«der arbeitsmarkt» 07/2007

Kommunikationsdefizite und gute Vorsätze

An der AMM-Tagung des AWA Aargau ging es um Grundsatzfragen zu Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung: Sind sie ein taugliches Instrument zur Integration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt oder lediglich ein Parkplatz für schwierige Stellensuchende?

Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau lud am 1.Juni rund 70 RAV-Beratende und Anbietende von Beschäftigungsprogrammen zur AMM-Tagung ins Bildungszentrum der Bauschule Unterentfelden. Etwas heikel erschien die Gästeliste lediglich auf den ersten Blick: Neben Guido Pfister, Sektionsleiter Arbeitsmarktliche Integration, war die Leiterin der Abteilung Qualifizierung für Stellensuchende des AWA Zürich, Edith Gitermann, als Gastrednerin an die Veranstaltung geladen. Sie erklärte jedoch gleich zu Beginn ihrer rund 25-minütigen Rede, dass es nicht darum gehe, Zürich als Vorbild zu präsentieren, sondern um Informations- und Erfahrungsaustausch. Unter dem Schmunzeln der Anwesenden meinte sie aber, dass es sich wohl nicht vermeiden lasse, dass sie im Laufe des Tages in das eine oder andere Fettnäpfchen treten werde.
Zunächst kam es aber nicht dazu. In ihrem Referat betonte Edith Gitermann, dass sie Programme zur vorübergehenden Beschäftigung (PvB) als gut und wichtig erachte, dass sie dabei jedoch einige Merk-
würdigkeiten feststelle. Dabei ging es ihr in erster Linie um finanzielle Aspekte. Es könne nicht angehen, dass Beschäftigungsprogramme 50 Prozent des Budgets des AWA auffrässen. Gitermann stellte verschiedene Thesen auf, wie aus ihrer Sicht Missbräuche vermieden, die Effizienz gesteigert und gleichzeitig Kosten gespart werden könnten. So sollten PvB-Anbietende etwa in Zukunft den raschen Wiedereingliederungsauftrag der RAV glaubwürdiger unterstützen, indem sie die Regeldauer von sechs Monaten von sich aus zu unterschreiten versuchten. Gleichzeitig müssten die Personalberatenden die Gründe für eine Zuweisung gegenüber den Anbietenden offenlegen.
«Stellensuchende werden von RAV-Beratenden oft aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus in ein Beschäftigungsprogramm überwiesen», meinte Gitermann. «Es sind oft unbequeme Stellensuchende, welche man über längere Zeit hinweg nirgendwo unterbringen kann. Manchmal ist die Zuweisung in ein PvB auch schlicht eine Strafmassnahme gegenüber den zu Beratenden.» Dadurch geschieht es oft, dass eine arbeitslose Person in ein Beschäftigungsprogramm aufgenommen wird, die weder über die notwendigen Qualifikatione noch über die Motivation, dasselbe zu absolvieren, verfügt. Dass in derartigen Fällen Konflikte mit dem Anbietenden programmiert und die aufgewendeten Mittel verschwendet sind, liegt auf der Hand. Gitermann forderte deshalb, dass das Aufnahmeverfahren für die Stellensuchenden in ein Beschäftigungsprogramm aufwändiger gestaltet werden müsse.

Keine Einigkeit bezüglich des Zielpublikums

Im weiteren Verlauf der Tagung diskutierten die Teilnehmenden in Workshops die aufgestellten Thesen. In gemischten Gruppen – jeweils bestehend aus mehreren RAV-Beratenden sowie Anbietenden von PvB – wurden die Vor- und Nachteile erwogen. Dabei stellte sich heraus, dass die RAV-Beratenden durch die schärfere Selektion vor allem eine Förderung der Schwarzarbeit befürchten. Wenn in Zukunft nur noch ausgewählte Stellensuchende in den Genuss eines Beschäftigungsprogramms kommen dürften, würde es anderen, die dann nicht einer kontrollierten Beschäftigung nachgehen müssten, mehr «unbeaufsichtigte» Zeit eingeräumt, in der sie Schwarzarbeit verrichten und gleichzeitig Arbeitslosengeld kassieren könnten.
Ebenfalls uneinig mit Gitermann waren die Workshopgruppen in der These, dass der richtige Zeitpunkt für den Einsatz eines Beschäftigungsprogramms sich nicht an der Dauer der Stellensuche orientieren dürfe, sondern an den Charakteristika der Stellensuchenden. Laut Gitermann macht ein PvB nämlich nur Sinn, wenn der dafür in Frage kommende Kandidat eine psychisch und sozial gute Befindlichkeit aufweist, keine markanten fachlichen Defizite und trotz guter Bewerbungsstrategie keinen Erfolg bei der Stellensuche hat. Dem widersprachen die RAV-Beratenden. Sie wollen die Möglichkeit eines Beschäftigungsprogramms unabhängig davon so früh wie möglich thematisieren und mit den Stellensuchenden besprechen können. Denn dadurch würden die Stellensuchenden einem gewissen Druck ausgesetzt. Die Erfahrung habe nämlich gezeigt, dass viele Stellensuchende unter der «Androhung» eines Beschäftigungsprogramms ihre Suche intensivieren und dadurch schneller wieder eine Stelle finden würden.

Bekenntnis zu besserer Zusammenarbeit

Besprechen und miteinander reden war denn auch der rote Faden, der sich durch die gesamte Veranstaltung zog. Auch beim abschliessenden Podiumsgespräch, das von Urs Schmid vom mobilen RAV moderiert wurde, war man sich einig, dass hier noch die grössten Defizite liegen. Darum wurde beschlossen, dass PvB-Anbietende und RAV-Beratende in Zukunft besser Hand in Hand arbeiten und die Kommunikationsabläufe verbessert werden sollten. So werden die PvB-Anbietenden in Zukunft die Beratenden besser bei deren Aufgabe der schnellen Wiedereingliederung des Stellensuchenden in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. «Ein PvB-Anbieter kennt einen Stellensuchenden nach einer Woche, in der er bei ihm beschäftigt ist, besser, als es dem RAV-Berater je möglich sein wird», so Edith Gitermann.
Deshalb mache es Sinn, dass die PvB-Anbietenden Stellensuchende bei ihren Bemühungen aktiver unterstützen und die RAV-Beratenden über deren Eignungen und Fähigkeiten informieren würden. Nur so würden Leerläufe vermieden und werde eine längerfristige Stelle für den Arbeitslosen gefunden, was schliesslich im Sinne aller Beteiligten liege. Auf der anderen Seite sollen die Beratenden die Anbietenden von Beschäftigungsprogrammen als Unternehmer akzeptieren und auf deren wirtschaftliche Bedürfnisse besser Rücksicht nehmen.
Die von Edith Gitermann gefürchteten Fettnäpfchen blieben übrigens bis zum Schluss beinahe unberührt. Nur während der Diskussion über mangelnde Kommunikation liess sie sich im Eifer des Gefechts zu der Bemerkung hinreissen, wann denn im Kanton Aargau endlich das Telefon erfunden werde. Was mit schallendem Gelächter quittiert wurde.

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