22.12.2015
FOTO UND TEXT: Ines Tanner

Ein Podiumsgespräch über nachhaltigen Kleiderkauf.

Ausgebeutete Textilarbeiter

Tiefes Thema flach geredet

Kaufen, tragen, wegwerfen. Wegen dieser Mentalität und der Tatsache, dass Konsumenten mehrheitlich auf Schnäppchenjagd sind, werden weltweit Millionen von Textilarbeiterinnen und -arbeitern ausgebeutet. Doch die Konsumenten denken langsam um.

Einen spannenden Abend versprach die Podiumsveranstaltung «Kleider machen Leute», organisiert von «Lifefair», einer Plattform für Nachhaltigkeit, zu werden. Thematisiert werden sollte der «vernünftige Umgang mit Kleidern», die Frage, ob Mode und Nachhaltigkeit ein Widerspruch sind, und wie die Wettbewerbschancen der Schweizer Textilindustrie gefördert werden können. Interessante Schwerpunkte also. Diese lockten Mitte Dezember über 300 interessierte Frauen und Männer in das ausverkaufte Forum St. Peter in Zürich.

Der Kommunikations- und Wirtschaftsberater Dominique Reber, der in der Rolle des Gesprächsleiters fungierte, warf eine Frage um die andere in den Raum beziehungsweise stellte sie an die vier Podiumsteilnehmer und die eine -teilnehmerin. Die meisten gaben enttäuschend oberflächliche Antworten oder rührten gar die Werbetrommel in eigener Angelegenheit. Von Jeroen van Rooijen, Modedesigner und -journalist, war immerhin zu erfahren, dass Mode heute irrelevant sei, da sich Kundinnen und Kunden im Zeitalter des Individualismus vor allem an sich selber orientierten, und dass oftmals nur der Kaufpreis zähle. Da dieser häufig sehr günstig sei, werde generell zu viel gekauft.

Dieser Aussage widersprach niemand wirklich. Emanuel Büchlin, Textileinkaufsleiter eines Grossdetaillisten, versicherte lediglich, dass nachhaltig produzierte Mode – auch eine etwas kostspieligere – gemäss den Verkaufszahlen einen Aufwärtstrend aufzeigt. Das konnte Christa Luginbühl, Leiterin der Clean Clothes Campain der «Erklärung von Bern», bestätigen. «Es ist tatsächlich ein Umdenken der Konsumenten erkennbar», sagte sie. Das ist auch dringend notwendig. Besonders in Anbetracht der Tatsache, dass die in der Schweiz jährlich und pro Kopf gekauften sowie wieder entsorgten 15 Kilo Kleider viel sind. Solche Mengen verlangen gezwungenermassen nach einer Massenproduktion. Diese wiederum geschieht vor allem auf dem Buckel von Textilarbeiterinnen und -arbeitern in Drittweltländern. Das dokumentierte auch der im Vorfeld des Podiums gezeigte Dokumentarfilm «The True Cost» (Die wahren Kosten) des US-Regisseurs Andrew Morgan. Der Filmemacher zeigt schonungslos, dass die Näherinnen und Näher vor allem in Bangladesch, Indien und China mit ihrem kaum entlöhnten Einsatz in maroden Fabriken und unter den denkbar schlechtesten Arbeitsbedingungen den wahren Preis für unsere Billigstkleider bezahlen.