«der arbeitsmarkt» 01/2015TEXT: Kathrin FinkFOTO: Stefan Zürrer
Schlittenhundeführer

Lakota bedeutet Freund

Mit seinen Huskys fährt Schlittenhundeführer Beat Heinzer zwar keine Rennen. Für die Touren mit den Touristen in der Wintersaison müssen die Vierbeiner dennoch trainieren.

«Wenn ihr ins Gehege der Huskys geht, haltet die Hände offen und nicht zur Faust geballt», sagt Schlittenhundeführerin NicoleImhof. Sie fügt an: «Wieso machen wir das?» Schweigen. Keiner der rund zehn Kinder und Erwachsenen, die sich an diesem Samstagnachmittag für die Begegnung mit den Hunden im Muotatal eingefunden haben, scheint es zu wissen. «Damit die Huskys nicht meinen, wir hätten etwas Feines in der Hand, und uns anspringen», antwortet die junge Frau.

Jetzt erst öffnet sie das Gittertor zu den Huskys, und die Besucher drängeln ins Innere des Geheges. Nicole Imhof bestimmt, welche Hunde aus welchen Zwingern hinaus ins Gehege dürfen, und innert Sekunden springen an die zehn Huskys von allen Seiten um die Gruppe. Viele stürzen sich auf die dünne Schneeschicht und beissen und graben im eisigen Matsch. Andere sitzen am Rand des Geheges und beobachten. Der Einblick ist Teil der Veranstaltung «Husky Traum», die das Unternehmen «erlebniswelt muotathal» auf seinem Gelände, der «Husky-Lodge», anbietet. In Begleitung der Musherin, zu Deutsch Schlittenhundeführerin, führt anschliessend jeder Besucher – ausser den kleinen Kindern – einen Hund an der Leine spazieren.

Diese Veranstaltung führen die acht Angestellten der «Husky-Lodge» im Schatten des Muotatals täglich durch. Andere Angebote, wie Schlittenfahrten mit den Hunden, sind nach Absprache buchbar. «Mitte Oktober fangen wir mit dem Training an», sagt Geschäftsführer Beat Heinzer. «Die Hunde müssen für die Wintersaison fit sein.» Ihre Muskeln müssen aufgebaut und ihre Ausdauer trainiert werden. Auch sollen die Vierbeiner auf Kommandos hören, damit Gäste ohne grosses Vorwissen auf einen Schlitten steigen und ihn lenken können.

Sechs-Tage-Woche

Beat Heinzer ist einer der Musher. Er pflegt die Huskys und begleitet als Tourenführer Gäste auf Schlittenhundefahrten oder Wanderungen mit den Tieren. Im Winter führen die Angestellten sechs Tage die Woche Touren mit den Hunden durch – am siebten erholen sich die Tiere. Dies sei selbst bei Huskys, die viel Bewegung benötigten, wichtig. «Nicht weil die Hunde nicht mehr mögen, sondern damit sie die Motivation behalten.» Das Team wechselt sich mit Trekkings, Schneeschuhtouren und Schlittenfahrten ab. Wichtig ist, dass die Musher die Gegend um das Muotatal gut kennen. Sie müssen die Gäste im Sommer wie im Winter sicher durch das Gebirge führen können.

Eine Ausbildung zum Musher gibt es in der Schweiz nicht. Beat Heinzer ist durch seine Erfahrung mit Huskys in die Tätigkeit hineingewachsen. Er und sein Team bilden sich intern weiter, um auf dem gleichen Wissenstand zu sein. Sein Start mit den Hunden liegt fünfzehn Jahre zurück. Damals erwarb der 43-Jährige mit Kollegen vier Huskys. Von diesen Tieren stammen viele der heutigen Huskys der Lodge ab. Der Hundebestand wuchs schnell an, und mit ihm kam die Idee, Schlittenfahrten für Touristen anzubieten. Der gelernte Maurer hatte im Winter weniger zu tun als im Sommer. «Da hatte ich Zeit für die Hunde. Und auf dem Bau waren sie froh, wenn ich nicht dauernd nach Arbeit fragte.» Der Aufbau eines solchen Unternehmens sei aufwendig.

