«der arbeitsmarkt» 04/2007

Wenn die Luft dünn wird

In vielen Branchen wird die Sauerstoffreduktion als Technologie zur Brandverhütung eingesetzt. Damit die Gesundheit der Arbeitnehmenden nicht gefährdet wird, müssen die Grundsätze des Gesundheitsschutzes strikt eingehalten werden.

Wer sich über längere Zeit in sauerstoffarmen Räumen aufhält, gefährdet seine Gesundheit. Auch wenn sich der Aufenthalt in sauerstoffreduzierter Atmosphäre nicht mit jenem in grosser Höhe vergleichen lässt, so sind die auftretenden Symptome jenen der Höhenkrankheit doch sehr ähnlich. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schwindel und in schweren Fällen sogar Hirn- und Lungenödeme sind die Reaktionen des menschlichen Körpers auf zu geringe Sauerstoffkonzentration in der Atemluft.
Genügend Sauerstoff brauchen wir auch, um körperlich und geistig leistungsfähig zu bleiben. Vermindertes logisches Denken sowie eine verlängerte Reaktionsfähigkeit erhöhen zudem das Unfallrisiko. Zusätzlich können bereits bestehende Krankheiten verstärkt werden. Dies betrifft Herz- und Kreislaufkrankheiten, Atemwegs- und Lungenkrankheiten sowie Blutkrankheiten. Bei einer extrem tiefen Sauerstoffkonzentration können schwere, nicht reversible Schäden auftreten. Auch Todesfälle sind möglich. Laut dem Grundsatz des Arbeitsschutzrechtes muss eine Gefährdung für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmenden vermieden oder möglichst gering gehalten werden.

Krankheitserreger Klimaanlage

Trotz der gefährlichen Nebenwirkungen wird die Technologie der Sauerstoffreduktion vor allem in Lagerbereichen zur Brandverhütung eingesetzt. Denn wo kein Sauerstoff das Feuer nährt, verbrennt auch nichts. Der Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre, also der Luft, die wir atmen, beträgt 21 Prozent. Je nach eingelagerten Materialien wird er zur Brandverhütung auf bis zu 13 Prozent reduziert. Technologien wie die Sauerstoffreduktion dürfen jedoch nicht uneingeschränkt eingesetzt werden, weil sie die Gesundheit der Arbeitnehmenden gefährden können. Aus diesem Grunde wurden die notwendigen baulichen, technischen, organisatorischen und arbeitsmedizinischen Massnahmen von der Suva neu definiert. Werden diese Massnahmen nicht respektiert, erhalten die betreffenden Firmen keine Bewilligung für Lagerhallen zur Lagerung von unterschiedlichen Materialien.
Die Firma Opo Oeschger AG ist im Grosshandel mit Beschlägen, Maschinen und Werkzeugen für das holzverarbeitende Gewerbe und die Möbelindustrie tätig. Im neu erstellten automatischen Kleinteilelager wird aus Brandschutzgründen der Sauerstoff reduziert. Die Opo Oeschger AG erfüllt alle vorgegebenen Kriterien und hat im letzten Jahr die Bewilligung für den Betrieb des Lagers erhalten. Dafür musste ein Betriebskonzept eingereicht werden, welches von Fachexperten geprüft und anschliessend genehmigt wurde. Die Halle wird lediglich für Wartungen oder Inspektionen betreten; Mitarbeitende müssen dabei aus Sicherheitsgründen ein ärztliches Attest vorweisen können.
Ähnliche Beschwerden wie in sauerstoffreduzierter Atmosphäre treten auch in Arbeitsräumen mit mangelnder Lufthygiene auf. Mit der Einführung von Leuchtstofflampen und Klimaanlagen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine höhere Leistungsfähigkeit der Arbeitenden suggeriert. Doch die Forschungsergebnisse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen deutlich auf, dass bestimmte Arbeitsräume die Gesundheit beeinträchtigen können. So ist 1983 der Begriff «Sick Building Syndrome» (SBS) entstanden. Er bezieht sich auf Befindlichkeitsstörungen beim Aufenthalt in Innenräumen. Die Symptome, die vor allem aus den USA und aus den skandinavischen Ländern gemeldet wurden, manifestieren sich folgendermassen: Reizungen von Augen, Nase und Hals, geistige Ermüdung, häufige Infektionen der Atemwege und Husten, Heiserkeit, Atemnot, Juckreiz und unspezifische Hypersensitivität. SBS tritt überdurchschnittlich häufig in Räumen mit Vollklimatisierung auf.

Im Zweifelsfall das Fenster öffnen

So haben Umfragen ergeben, dass bei Personen in klimatisierten Räumen bestimmte Symptome häufiger auftraten als bei Personen, die in natürlich belüfteten Räumen arbeiteten. Die statistisch erfassten Unterschiede wurden bei folgenden Symp-tomen gefunden: rasche Ermüdung, Konzentrations- und Kreislaufschwäche, Kopfschmerzen und Neigung zu Erkältungen. Die Ursachen sind auf bestimmte Klimaanlagen und die Gebäudestruktur zurück-zuführen, insbesondere auf mangelnde Wärmespeicherfähigkeit der Gebäudemassen, auf schlechte Wärmeisolierung der Fassaden und auf zu grosse
Fenster. Eine Klimaanlage ist machtlos gegen direkte Sonneneinstrahlung auf den Arbeitsplatz, da sie nur die Lufttemperatur beeinflussen kann. Mittlerweile wurden viele Klimaanlagen optimiert, indem zum Beispiel die Frischluftzufuhr erhöht wurde.
Die Luftqualität in Arbeitsräumen, mit oder ohne Klimaanlagen, sollte im Wesentlichen der unbelas-teten Aussenluft entsprechen. Öffnen wir also das Fenster, sofern es sich öffnen lässt und keine Klimaanlage vorhanden ist, werfen einen Blick zum Himmel und atmen tief die Morgen- oder Abendluft ein… und vergessen dabei nicht das Ausatmen!

Zur PDF-Version: