«der arbeitsmarkt» 02/2005

Kreative Arbeitslose, vereinigt euch!

Vorhang auf für ein kreatives Projekt! Im Zürcher RATS erproben Schauspielerinnen und Schauspieler, Techniker, Grafikerinnen, Pädagogen oder Germanisten ein Gesamtkunstwerk des Alltags.

«Im Kulturmarkt ist das Chaos perfekt. Es wird jede Menge dreckiges Geschirr weggespült, geworfen und zerschlagen und der Teig genudelt, bis die Pizza ein Frisbee ist.»
So lautet die Ankündigung der Premiere am 1. Juni 2005 von «Dirty Dishes», einer Eigenproduktion der «Theatermacher», einem Teilprojekt des Beschäftigungsprogramms RATS (PvB RATS). Stellenlose Profis aus der Schauspieler- und Medienszene erarbeiten jeweils während dreier Monate intensiv ein Bühnenstück, welches im Kulturmarkt aufgeführt wird. Um das Drumherum kümmern sich die restlichen RATS-Teilnehmer, ebenfalls stellenlose Berufsleute. Sie stammen aus den Bereichen Kulturmanagement, Grafik, Multimedia, Kommunikation, Technik, Küche und Administration.
Theaterschaffende haben im Sommerhalbjahr in der Regel eine beschäftigungsarme Zeit. Erwerbslose Schauspieler erhalten die Möglichkeit, vom Februar bis September bei den «Theatermachern» Bühnenstücke zu realisieren. Sie können sich nebenbei zusätzliche künstlerische Fähigkeiten aneignen. In der zweiten Hälfte des PvB stehen vor allem die persönliche Weiterbildung und die Realisierung eigener Projekte im Vordergrund. Wolfgang Beuschel als ausgebildeter Theaterpädagoge und ehemaliger Schauspieler führt Regie und ist für die künstlerische Leitung zuständig. Weil für die Schauspielerei spezielle Berufsfähigkeiten nötig sind, können sich für das Programm nur Vollprofis bewerben. Der nächste Programmstart erfolgt am 14. März 2005.

Innovative Plattform für kulturellen Austausch

RATS ist ein PvB der speziellen Art. Alles findet unter einem Dach im Kulturmarkt, einem sozialen Kulturbetrieb, in Zürich-Wiedikon statt. Fortunat Heuss, Kulturmanager mit sozialpädagogischem Hintergrund, führt den ganzen Betrieb. Der Kulturmarkt ist eine innovative Plattform für kulturellen Austausch und gleichzeitig Arbeitsort der «Ratser» sowie Quartiertreffpunkt. Nebst den Eigenproduktionen der Theatermacher finden im Kulturmarkt auch externe, bunt gemischte kulturelle Aktivitäten statt, unter anderem Tanz, Kabarett, Konzerte, Lesungen, Ausstellungen und Spielabende.
Die «Ratser» arbeiten in den Fachgruppen Technik, Produktion, Gastro, Multimedia oder Kommunikation. Sie bedienen den Kulturmarkt wie ein Dienstleistungszentrum und unterstützen mit ihrer Mitarbeit die Aktivitäten des ganzen Hauses. Die Haus- und Bühnentechniker kümmern sich um den Gebäudedienst des grossen, vierstöckigen Hauses. Sie sind bei Veranstaltungen und Aufführungen für Bühnenbild, Ton und Licht verantwortlich. Das professionell eingerichtete Tonstudio und der Video-schnittplatz lassen für die Realisierung einer Produktion fast keine Wünsche offen. Die Techniker sind auch zur Stelle, wenn anderweitiges Handwerk gefragt ist. Gehobelt, gehämmert und geschweisst wird in der eigenen Werkstatt. Und wenn etwas fehlt, wird es im Handumdrehen hergestellt – ein weiteres, kleines Projekt ist geboren. Es ist auch Ziel des Programms, dass eigene Ideen gefördert und umgesetzt werden. Markus Zangger führt die Technikgruppe und steht ihr mit Rat und Tat zur Seite.
Für das leibliche Wohl der Gäste, der Veranstalter und der Teilnehmer sorgt die Küchencrew der Fachgruppe Gastro. Im Foyer des Kulturmarktes gibt es Mittagessen zu günstigen Preisen. Gekocht wird international. Je nach Herkunft der Teilnehmer werden Spezialitäten aus deren Land serviert. Thomas Hohler, Küchenchef und studierter Germanist, unterstützt, wenn Zeit bleibt, die Küchentruppe mit Deutschunterricht. Einmal in der Woche ist am Abend Barbetrieb. In Zusammenarbeit mit Teilnehmenden aus den Fachbereichen Multimedia und Kommunikation wurde auf Neujahr zudem ein Jahreskalender mit feinen hauseigenen Küchenrezepten realisiert.
Die Fachgruppe Multimedia (Foto, Video, Grafik, Web) leitet Manuela Paioncini. Die Gruppe kümmert sich um die grafischen Produktionen des Hauses. So bewerben sie die Veranstaltungen auf der eigenen Homepage oder produzieren in Zusammenarbeit mit externen Auftraggebern oder in Eigenproduktion kunstvolle Veranstaltungsflyer und Plakate. Auch ein grosses Bildarchiv von vergangenen Veranstaltungen steht für zukünftige Ideen zur Verfügung.
Die restlichen Teilnehmer sind in den Bereichen Kommunikation (Leitung Simone Gruber) oder in der Produktion (Leitung Bruno Renevey) tätig, den beiden Drehscheiben von RATS. Hier werden Texte geschrieben, Events eingefädelt und Werbemassnahmen realisiert. Getreu dem Leitsatz «Tue Gutes und sprich darüber» werden zudem Beziehungen zu Medien und anderen Veranstaltern gepflegt.

Unterschiedliche Leute für eine gemeinsame Sache

Eva Kohler, als RATS-Koleiterin zuständig für Personal und Finanzen, befasst sich mit der beruflichen Weiterentwicklung der Teilnehmenden. Unterstützt wird sie dabei von Pesche Brechbühler, der für die Bildung und das Coaching zuständig ist. Wenn genügend Nachfrage bei den Teilnehmenden besteht, werden sogar Kurse realisiert, die nicht im bestehenden Weiterbildungsprogramm enthalten sind.
Das Programm RATS ist spannend: Ob man bei den Theatermachern oder in den Fachgruppen arbeitet, man trifft unterschiedliche Leute aus verschiedenen Berufsrichtungen und ist für eine gemeinsame Sache tätig. Die Teamarbeit ist bei RATS besonders wichtig – und sie motiviert.
Das Erleben von Hochs und Tiefs während der Realisierung eines Projektes verbindet über den Tag hinaus. Ein paar ehemalige «Ratser» sind darum hie und da wieder im Kulturmarkt anzutreffen. Jetzt nicht mehr als PvB-Teilnehmer, sondern als Gäste. Und für Ehemalige bietet sich manchmal auch die Möglichkeit, als Freelancer für den Kulturmarkt erneut tätig zu sein.
Weitere Informationen unter:
www.rats.ch
www.kulturmarkt.ch
www.theatermacher.ch

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