Er sei froh, habe er sein Husky-Projekt über die Jahre realisieren können. 2004 war er dann der erste Festangestellte der «erlebniswelt muotathal», die sein Bruder mit drei Kollegen gegründet hat. Heute gehören ein Restaurant und ein Dutzend Gästehütten zur «Husky-Lodge».

Nicht als Haustiere geeignet

Der Tag beginnt für die Hunde mit dem «Wässern». Sie bekommen eine Suppe aus Hundefutter und Wasser. Je nach Tagesablauf übernehmen Gäste die Fütterung. Danach ziehen sie den Hunden das Geschirr für die anstehende Tour an. Für einen Schlitten braucht man vier Hunde. Im Winter sind die Tiere in ihrem Element, und man kann ihnen mehr zumuten als im Sommer. «Ab 15 Grad haben diese Hunde zu warm», sagt Beat Heinzer. Sie haben dann eine geringere Ausdauer und gehen nur ein paar Stunden pro Tag mit den Gästen hinaus. Aus diesem Grund finden im Sommer weniger Events statt. Man gehe höchstens auf Wanderungen oder lasse die Hunde ein spezielles Bergtrottinett ziehen. 

27 Huskys leben im Gehege der Husky-Lodge, eine zu grosse Gruppe für ein einziges Rudel. Deshalb gibt es kein eindeutiges Alphatier. Die Rüden machen das immer wieder untereinander aus. «Jede Firma braucht einen Chef, so ist das auch bei den Hunden», lacht Beat Heinzer. Die Musher haben die Erfahrung gemacht, dass es in einem Zwinger ruhiger ist, wenn sie Männchen und Weibchen mischen oder aktive, junge Hunde zu alten, erfahrenen setzen. Und es gilt: Ist einmal Ruhe im Zwinger, ja nichts mehr an der Zusammenstellung ändern.

Nordische Namen

Das Team der Husky-Lodge züchtet die Hunde selbst. Es sichert aber lediglich den Bestand und verkauft keine Jungtiere. «Wir wollen die Heimhaltung von Huskys nicht fördern», erklärt Beat Heinzer. Huskys eignen sich nicht als Haustiere. Sie müssen ihren Bewegungstrieb ausleben können. Ausserdem sollten die Rudeltiere nicht alleine gehalten werden.

Die meisten Huskys der Lodge haben nordische, insbesondere Inuit-Namen, um an ihre Herkunft zu erinnern. So bedeutet zum Beispiel der Name des dreijährigen Rüden «Lakota» Freund in der Sprache der Inuit. Rüde Kodiak heisst nach einer Unterart des Braunbären in Alaska, und Hündin Kiruna trägt den Namen der nördlichsten Stadt Schwedens. Die Hotelbetreiber haben sieben Gästehütten auf dem Areal den Namen von verstorbenen Schlittenhunden gegeben. Im Innern der modern ausgestatteten Hütten findet der Besucher eine Tafel mit Bild und Beschreibung des Vierbeiners.

Es sei unvermeidbar, dass die Mitarbeitenden mit der Zeit eine Vorliebe für einzelne Hunde entwickeln, sagt Beat Heinzer. «Wir achten darauf, dass nicht immer die gleichen Tourenführer mit den gleichen Tieren hinausgehen.» Einer seiner persönlichen Lieblingshunde ist der Rüde Kodiak mit dem blauen und dem braunen Auge, der schon seit zehn Jahren in der Lodge lebt. 

Alle Hunde der Lodge gehören der Art des Siberian Husky an. «Das sind die kleinsten, schönsten, schnellsten und besten Hunde überhaupt», findet Beat Heinzer. Und es ist die einzige Art mit den typischen eisblauen Augen. Er und sein Team sind schon Rennen mit den Hunden gefahren. Das machen sie nicht mehr, der Schwerpunkt der Husky-Lodge liegt auf den Angeboten für die Gäste. Auch wenn die Hunde der Lodge keine Rennhunde sind, sind sie in der Wintersaison zweimal täglich viele Kilometer und mehrere Stunden unterwegs und ziehen einen zwölf Kilo schweren Schlitten – plus Lenker.

  

 

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