes der Organisatoren von Arbeitsmarktmassnahmen (SVOAM) wünscht sich, dass nicht nur der monetäre Aspekt im Vordergrund steht. «Personen, die keinen Job im ersten Arbeitsmarkt finden, könnten beispielsweise Freiwilligenarbeit leisten», sagte Wawrinka. «So würden sie weniger Gesundheitskosten verursachen, weil sie besser integriert sind.»

Serge Gaillard hält wenig von solchen Einsätzen. «Ich würde mich nicht getrauen, jemandem Freiwilligenarbeit zu empfehlen», sagte der Wirtschaftsexperte. «Leute, die lange nicht erwerbstätig sind, haben es schwerer, wieder zurückzukommen.» Es sei ein Fehler, grundsätzlich davon auszugehen, dass jemand nicht in den Arbeitsmarkt passt. «Es gilt, neue Integrationswege für Gruppen zu finden, bei der eine Eingliederung bisher nicht möglich war.»

Gaillard wies zum Schluss darauf hin, dass die Schweiz viel Geld für Arbeitsintegration ausgebe. «Es gibt verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Kulturen. Um diese optimal aufeinander abzustimmen, braucht es eine gute Zusammenarbeit mit gegenseitigem Verständnis.» 

3. Luzerner Tagung zur Arbeitsintegration

Die von der Hochschule Luzern organisierte Tagung stand in diesem Jahr unter dem Motto «Arbeitsintegration im Spannungsfeld widersprüchlicher Zielsetzungen». Im Rahmen von Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion befassten sich die Teilnehmer mit Strategien zum Umgang mit unterschiedlichen Erwartungen aus Politik und Wirtschaft bei der Arbeitsintegration. Die nächste Tagung findet voraussichtlich 2013 statt.